BUND: Offener Brief zur Diskussion „Stadtbahnverlängerung nach Volkmarode-Nord“

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Sehr geehrte Damen und Herren,

Die Diskussion um die Stadtbahnverlängerung Volkmarode-Nord ist inzwischen zum Prüfstein für die künftige Entwicklungsrichtung des ÖPNV in Braunschweig geworden. – Es ist bekannt, dass der BUND aus ökologischen Gründen den Ausbau des Stadtbahnnetzes wünscht.

Im Rahmen der aktuellen Debatte, insbesondere zur „Standardisierten Bewertung Stadtbahnverlängerung Volkmarode Nord“ vom 18.10.2012 möchten wir auf folgende Sachverhalte aufmerksam machen, die bisher nicht hinreichend klar herausgestellt worden sind.

1. Für den Bau oder die Verlängerung einer Stadtbahn-Linie ist ein Standi-Verfahren (abgekürzt für „Standardisisierte Bewertung“) an sich nicht nötig. Dieses enthält nur bedingt Aussagen zur Sinnhaftigkeit einer solchen Planung. Das Standi-Verfahren erschließt primär bestimmte öffentliche Finanzierungswege, dies aber auch nicht sicher und stringent.

Wir haben in den letzten Wochen Gespräche mit unabhängigen Verkehrsexperten geführt, die uns bestätigt haben, dass die Stadtbahnverlängerung nach Volkmarode-Nord als sinnvoll und wünschenswert anzusehen ist – trotz eines Standi-Wertes von 0,22.

2. Das Standi-Verfahren für Volkmarode-Nord wurde von den Instituten WVI (Braunschweig) und Intraplan (München) ausgeführt. Auftraggeber war die Braunschweiger Verkehrs AG (BSVAG). – Die vorab durch den Auftraggeber gesetzten Bedingungen waren dergestallt angelegt, dass eine Standi-Gesamtnote weit unter dem Scheidewert von 1,0 entstehen MUSSTE. Man kann hier von einer vorab angelegten Absicht durch die BSVAG sprechen.

 Nahverkehrsexperten haben uns bestätigt, dass für ein Endstück einer Stadtbahnlinie der Wert 1,0 sozusagen nie zu erreichen ist. Andererseits sind uns Beispiele aus anderen Städten bekannt, die bei Streckenendstückverlängerungen das Standi-Verfahren auf einen größeren Teil des Gesamtnetzes bezogen haben. Dies hat sehr interessante Ergebnisse erbracht, die beispielsweise in Heidelberg deutlich über 1,0 lagen. Solch eine erweiterte Prüfung ist auch in Braunschweig zu fordern.

3. Wir möchten darauf aufmerksam machen, dass den Neusiedlern in dem insgesamt recht großen Neubaugebiet Volkmarode-Nord die Stadtbahnanbindung zugesagt war (Grundsatzbeschluss des Rates von 1993; Ratsauftrag an die BSVAG das Planfeststellungsverfahren einzuleiten, was bis heute nicht geschehen ist). Die positive Erwartung ist mit Sicherheit in die Ansiedlungsentscheidung der Menschen mit eingeflossen, und diese Erwartung hat sich in entsprechenden Grundstückspreisen niedergeschlagen, da Stadtbahnanbindung als Erhöhung des Wohnwertes in einem Neubaugebiet angesehen wird.

Wir möchten Sie als politische Vertreter im Rat der Stadt herzlich bitten, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger auf grundlegende Planungsaussagen nicht zu enttäuschen!

Über den Einzelfall Volkmarode hinaus halten wir es für dringend geboten, eine Aktualisierung des gesamten Braunschweiger Stadtbahnkonzeptes durch unabhängige Fachgutachter vornehmen zu lassen. Die positive Gesamtwirkung von Stadtbahn-Streckenverlängerungen in die Außenbezirke wird sich erst dann vollständig absehen lassen, obwohl es bereits jetzt eindrucksvolle Belege für enorme Fahrgastzuwächse durch solche Strecken gibt (Verlängerung Wenden: 135 % Fahrgastzuwachs, Quelle: WVI, Potenzialanalyse, 2002, S.17).

 Die ökologischen Notwendigkeiten für den Stadtbahnausbau sind seit Vorlage der letzten Stadtbahngesamtpläne (1993 / 1999) deutlich gestiegen. Was die Finanzierung von neuen Strecken bzw. Streckenverlängerungen angeht, so sind wir der Meinung, dass die Fördermöglichkeiten des Landes Niedersachsen und des Bundes nicht vollständig ausgelotet sind. Wir erinnern daran, dass in den letzten 10 Jahren Hannover immer wieder von Sonderzuweisungen für den Stadtbahnausbau profitiert hat, Braunschweig hingegen nicht. Es handelt sich um Finanzmittel GVFG, die von hier nicht angefordert worden sind, die aber auch von der Landesseite der Stadt Braunschweig nicht gerade angedient wurden. An dieser Stelle ist Ihre politische Initiative besonders erforderlich.

Für die Verkehrs-Arbeitsgemeinschaft beim BUND-BS,

mit freundlichem Gruß,

Robert Slawski

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