Das Ding am Deich: Vom Erfolg im Scheitern

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Brokdorf ist ein kleines Dorf in der Wilster-Marsch, aber ein reiches Dorf: Gesegnet mit einem großem Freibad mit rekordverdächtiger Wasserrutsche, einer wunderbaren, Handball-Bundesliga tauglichen Sporthalle, aber keinem Handball-Bundesliga tauglichem Verein und seit neuestem auch mit einer Eissporthalle.

Ach ja, und dann steht da am Deich das Ding, das Atomkraftwerk Brokdorf, heute das letzte noch laufende AKW an der Unterelbe. Und wohl auch eines der letzten, die nach Stand der Dinge 2022 (eventuell auch später) abgeschaltet werden sollen. Die Vorgänger der heutigen Betreiber Vattenfall und Eon haben es sich immer viel kosten lassen, die Sympathien der Bevölkerung vor Ort zu kaufen. Schwimmbäder und Sporthallen sind da nur kleinere Beispiele.

Brokdorf ist aber mehr als nur ein AKW, das – hoffentlich – ohne größere Störfälle seine Produktion beenden wird. Brokdorf ist ein Symbol der Anti-AKW-Bewegung. Hier trafen Mitte der 1970er Jahre eher bodenständige Bauern vor Ort mit ihrer Ablehnung (lange getragen vom Glauben an den demokratischen Rechtsstaat) und die studentisch-alternative Protestszene aus Hamburg und viele andere aus der bundesdeutschen Anti-Atombewegung aufeinander und verbündeten sich im Kampf gegen das AKW, der dann nach jahrelangem Baustopp (1977 – 1981) doch verloren ging. Seit 1986 läuft das Ding.

Die Regisseurin Antje Hubert (mit Mikrofon)  mit den drei Anti-Atom-Veteranen aus Brokdorf, die zur Filmprämiere angereist waren.

Antje Hubert vom Hamburger Dokumentarfilmkollektiv „Die Thede“ stellt in ihrem gerade angelaufenem Film „Das Ding am Deich“ einige der Träger des Widerstands vor Ort vor. Neben aktuellen Interviews, die zwischen Januar 2010 und April 2011 entstanden, enthält der Film eine Fülle von Material aus den 1970ern. Die Geschichte wird so wieder belebt. Aber ohne in Nostalgie zu verfallen schafft es Hubert, auch den Schmerz, den die letztendliche Niederlage – das AKW Brokdorf wird auch Jahrzehnte nach Stilllegung noch die Gegend belasten, bevor dort wieder eine Wiese sein wird – den Menschen bereitete, die sich aber nicht unterkriegen ließen.

Deutlich wird auch, dass der Widerstand mit dem Ausstiegsbeschluss des Bundestages von 2011 nicht beendet ist. Zeigt doch die aktuelle Debatte um die „Energiewende“ mit dem permanenten Störfeuer der Konzerne und ihnen höriger Politiker, wie brüchig der Ausstieg aus dem Ausstieg aus dem Ausstieg ist!

Bei der Premiere am 22. August im Braunschweiger Universum übergaben die „Brokdorf-Veteranen“ den Aktivisten der AG Schacht Konrad, die gerade ihr 25-jähiges Bestehen feiert, einen Stein mit „Grüßen aus Brokdorf“, der eine neue Heimat an der Auffahrt zum geplanten Atommüllager Schacht Konrad in Salzgitter-Bleckenstedt finden wird.

Wer etwas über die Notwendigkeit beharrlichen Widerstands – der letztlich durchaus große Erfolge vorweisen kann! – und eine der Geburtsstunden unserer heutigen Zivilgesellschaft erfahren will, der kann „Das Ding am Deich“ noch bis kommenden Mittwochs, immer um 19 Uhr im Universum-Kino Braunschweig, sehen. Es lohnt sich.

Empfang der Gäste vor dem Kino

 

 

 

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