Belastete Denkmäler aus Kolonialzeiten noch zeitgemäß in Braunschweig?

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Die wohl bekannteste Spur des Kolonialismus in Braunschweig: Kolonialdenkmal an der Jasperallee im Stadtpark. Screenshot

BIBS-Fraktion verlangt Aufarbeitung

Ob das so genannte „Kolonialdenkmal“ am Rande des Stadtparks1 oder die Gedenksteine an die so genannte „Schutztruppe Deutsch-Südwest“ im Roselies-Neubaugebiet: In Braunschweig existiert eine Reihe umstrittener Denkmäler. Die BIBS-Fraktion fordert nun, dass sämtliche Denkmäler in Braunschweig untersucht und kritisch bewertet werden. Anschließend soll über ihren Verbleib, den Umgang und ggf. ihre Entfernung beraten werden. Das fordert die BIBS-Fraktion in einem Antrag zur Ratssitzung am kommenden Dienstag, den 14.07.2020.

„‘Black Lives Matter‘: Weltweit wird derzeit über Standbilder, Orts- und Straßennamen debattiert, die noch heute das Andenken an Sklavenhändler und -halter, Entdecker, Imperialisten, Kolonialisten und Rassisten hochhalten,“ erklärt BIBS-Ratsherr Peter Rosenbaum. „Da kann es nicht sein, dass der Rat hier in Braunschweig noch 2012 aktiv und mehrheitlich beschlossen hat, Gedenksteine aufzustellen, mit denen die sogenannte ‚Schutztruppe Deutsch-Südwest‘ geehrt wird. Deren Kriegführung gegen die Herero und Nama im heutigen Namibia hatte 2015 die Bundesrepublik Deutschland offiziell durch den damaligen Bundespräsidenten Gauck und Bundestagspräsident Lammert als Völkermord bezeichnet.

Besonders fragwürdig war damals die unseres Wissens bis heute gültige Erklärung der Stadt: Diese wollte sich diesen Äußerungen auf höchster Bundesebene nicht anschließen. Stattdessen erklärte die Verwaltung in Abgrenzung zum Bundespräsidenten: ‚Bis heute gibt es von Seiten der Bundesrepublik Deutschland keine offizielle Anerkennung der Kriegsführung der ‚Schutztruppe Deutsch-Südwest‘ in Namibia als Völkermord.‘ (Ds. 15-00503-01) Der Bundestag habe sich diesen Äußerungen noch nicht angeschlossen, erklärte die Stadt in ihrer Antwort auf die BIBS-Anfrage zum Thema.

Mit unserem jetzigen Antrag wollen wir den Anstoß dazu geben, dass die Braunschweiger Verwaltung in Zusammenarbeit mit der Geschichtswissenschaft ihrer Verpflichtung zu einer adäquaten Abbildung und Untersuchung der Vergangenheit in Zukunft nachkommt. Dafür soll die Geschichte der Denkmäler Braunschweigs breit in der Öffentlichkeit diskutiert werden“, so Peter Rosenbaum abschließend.

Eine umfangreiche und kritische Auseinandersetzung und Aufarbeitung haben Student*innen der TU-Braunschweig auf einer Homepage zusammengefasst: https://kolonialdenkmal-braunschweig.de.tl/

4 Kommentare

  1. Die alten Denkmäler sollten in der Regel nicht beseitigt werden. Besser wäre es den geschichtlichen Zusammenhang in einer Tafel, nahe dem Denkmal, darzustellen. Das wäre gut für das Verständnis unserer Geschichte.

  2. Es erstaunt immer wieder, auf was für Ideen manche Leute kommen. Wo soll man das nun einordnen? Politik, Heimatkunde, oder Langeweile?
    In jedem Land sind Dinge geschehen, auf die niemand stolz sein kann. Ich habe aber noch nie gehört, dass soviel Zirkus darum gemacht wird wie hier, wo es doch viel wichtigere Dinge gibt. In Braunschweig ist man jedoch bemüht, alles nur negativ zu sehen.
    Was kommt denn als nächstes? Vielleicht der Dom? Auch Heinrich der Löwe war kein Kind von Traurigkeit, trotz Pilgertour.

  3. Bei dem Denkmal-link im Artikel muss man das ‚tl‘ am Ende weglassen, dann funktioniert er.
    Das Denkmal mit dem Loewen erinnert mich an den GrafBobby-Witz von 1933, wo der Graf in einem Laden den Verkaeufer bittet, ihm auf dem Globus das ‚Grossdeutsche Reich‘ zu zeigen. Der Graf betrachtet den kleinen Fleck und fragt den Verkaeufer: „Weiss der ‚Fuehrer‘ das?“

    Aber ernsthaft: Debatte ist gut! Man sollte von Zeit zu Zeit aufraeumen und Nutzloses entruempeln. Der Loewe mit der Weltkugel waere schon sinnvoll: er illustriert einen grossmaeulig-duemmlichen Anspruch, von dem wir uns nun wirklich verabschieden sollten. Und es gehoert ergaenzt, wie viele Menschen an dieser Anmassung und Arroganz zu Tode kamen – zB auf der webpage, oder in einer Veroeffentlichung zur Stadtgeschichte.

    Ein bisschen Bewusstsein vergangener Bloedheiten hilft uns vielleicht bei der Vermeidung in Gegenwart und Zukunft.

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