„Musik statt Müll“: Verleihung des Louis Spohr-Musikpreises an Olga Neuwirth

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Louis Spohr – Olga Neuwirth

Als „österreichische Depressionistin“ bezeichne sie sich scherzhaft, erklärte Matthias Osterwold, Leiter des Berliner Festivals „Maerz Musik“, der an Stelle der verhinderten Preisträgerin des diesjährigen Louis Spohr-Musikpreises, Olga Neuwirth, die Ehrung aus den Händen von Bürgermeisterin Friederike Harlfinger entgegennahm. In seiner überintellektuellen, vertrackten und dem unvoreingenommenen Zuhörer über weite Teile unverständlichen Laudatio blieb denn auch nur der Grund des Fernbleibens der 41jährigen Komponistin hängen: „Sie fliegt nicht und ist gerade in den USA, wo sie an einem neuem Werk schreibt. Während einer Schaffensphase schottet sie sich konsequent von der Außenwelt ab.“

Na gut. So sollte denn, nach Preisübergabe an den „Neuwirth-Intimus“ nach den Worten der Bürgermeisterin das neue „Veolia-Konzert“ folgen.

Wenig mit der Materie vertraut, präsentierte Harflinger eine schlecht abgelesene Rede: Es sollte „Viola-Konzert – Remnants of Songs … an Amphigory“ heißen. Auch ist Mitorganisator Martin Weller nicht Operndirektor, sondern Orchesterdirektor. Das ist ein bisschen so, als wenn man den Kapitän einer Fußballmannschaft mit dem Manager verwechselt. Vom früheren Louis Spohr-Preisträger und ehemaligen Intendanten der Salzburger Festspiele, Peter Ruzicka, schien sie ebenfalls nur sehr wenig gehört zu haben, so falsch sprach sie ihn aus.

Dem Anspruch eines überregional durchaus beachteten Preises entspricht eine solche Verleihungsprozedur kaum. Über die Braunschweiger „Festlichen Tage Neuer Musik“, in dessen Rahmen die Preisverleihung vollzogen wurde, berichtete unlängst auch das Deutschlandradio, da ein Konzert des Staatsorchesters am 29.05. im Schacht Konrad stattfinden wird. Das diesjährige Motto des Festivals lautet: „Musik statt Müll“. Die ZEIT war bei der Preisverleihung anwesend und wird sicherlich nicht viel bemerkenswertes über die kulturelle Selbstpräsentation einer Stadt zu berichten wissen, die noch vor kurzer Zeit eine Bewerbung zur „Kulturhauptstadt Europas“ abgab und mit kulturellem Knowhow punkten wollte.

Vor der Preisverleihung hatte das Staatsorchester unter dem Gastdirigenten Gabriel Feltz das Konzert a-moll op.131 für Streichquartett und Orchester des Namensgebers, dem Braunschweiger Ludwig („Louis“) Spohr (1784 – 1859), gespielt. Spohr gilt als Impulsgeber der Romantik. Er trug maßgeblich dazu bei, die formalen Bindungen und Grenzen der Klassik zu überschreiten. Im Programmheft ließt man: „Die Entdeckung der Klangfarbe als essentieller Dimension der Musik war eine Errungenschaft der Romantik, und in diesem Sinn zeigt sich Spohr hier [in gespieltem a-moll Konzert] von seiner fortschrittlichen Seite.“ Spohr war gleichzeitig ein Geigenvirtuose seiner Zeit. Das Staatsorchester präsentierte das Spohrkonzert in gewohnt überzeugender Weise, die romantischen Einfälle im noch starren klassischen Korsett farbig ausgestaltend. Den Abschluss des Sinfoniekonzertes setzte Claude Debussys Tongemälde „La mer“, das die vorausgegangene, unangemessene Verleihungsprozedur, die den Braunschweiger Wegbereiter der weltweit einschlägigen und geschätzten Romantik doch eher herabwürdigte als ehrte, vergessen ließ. In Zukunft sollte die Preisverleihung in einem der Bedeutung des Komponisten angemessenerem Rahmen erfolgen.

Auch wird man sich darüber Gedanken machen müssen, ob nicht der dreijährige Vergabezyklos des Preises verkürzt werden sollte. Das jedenfalls regte der scheidende Intendant des Staatstheaters, Wolfgang Gropper an. So wird Louis Spohr besser in Erinnerung bleiben und es werden sich weitere renommierte Künstler mit diesem wertvollen Braunschweiger Kulturpreis auszeichnen wollen.

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