Polizeirepressionen in Wolfsburg gegen Solidaritätsdemo

0
Von der Polizei eingekesselte Demonstrierende aus der Perspektive der Betroffenen.

Von Sabine Sambou, Edmund Schultz und Hans-Georg Dempewolf

Erster Prozess gegen Klimaaktivisten von #blockVW am 2.6.20 am Amtsgericht Wolfsburg

Schon vor Prozessbeginn gab es eine kleine Solidaritäts-Demo vom Wolfsburger Bahnhof durch die Innenstadt zum Amtsgericht. Gut zwanzig Klimaschützer/-innen, unterstützt durch acht Sambaspieler/-innen aus Braunschweig und Wolfsburg sorgten für Aufmerksamkeit in Medien und Öffentlichkeit. Auf drei Kundgebungen wurden Forderungen nach mehr Klimaschutz und einer nachhaltigen Mobilitätswende erhoben: Weg vom motorisierten Individualverkehr, hin zu einem besseren öffentlichen Personennahverkehr (am besten kostenlos) sowie zu mehr Platz und einer besseren Infrastruktur für Fahrrad- und Fussverkehr.

Teilnehmende der Solidaritätsaktion auf dem Bahnhofsplatz

Nötig seien Städte der kurzen Wege. Die Proteste würden sich nicht gegen VW richten, sondern stehen sogar für mehr Arbeitsplätze durch Umstellung der Produktion auf ökologische Produkte, die für Klimaschutz und eine Verkehrswende nötig seien. Hier wurden z. B. Schienenfahrzeuge, Busse, Baumaschinen, Trecker, Müllwagen, Landmaschinen etc. mit Wasserstoffantrieb genannt, außerdem E-Lastenräder und Erneuerbare Energien, insbesondere Energiespeicher, Solarstromtechnik und Windenergieanlagen.

Leider war die Öffentlichkeit von dem anstehenden ‚öffentlichen‘ Prozess im Amtsgericht weitgehend ausgesperrt. Für Pressevertreter:innen, Laienverteidiger/-innen und Zuschauer/-innen standen insgesamt nur vier Plätze zur Verfügung. Das Gericht lehnte es ab, in einen größeren Saal umzuziehen. Selbst angereiste Medienvertreter/-innen bekamen so keinen Zugang zur Verhandlung. Der Prozess endete mit einem Angebot der Justiz, das Verfahren gegen Zahlung einer Geldsumme an eine Umweltorganisation einzustellen. Dies wurde von dem Angeklagten und seiner Verteidigung abgelehnt.  

Zeitgleich versuchte eine Gruppe von vier Aktivist/-innen von Robin Wood, sich mit Transparenten von der Fußgängerbrücke zur Autostadt abzuseilen. Dieser Versuch wurde von Ordnungskräften vereitelt. Dabei soll es zu lebensgefährlichen Situationen für die Aktivist/-innen gekommen sein. Die Beteiligten wurden zur Personalienfeststellung in ein Polizeirevier gebracht und bis zum Abend festgehalten. Ihre Ausrüstung wurde beschlagnahmt.

Festnahme eines der Robin Wood Kletteraktivisten
Abwarten vor dem Amtsgericht. Vielleicht kommen ja doch noch einige Interessierte in den Gerichtssaal?

Die Teilnehmer/-innen der Solidaritäts-Kundgebung, die das Gerichtsverfahren nicht verfolgen konnten, warteten auf der Wiese vor dem Amtsgericht. Da die Polizei ihnen mit Ordnungswidrigkeitsverfahren nach dem Infektionsschutzgesetz drohte, wenn sie den Platz nicht verlassen würden, sollte eine Spontandemo zu den 200 Meter entfernt festgehaltenen Kletteraktivist/-innen gestartet werden. Dieser Versuch wurde durch die Polizei unterbunden:

Die 14 Demonstrierenden wurden fast zwei Stunden an der Rothenfelder Straße eingekesselt. Der Kessel war so eng, dass es nicht möglich war, einen Corona-Mindestabstand einzuhalten. Von seiten der Polizei wurde das Abstandsgebot grundsätzlich nicht befolgt. Es wurden alle Personalien aufgenommen und Verfahren wegen Nichteinhaltung des Mindestabstands angekündigt. Außerdem wurden Platzverweise für die Stadt Wolfsburg erteilt. Einem Journalisten, der die Aktionen der Polizei von außen dokumentiert hat, wurden Fotoapparat und Kamera abgenommen.

Inwieweit diese polizeilichen Maßnahmen rechtens waren oder auch nicht, ist sehr umstritten. Sehr wahrscheinlich wird es zu den Aktionen der Polizei ein Nachspiel geben.

Fotos: Cecile Lecomte, Mecki Hartung, Edmund Schultz und Hans-Georg Dempewolf

Update 4.6.20: Weitere Links zu anderen Medien eingefügt.

Medienberichte hierzu:

Regionalheute, Video RTL, Video NDR, Fotogallerie Wolfsburger Nachrichten, Fotogallerie Wolfsburger Allgemeine Zeitung

Möchten Sie den Artikel kommentieren

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.