Stadtmarketing + AAI oder Bezirksrat: Wer regiert die Innenstadt?

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Vom Shoppen ermüdete Fashion-Victims sollen nach Willen von Stadtmarketing GmbH und AAI auf diesem Steinsockel eine Rundbank vorfinden. Vielleicht halten sie ihren Kaufrausch-Marathon zum Wohl der Umsätze dann länger durch. Foto: Klaus Knodt

Wer regiert eigentlich die Innenstadt? Der hierzu demokratisch gewählte Bezirksrat 131 oder die privatrechtliche, stadteigene Firma „Braunschweig Stadtmarketing GmbH“ in brüderlichem Bauchschlag mit dem eingetragenen Lobbyisten-Verein der Kaufleute „Arbeitsausschuss Innenstadt e.V.“ (AAI)?

Diese Frage von grundsätzlicher Bedeutung stellt sich anlässlich der Verwaltungsmitteilung 17-05247, die dem Innenstadt-Bezirksrat in seiner letzten Sitzung vorgelegt wurde. In der federführend vom Fachbereich 66 (Tiefbau und Verkehr) erstellten Mitteilung heißt es wörtlich: „Der Rat hat 2017 50.000 € für das Aufstellen von Bänken in der Innenstadt zur Verfügung gestellt. In Abstimmung mit der Braunschweig Stadtmarketing GmbH und dem Arbeitsausschuss Innenstadt (AAI) wurden 10 Standorte ausgesucht, bei denen ein Bedarf an Sitzgelegenheiten gesehen wird“. Ein Vertreter der Verwaltung werde „die einzelnen Standorte bei Bedarf in der Sitzung erläutern.“

Im Bezirksrat zeigte der städtische Vertreter den demokratisch gewählten Bezirksratsmitglieder dann tatsächlich eine fertige Planungskarte und fügte hinzu, es handele sich bei den Bänken um eine Rundbank auf dem Schlossplatz/Georg Eckert Straße sowie 10 Bänke des Typs ‚Görlitz’.

So weit, so schlecht. SPD-Fraktionsvorsitzender Philip Brakel stellte in der öffentlichen Sitzung erstaunt fest, der Bezirksrat sei in diese Planungen bisher „nicht einbezogen“ worden. Es wurde sogar der Verdacht geäußert, die Verwaltung habe in „Entscheidungskompetenzen des Bezirksrats“ eingegriffen.

Die Stadtverwaltung weist das von sich. Stadtsprecher Rainer Keunecke auf Anfrage des „braunschweig-spiegel“: „Das Aufstellen von Sitzmöbeln im öffentlichen Raum wird weder im Kommunalverfassungsgesetz (§93) noch in der Hauptsatzung (§16) ausdrücklich als Beschlusszuständigkeit der Stadtbezirksräte erwähnt. Die Heranziehung der im Gesetz genannten Zuständigkeiten kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Plätze, auf denen die Bänke aufgestellt werden sollen, alle überbezirkliche Bedeutung haben“ und deshalb „der Entscheidungskompetenz der Bezirksräte entzogen“ seien.

Wirtschaftsdezernent Gerold Leppa, in Personalunion Geschäftsführer der privatrechtlichen Firma „Braunschweig Stadtmarketing GmbH“, wies dbzgl. Anfragen an das Stadtmarketing mit dem Hinweis zurück, dass sie sich auf „Vorlagen, Fachbereiche und Gremien der Stadt Braunschweig beziehen“ – pikanterweise unter der Absenderangabe „Leppa Gerold Dez. VI.“, also in seiner Eigenschaft als Wirtschaftsdezernent. Zu diesem höchst brisanten Widerspruch befragt, erklärte er lapidar: „Die Absenderzuordnung im Mailsystem… fügt diese interne Kennung automatisch hinzu.“ Bedeutet mithin: Wo Leppa I. draufsteht, kann auch mal Leppa II. drin sein. Ist halt der Computer Schuld.

Die Stadt will die Irritationen zum Anlass zu nehmen, die Merkwürdigkeiten im Kompetenz- und Personenunionsgewirr zu erhellen. Stadtsprecher Keunecke: „Die Verwaltung hat die Aufstellung der Bänke zurückgestellt. Sie wird zunächst den Stadtbezirksrat zu seiner nächsten Sitzung über die kommunalverfassungsrechtliche Einordnung dieses konkreten Vorgangs informieren.“

 Im Anhang das Original-Interview mit dem Sprecher der Stadtverwaltung Rainer Keunecke.

 

 

 

 

 

 

 

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