Der Kunstverein Braunschweig eröffnet am Freitag, den 11. März, um 19.00 Uhr zwei neue Ausstellungen. Bis zum 22. Mai 2011 werden im Haus Salve Hospes Arbeiten von ROSA BARBA und in der Remise Arbeiten von FRANCISCO MONTOYA CÁZAREZ gezeigt. Zu beiden Ausstellungseröffnungen laden wir herzlich ein!
ROSA BARBA (geb. 1972 in Agrigent/Italien, lebt in Berlin) gehört derzeit wohl zu den weltweit meist beachteten filmisch arbeitenden Künstlerinnen ihrer Generation. Im Kunstverein Braunschweig zeigt Barba eine umfangreiche Auswahl an Filmen, Installationen und skulpturalen Inszenierungen.
Beispielhaft für das Oszillieren zwischen Dokumentation und Fiktion, wie es typisch für Rosa Barbas Filmwerk ist, ist Outwardly from Earth’s Centre (2007). Den Ursprung bildet ein reales, geologisches Phänomen, wonach die schwedische Insel Gotska Sandön jährlich um einen Meter vom Festland abdriftet. Um diese Tatsache herum konstruiert Barba eine fiktive Narration, die um die Bemühungen der Bewohner kreist, das Abtreiben ihrer Insel zu stoppen. Dabei ist die Handlung kaum zeitlich einzuordnen: Trotz realer Inhalte und wissenschaftlicher Expertenmeinungen kippt die Handlung immer wieder ins Surreale.
Rosa Barba wurde bereits mehrfach durch Preise ausgezeichnet und in unzähligen Gruppenausstellungen weltweit präsentiert. Zur Ausstellung erscheint in Zusammenarbeit mit dem Center for Contemporary Art in Tel Aviv ein Katalog. www.rosabarba.com
FRANCISCO MONTOYA CÁCAREZ (geb. 1985 in Cuernavaca, Mexiko) setzt sich in seinen aktuellen Zeichnungen, Tuschen, Performances und Filmarbeiten mit der gesellschaftlichen Situation seines Heimatlandes Mexiko auseinander.
Auf den ersten Blick wirken Montoyas Arbeiten wie folkloristische Klischees, die eine typisch europäische Wahrnehmung Mexikos zu reflektieren scheinen. Bei näherer Betrachtung jedoch lässt sich eine intensive Auseinandersetzung mit der Realität des Landes in Montoyas Werken ablesen. So ist die Tierwelt seiner Zeichnungen und Tuschen nicht etwa einer bäuerlichen Idylle entlehnt, sondern bezieht sich auf Decknamen für verschiedene Drogen und Waffen. Montoya lässt sie zu Kompositionselementen seiner Drogenkrieg-Szenarien werden, die mitunter an die Desastres de la Guerra von Goya erinnern.
Ziegenböcke, Papageien und Hähne bevölkern gleichsam auch Musikgenres wie den ‚Corrido‘. Aus dem traditionellen Heldenlied hat sich das Subgenre des ‚Narcocorrido‘ entwickelt, in dem gewalt- und drogenverherrlichende Inhalte versteckt einer breiten Öffentlichkeit vermittelt werden. In seinen Performances und Filmen knüpft Montoya an diese ambivalente Rolle der mexikanischen Musik an und überführt ihre traditionelle Festlichkeit in ein Symbol für Verbrechen und Ausweglosigkeit. In dem Film Das Bundesständchen (2010) singt er vor dem Bundeskanzleramt eine ‚Serenata‘ für die Kanzlerin. Während das abendliche Liebeslied im Grunde ein Werben um die Gunst einer Frau darstellt, erzählt es hier nicht ohne Humor von der Zerrissenheit des mexikanischen Volkes zwischen Stolz und Leid. Dieser nationale Konflikt durchdringt auch Montoyas Installation The Monument to the Revolution (2011). Ursprünglich als Regierungssitz geplant, blieb der Bau durch die langen aufständischen Kämpfe unvollendet und dient heute als Denk- und Mahnmal der Revolution. Als grober Holznachbau wird es in der Ausstellung zu einem Hühnerstall, der des Charakters eines stolzen Nationalsymbols vollkommen entbehrt und so vielmehr zu einem Symbol nationaler Frustration wird.
Im Obergeschoss der Remise ist eine große ‚Piñata‘ als Sinnbild mexikanischer Festlichkeit platziert. Traditionell wird die bunte Bonboniere vor allem an Weihnachten zerschlagen, um das Böse zu vertreiben. Bei Montoya ist sie bereits aufgeplatzt und nimmt in Form eines Hahnes den ganzen Raum ein.
Mit Francisco Montoya Cázarez gibt der Kunstverein Braunschweig erneut einem jungen Absolventen der Kunsthochschule Braunschweig die Möglichkeit einer ersten institutionellen Einzelausstellung. Montoya schloss im Jahr 2010 sein Studium der freien Kunst ab und ist Meisterschüler in der Klasse von Candice Breitz. Begleitend zur Ausstellung erscheint in Zusammenarbeit mit der Credit Suisse eine zweisprachige Publikation (dt. /engl.).