Pilgern auf dem Harzer Klosterwanderweg Teil 2

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Der 2. Tag
Um 8.30 Uhr am nächsten Morgen machen wir uns wieder auf den Weg. Zunächst  ist alles eben, wir pilgern an den Forellenteichen  vorbei und genießen die frische Morgenluft. Niemand begegnet uns. Doch wir wissen, daß uns heute ein anstrengender Tag bevorsteht. Es geht Richtung Blankenburg. Unser erstes Ziel ist die Bartholomäuskirche. Die Kirche wurde um 1200 gleichzeitig mit der Stadt erbaut. Damals, in der Romanik, baute man Kirchen wie Burgen, damit sie dem Ansturm aller Feinde standhalten. Die Fenster waren sehr klein, und dadurch war es im Innenraum recht dunkel.

Ein Gemeindemitglied berichtet uns kurz über die kirchliche Situation. Besonders eindrucksvoll ist die Renaissancekanzel, die die Kirche aber erst um 1580 erhielt. Herzog Anton Ulrich stiftete den barocken Hochaltar.

Es geht weiter, die Zeit läuft uns davon.Wir gehen durch den Schloßgarten und können auf das kleine Schloß hinabsehen. Der Garten ist terrassenförmig angelegt und sehr gepflegt.


So allmählich wird es recht warm, und wir freuen uns, daß wir uns in einer waldreichen Gegend befinden. Viele Sagen kommen aus diesem Gebiet des Harzes. Als Kind konnte man gar nicht genug davon hören. König Hübich mit seiner Burg Hübichenstein und die hübsche Königstochter, Rübeland und die Tropfsteinhöhlen, haben uns als Kinder fasziniert. Nebenbei lernte man dann auch noch ein  wenig Heimatkunde.

Die Pilgergruppe nicht vor einer Höhle sondern vor einem historischen Grubeneingang

Doch jetzt geht es langsam aufwärts und von einer besinnlichen Pilgertour kann keine Rede mehr sein. Der Weg ist uneben und voller Wurzeln. Es ist nicht möglich in der Gegend umherzugucken, zu leicht ist man über eine Wurzel gestolpert, und dann kann es schnell bergab gehen. Dafür pilgern wir entlang an der sowohl geologisch als auch botanisch hoch interessanten Teufelsmauer (Fotos). Botanisch insofern, weil auf den schutt- und schotterförmigen Abhängen Trockenrasengesellschaften und Ruderalpflanzengesellschaften gedeihen und die immer seltener werden. Die Mauer ist etwa 20 km lang besteht aus Sandstein und verläuft von Ballenstedt bis Blankenburg. Dieses ganze Gebiet gehört zu den ältesten Naturschutzgebieten Deutschlands. Viele Einzelfelsen haben Namen.

Wir sind nun schon ein recht langes Stück gepilgert, der Rucksack drückt, und manch einer würde wohl gern eine kleine Rast machen. Doch das ist nicht möglich, denn ein Schild, mit der Aufschrift, daß der Weg gesperrt ist, bringt uns zum Nachdenken. Was nun? Wir entschließen uns, den gesperrten Teil zu umgehen. Der Weg wird rutschig, doch es gibt immer wieder Möglichkeiten, sich festzuhalten, wenn man etwas ins Rutschen kommt. Aber alles hat einmal ein Ende, und dann stehen wir wieder auf unserem Weg, der im Vergleich zu dem, was wir eben bewältigt haben, schon fast bequem aussieht.  Doch oh Schreck, wir haben die Gefahrenstelle nicht umrundet, jetzt stehen wir genau vor der Absperrung mit dem roten Band. Das alles konnte Axel natürlich nicht wissen, als er die Tour plante, zumal man ja auch nicht mit Sturm rechnen muß. Es wird überlegt, ob wir uns den Strapazen direkt unterhalb der Teufelsmauer  zu wandern, aussetzen sollen.

Sandsteinfelsformationen am Pilgerweg. Wahrscheinlich wegen der seltsamen „Felsgestalten“ ist der Harz sagenumwoben.

