Klimaprotest: „People not Profit“

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FFF-Demo-Impressionen. Foto Uwe Meier

Pandemiebedingt war es mehr als zwei Jahre ruhig um die Klimaschutzbewegung. Gestern, am Freitag, wurde an 260 Orten in Deutschland und weltweit unter dem Motto: „People not Profit“ wieder demonstriert. Die Demonstration war Teil eines großen Protesttages: In ganz Deutschland und vielen weiteren Ländern wurden unter dem Label „Globaler Klimastreik“ ähnliche Veranstaltungen für mehr Klimaschutz durchgeführt. Fridays for Future hatte gerufen – auch in Braunschweig. Die Forderung an die Bundesregierung war klar: „Ein Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden für gerechte Klimaschutzmaßnahmen und Krisenprävention“. Denn statt den Klimawandel zu bekämpfen, setze die Bundesregierung wegen des Ukraine/Russland-Krieges wieder verstärkt auf die alten und klimaschädlichen Brennstoffe.

Was war in Braunschweig los?

Die Ernährung hat viel mit Klimawandel zu tun. Von der Abholzung der Regenwälder, Gentechnik in Soja, Glyphosatanwendung bis zur Ernährung unsere Tiere in Massen mit Sojaschrot gibt es eine schlüssige Kette. Das Ernährungsproblem kam auf der Demo zum Ausdruck. Auch wenn jede/r zum Handeln aufgerufen wird, die Politik darf sich nicht um ihre Verantwortung drücken. Foto Uwe Meier

In Braunschweig wurde auf den Schlosspaltz gerufen und etwa 1000 Demonstranten kamen.

Die Aktivist*innen forderten, wie überall in Deutschland ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für Klima und Sicherheit. In Niedersachsen stehen außerdem in wenigen Wochen die Landtagswahlen an. Fridays for Future erwartet von der neuen Landesregierung wirksame und gerechte Klimapolitik.

„Wir sehen aktuell, wie krass sich Krisen zuspitzen. Gleichzeitig werden sie gegeneinander ausgespielt: Niemand schafft es, Klima und Soziales zusammen zu denken. Das können wir nicht akzeptieren“, so Nele Evers, Pressesprecherin von Fridays for Future Braunschweig.

Hinweis: Am Mittwoch gibt es zur Zukunft der Landwirtschaft eine hochrangige Veranstaltung: „Ist Bio die Zukunft?“ https://braunschweig-spiegel.de/ist-bio-die-zukunft/

International fordert die Bewegung unter dem Motto #PeopleNotProfit eine klare Priorisierung von Menschenrechten und Ökosystemen über Konzerninteressen. Von der deutschen Regierung werden entschlossene Maßnahmen zur Emissionsreduktion und das Wahrnehmen historischer Verantwortung erwartet – beispielsweise durch angemessene Entschädigungszahlungen und das Einbeziehen der Perspektiven und Forderungen von Menschen aus schon heute stark von der Klimakrise betroffenen Regionen in klimapolitische Entscheidungen.

Mehr Informationen zur Ortsgruppe Fridays for Future Braunschweig finden Sie unter www.fff-braunschweig.de/.

Kommentar

„Fridays for Future“ und viele Demonstranten haben gezeigt, dass sie ihren Schwung weder in der Hitze des Sommers verloren haben noch in einer Art Krisen-Schockstarre feststecken. Das verdient Respekt, zumal die Langstrecke eine anstrengende Disziplin ist – auch beim Klimastreik. Anstrengend wird es für die Grünen, der angeblichen Partei des Klimaschutzes. In Regierungsverantwortung sind sie eher bekannt für ihre sich rasch ändernden politischen Position. Sei es deren Zustimmung zum völkerechtswidrigen Krieg in Jugoslawien oder der kritiklose Import des hoch klimaschädlichen Frackinggases aus den USA. Luisa Neubauer, eine prominente Sprecherin von FFF, zeigte gestern am Streiktag in Berlin mit dem Finger auf Olaf Scholz als Verantwortlichen. So einfach ist es jedoch nicht, auch wenn man ein gewisses Verständnis dafür aufbringen kann, dass Frau Neubauer von der Partei B90/Die Grünen, ihren mitverantwortlichen obergrünen Minister, Robert Habeck, aus der Schusslinie nehmen möchte. FFF sollte sich keinesfalls, wie die Geschichte auch in der Friedenspolitik lehrt, auf die Grünen verlassen. Denn wer Teil des Systems wird, muss sich seinen Regeln beugen. Hoffentlich erkennt Fridays for Future diese Gefahr und verheddert sich nicht in Widersprüche – so wie B90/Die Grünen.

Es war noch nie so wichtig wie heute, für eine klimaneutrale und -gerechte Zukunft auf die Straße zu gehen. Die Kosten für Energie gehen hierzulande auch deswegen durch die Decke, weil infolge des Kriegs in der Ukraine kein Gas mehr aus Russland kommt. Doch in der durch den Krieg und die folgenden Sanktionen ausgelösten Energiekrise liegt auch eine Chance. Putins Erpressungsversuch führt allen vor Augen, dass der Weg zu einer sicheren und klimaverträglichen Wirtschaftsweise nur über den entschlossenen Ausbau der erneuerbaren Energien führen kann. Energie- und Klimakrise bedingen sich gegenseitig. Hier kämpfen „Fridays for Future“ und all jene, die sich ernsthaft um die soziale Gerechtigkeit sorgen, für dieselbe Sache.

Wenn sich Klima- und Sozialprotest zusammenschließen, kann daraus ein Protest erwachsen, der ungekannte Wucht entfaltet – weil Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit nicht mehr gegeneinander ausgespielt werden können.

Die Kritik an den Klimaprotesten ist unangebracht. Eine Jahrzehnte andauernde energiepolitische Fehlentwicklung wird nicht dadurch unwichtiger, dass es neben ihr noch zahlreiche andere Fehlentwicklungen gibt. Absurd wird eine solche Kritik erst recht, wenn endlich erkannt wird, dass sogar alles miteinander zusammenhängt. Jene, die unter der Energiekrise leiden, sollten nicht den FFF-Protestierenden in die Parade fahren. Denn sie haben gemeinsame Interessen und müssten daher, wie oben beschrieben, zusammen auf die Straße gehen. Vor allem die Verantwortungslosigkeit der Politik beim Ausbau erneuerbarer Energien wie Windkraft, Photovoltaik und Stromnetze hat erst dazu führen können, dass Deutschland sich aus der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen nicht befreien konnte. Energiepolitik darf man, wie es sich zum wiederholten Male zeigt, nicht nur der Politik und den tragenden Parteien überlassen. Die Zivilgesellschaft und damit auch die Strasse ist nach wie vor von unverzichtbarer Wichtigkeit. Die Energiepolitik ist für das Überleben der Menschheit zu wichtig, als sie allein der Politik zu überlassen.

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