Weltnaturschutzabkommen von 196 Staaten verabschiedet – eine kritische Würdigung

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Orchideenbiotop in einer artenreichen Wiese und einem artenreichen Gehölzrain am Rande Braunschweigs. Foto: Uwe Meier

Bei der Weltnaturschutzkonferenz in Montreal haben die Staaten das Weltnaturschutzabkommen verabschiedet. Darin bekennen sich die Nationen dazu, die biologische Vielfalt zu erhalten und zu schützen. Ob das Dokument wirklich so ambitioniert ist, dass von einem Durchbruch gesprochen werden kann, wie vielfach von den Offiziellen der Teilnehmerstaaten behauptet, wird sich zeigen. Hoffentlich nicht erst dann, wenn es zu spät ist. Fast ein Drittel der Erde zu Wasser und zu Land soll besonders geschützt werden – bis 2030.

Auenlandschaft,. Biotopschutz ist Artenschutz Foto: M. Großmann / pixelio.de

Die deutsche Umweltministerin Steffi Lemke bewertete den Entwurf der chinesischen COP15-Präsidentschaft für ein Abschlusspapier der UN-Biodiversitätskonferenz als „mutig“. „Er enthält viele Punkte, die in die richtige Richtung weisen,“ so Lemke.

Zusammengefasste Ergebnisse

Greifschwanz-Lanzenotter (Bothriechis schlegelii) im Regenwald Panamas Foto: Uwe Meier
  • Bis zum Jahr 2030 sollen mindestens 30 Prozent der Landschaft und der Meere zu Schutzgebieten werden.
  • Die Länder verpflichten sich, mehr Geld in den Schutz der Artenvielfalt zu investieren: Reichere Länder sollen ärmeren Ländern bis 2025 rund 20 Milliarden Dollar jährlich zahlen.
  • Risiken aus Pestiziden und Düngemitteln für die Natur sollen halbiert werden.
  • Eines der vorab angekündigten Hauptanliegen des Gipfels in der ostkanadischen Metropole Montreal ist in dem Entwurf enthalten – nämlich das Ziel, mindestens 30 Prozent der weltweiten Land- und Meeresflächen bis 2030 unter Schutz zu stellen. Zudem soll mehr Geld für den Erhalt der Artenvielfalt ausgegeben werden. Ebenso in dem Papier enthalten sind Garantien für die Rechte indigener Gemeinschaften, ihre Gebiete zu verwalten.

Kommentar

Schön, dass es dieses Abkommen nun gibt. Schon im ersten Anlauf wurde der chinesische Entwurf angenommen. Das diplomatische Geschick der chinesischen Führung ist nicht hoch genug einzuschätzen. So weit, so gut? Nicht ganz. Der ganze Kompromiss basiert auf Geld, auf sehr viel Geld. Das soll der Norden an den Süden bezahlen, denn der Norden will nichts groß ändern und der Süden soll das Geld bekommen für die Ausweitung seiner vorhanden Naturschutzgebiete. Wie soll das gehen, wenn schon jetzt der Druck auf die Schutzgebiete durch die zunehmende Bevölkerungsdichte extrem hoch ist. Die vielen Menschen wollen essen und dafür brauchen sie Land, das es allerdings kaum gibt. Die Konflikte sind doch schon seit vielen Jahren akut und wurde nie gelöst.

Oder betrachten wir unser Verhalten: Wollen wir im Norden auf billiges Fleisch verzichten, das nur billig ist, weil in Südamerika Urwälder abgeholzt werden, um Soja mit dem Herbizid Glyphosat (soll die Menge auch halbiert werden?) anzubauen?

Mit RoundUp Ready (Wirkstoff: Glyphosat“) angespritzter Boden mit Erosionsschäden. Foto: Uwe Meier

Nein, das passt noch nicht, zumal schon jetzt Kriege um die Land- und Wasserverteilung geführt werden. Der menschengemachte Klimawandel und der Artenschutz sind zwei Seiten einer Medaille. Das Eine ist ohne das Andere nicht zu haben. Wie schwer wir uns mit den internationalen Abkommen tun ist beim 1,5 Grad Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens sichtbar. Das wird auch nicht einhaltbar sein. Der Trend bei der CO2-Emission geht bisher ungebremst weiter – trotz aller Abkommen, vorgetäuschter grüner Politik und politischer Versprechen. Und wenn sich junge Leute auf der Straße festkleben, um auf diese Problematik hinzuweisen, kommen sie in den „ordnungsgemäßen“ Knast.

Die indigenen Völker, wie hier die Arhuacos in der Sierra Nevada de Sant Martha, schützen ihre umgebund durch ihren nachhaltigen Lebensstil. Im Abkommen werden daher auch die Indigenen geschützt. Hier Arhuacofamilie. Foto: Uwe Meier
Arhuacofamilie in der Sierra Nevada de Santa Martha (Kolumbien). Im Naturschutzabkommen werden die Indigenen besonders geschützt, weil sie oft im Einklang mit der Natur wirtschaften. Foto: Uwe Meier

Nein, das Artenschutzabkommen stimmt nicht optimistisch, weil wir im Norden nicht verzichten wollen. Wir meinen immer noch, dass man für Geld alles haben kann. Da müssen wir noch viel lernen, denn genetische Vielfalt lässt sich nicht kaufen. Und die, die eh schon nichts haben im Süden, die sollen für den Naturschutz auf ihre Grundbedürfnisse verzichten und die Politiker in den Regierungen kassieren das Geld.

Ich bin auch deshalb sehr pessimistisch, weil der Mensch nur lernt, wenn er fühlt. Artenschwund fühlt man aber nicht, der ist nicht spektakulär. Der vollzieht sich schleichend, fast unmerklich. Im Gegensatz zum Klimawandel, den spüren wir nun. Selbst unter Katastrophenbedingungen (z.B. Ahrtal, Waldbrände, Trinkwasserknappheit) reagieren wir Menschen ungenügend.

Lesen Sie zum Weltnaturschutzabkommen einen Kommentar von Heike Holdrighaus.

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