Das Programm des 26. Filmfests enttäuschte etwas

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Arthaus Mainstream auf gehobenem Niveau

Wieder einmal ist es vorbei, das Internationale Filmfest Braunschweig, die 26. Ausgabe inzwischen. Und (fast) alle scheinen wieder sehr zufrieden zu sein: Die Sponsoren mit dem Zuschauerzuspruch und dem Catering, die Preisträger mit ihren Preisen, die Veranstalter ebenso und das Publikum wirkt(e) auch nicht besonders unglücklich. Also alles in Butter? Sicherlich, oberflächlich betrachtet.

Aber als jemand, der dem Filmfest seit Anbeginn an eng verbunden ist und auch heute noch etwas aktiv daran teilhat, muss der Verfasser das Ganze doch etwas kritischer sehen, als nur ein paar gute Filme genossen zu haben.

Positiv ist zu bemerken, dass der technische Umbruch, die Umstellung auf inzwischen vorherrschende digitale Projektion am Publikum fast unbemerkt vorbeiging. Größere Pannen blieben aus, ja, es gelang sogar meistens, die Veranstaltungen pünktlich beginnen zu lassen. Das war nicht immer so! Auch die Projektionsqualität war überwiegend gut bis sehr gut, von kleineren Pannen einmal abgesehen, die bei einer Veranstaltung mit diesen häufigen Filmwechseln aber zwangsläufig auftreten.

Positiv auch, dass das Internationale Programm nicht – wie früher manchmal – meistens aus Vorpremieren in den nachfolgenden Wochen startender Filme bestand. Es gab auch keine echten Ausreißer nach unten (von ein paar grottenschlechten Kurzfilmen abgesehen), aber leider auch keine nach oben: Die cineastischen Highlights suchte zumindest der Verfasser vergebens. Ihm drängt sich – auch aus den Erfahrungen der letzten Jahre heraus – der Eindruck auf, das Internationale Filmfest Braunschweig ist inzwischen ein etabliertes, saturiertes, gut bürgerliches Event. Experimente finden kaum noch statt, man bietet dem zunehmend gesetztem und saturiertem Publikum Arthaus-Mainstream auf gehobenem Niveau, sozusagen eine Auswahl aus dem aktuellen cineastischen Manufactum-Katalog.

Dieses Jahr war das Programm darüber hinaus außerordentlich frankophonie-lastig. Nicht nur gab es – Standard – den deutsch-französischen Jugendfilmpreis KINEMA und neue Filme aus der Haute Normandie, es wurde wieder ein französischsprachiger Schauspieler mit der Europa geehrt, einem französischen Filmkomponisten (auch schon etwas gesetzter) eine Werkschau gewidmet und schließlich noch das frankophone Kino Kanadas gefeiert. Gut, in letztere Serie hatten sich auch ein paar englischsprachige Filme eingemogelt. Besonders diese Kanadareihe bot, einmal abgesehen von den Filmen Denis Villeneuves eher biederen Durchschnitt, kein Cronenberg, kein Atom Egoyan oder Denys Arcand, dafür aber wenigstens drei Filme von Regisseurinnen …

Jede dieser Reihen für sich ist gut, Olivier Gourmet hat den Schauspielerpreis ohne Frage verdient und daher gebührt den Filmfestmachern Respekt und Anerkennung dafür, einmal einen großen Darsteller ohne Starstatus zu ehren. Auch der Komponist Philippe Sarde kann gerne eine Werkschau bekommen und Kino aus Quebec kommt auch gut, aber alles auf einmal? In einem Festival, das dadurch zu fast der Hälfte des Programms französischsprachig wird, sich aber international nennt und auch eher dem jungen Kino verschrieben hat?

Das war wohl etwas zu viel des Guten. Und so vermisste der Filminteressierte Filme aus Asien völlig (nix mit Indien, China, Japan, Korea oder anderen), Afrika war nur durch das (natürlich französisch-sprachige) bemüht politisch-korrekte Betroffenheitskino von „La Pirogue“ vertreten, arabische Filme – nach der Arabellion wohl von höchstem Interesse – fanden auch nicht statt, schade eigentlich, denn gerade die Digitalisierung bietet Filmschaffenden aus der sog. 3. Welt ungeahnte Möglichkeiten …

Nun gut, es ist vorbei, und so lange die Säle voll und die Sponsoren zufrieden sind, scheint es auch so weitergehen zu können. Und dem cinephilen Nörgler bleibt nur, sich an jene Jahre zu erinnern, als das Filmfest einen noch wirklich überraschen konnte und bereit war, auch einmal einen „Flop“ zu riskieren.

Aber vielleicht ist nächstes Jahr ja wieder alles anders!

 


Kommentare

0 #1 Bernd 2012-11-14 15:41
Zum Glück ist ja das Filmfest ein Verein und es steht jedem Nörgler offen aktiv mitzuarbeiten und auf das Programm Einfluss zu nehmen und die benörgelten Mißstände abzustellen.
Es passt allerdings nicht in einem Beitrag mehr Mut zu fordern etwas aussergewöhnlic hes zu zeigen und einen Flop zu riskieren, aber dann über grottenschlechte Kurzfilme zu nörgeln. Da wurde nun mehr riskiert und es war auch nicht richtig.
Bei Filmen ist es ja immer wieder so dass dem einen sein Flop dem anderen sein Highlight ist.
Viele Grüße von einem Beitrags-Nörgler an einen Filmfest-Nörgler. 😉

 
 
 

 

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