Zur Gedenkstättenkultur in Dachau und Wolfenbüttel

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Eingang des 2019 eröffneten Dokumentationszentrums der Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel. Von Historian2022 - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=93375582

Gibt es eine „gelackte Gedenkstättenkultur?“

Der Initiator und Gründer des Fritz Bauer Freundeskreises Udo Dittmann hat seinem Artikel zur Gedenkstätte einen Absatz aus Joe Bidens Biografie vorweggestellt. Der Absatz hat es in sich. Er beschreibt einen Besuch im KZ Dachau. Biden war dreißig Jahre zuvor schon einmal dort gewesen und vergleicht die Eindrücke um die veränderte Gedenkkultur. Bidens Eindrücke passen gut zur Gedenkkultur in Wolfenbüttel: Die Horrorstätten sind geschliffen, gelackt elektronifiziert. Sie [be]treffen uns nicht mehr, sie schaffen Distanz zwischen Horror, Terror und Leid gegenüber dem Betrachter, weil das Originale geschliffen wurde. (um)

Aus: Joe Biden- Versprich es mir. Über Hoffnung am Rande des Abgrunds. München. 2020. S. 102 ff

„Letzter Programmpunkt in Deutschland war für Finnegan und mich der Besuch des Konzentrationslagers Dachau aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges – ein Ausflug, der in der Familie Biden inzwischen Tradition hatte. Ich war davon überzeugt, dass alle meine Kinder und Enkel diesen Ort einmal erlebt haben sollten….

Finnegan und ich wurden von einem Fremdenführer und Herrn Mannheimer durchs Lager geführt. Denselben Weg war ich 30 Jahre zuvor auch mit Finnegans Vater Hunter gegangen, aber irgendwie war es diesmal anders. Es schien, als hätte man umgeräumt, um es für die Besucher weniger bedrückend zu machen. Die grausamen Einzelheiten waren über die Jahre abgemildert worden, und eigentlich hätte ich das nach einem Satz aus der Dachau- Besucherinformation schon erwarten müssen. ‚Da in Deutschland jede Jahreszeit ihren eigenen Reiz hat’, stand da, „können Sie Ihren Besuch im Lager gemäß Ihren eigenen Vorlieben planen.’ Die Stockbetten in den Baracken waren immer noch da, und man konnte sehen, wie die Nazis Zehntausende ins Lager gepackt hatten. Bei früheren Besuchen hatte ich noch in die hölzernen Bettgestelle eingeritzte Namen gesehen; jetzt kamen mir die Betten sauber und frisch lackiert vor …“

Eindrücke zum Besuch in der Gedenkstätte der JVA Wolfenbüttel

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