Während wir noch so unschlüssig rumstehen, erscheint ein Mann, der offensichtlich mit den Aufräumungsarbeiten zu tun hat. Er meinte, es besteht Lebensgefahr, wenn wir dort gehen würden, denn es soll auch Steinschlag gegeben haben. Wir haben wohl alle ein sehr betretenes Gesicht gemacht, denn er entschloß sich, die Lage zu erkunden. Nach recht kurzer Zeit kam er zurück und sagte, daß wir  es versuchen werden, er geht voran. Uns fiel ein Stein nicht auf den Kopf, sondern vom Herzen, aber etwas seltsam fühlte man sich doch. Die Strecke war jedoch nicht sehr lang und gut zu bewältigen. Die Waldarbeiter hatten schon sehr viel geräumt. Nach kurzer Zeit konnten wir uns von dem „Rettenden Engel“ – wir waren ja auf Pilgertour – verabschieden und unseren Weg fortsetzen.

Das schlimmste Stück hatten wir nun hinter uns, und waren froh, daß wir alle ohne größere Schäden die Strecke bewältigt hatten. Eine Pilgerin hatte ein kleine Wunde am Schienbein. Da  muß wohl ein  Fels im Wege gewesen sein. So ganz war die wurzelreiche Strecke aber noch nicht zu Ende. Doch es ging auf Mittag zu, und wir waren  in Timmenrode, in  der Dorfkirche, angemeldet. Zuerst aber sahen wir uns noch das „Hamburger Wappen“ an, eine Felsengruppe, die zur Teufelsmauer gehört. Dann ging es nur noch bergab. Wir kamen schnell voran, und das war auch gut so, denn ein leichter Regen fing an. Aber Timmenrode lag vor uns.

Timmenrode ist ein Stadtteil Blankenburgs. In der Kirche wurden wir von Pastor Meissner empfangen. Hier war nun unsere Mittagspause mit Imbiß. Mehrere Tische waren gedeckt, und es gab Würstchen, Nudelsalat, belegte Brote und bunte Eier.Ob die noch von Ostern waren?

Herr Meissner kommt aus den alten Bundesländern und hat keine leichte Aufgabe übernommen. Er hat fünf Gemeinden zu betreuen, und muß viel Überzeugungsarbeit leisten. In den fünf Gemeinden gibt es eine Handvoll Konfirmanden. Dabei hat man immer gedacht, daß in kleinen Gemeinden die Kirche eine größere Rolle spielt als in der Großstadt, aber viele Jahrzehnte sozialistische Diktatur ist auch nicht nach 25 Jahren aus allen Köpfen.

So gut es geht, versucht man natürlich den Kindern und Jugendlichen die Kirche näher zu bringen. So stand schon mal eine Hüpfburg in der Kirche oder sie diente zur Übernachtung. Die Bestuhlung ist eine Leihgabe von  einer Kirche im Westen. Bei so wenig Mitgliedern, ist das Geld von der Landeskirche natürlich nicht üppig.

Herr Meissner ist ein lustiger Typ. Er träumt davon – oder es ist  das Ziel eines jeden Pfarrers – einmal Bischof zu werden. Dann soll am Ortseingang stehen: Bischof Meissner war hier mal Pfarrer. Aber das wird wohl ein Traum bleiben, denn unser neuer Bischof hat erst vor gut  einem Jahr „lebenslänglich“ bekommen, und er ist  noch nicht alt.  

Nachdem wir  aufgeräumt  und den Geschirrspüler in Gang gesetzt haben, machen wir uns wieder auf den Weg, denn bis Thale ist noch ein gutes Stück zu laufen. Es ist sehr warm, keine schattenspendenden Bäume, und es geht ziemlich bergauf.

Der Weg ist nicht direkt unbequem, aber sehr steinreich, so daß man doch sehr aufpassen muß. Zwischendurch kommt auch wieder Wald, und man kann sich an den schönen Bäumen erfreuen, die teilweise enorme Ausmaße haben.

Und dann ist es soweit. Wir sehen Thale vor uns. Aber von einem Ende zum anderen, in der Länge ganz durch Thale ist ein weiter Weg. Man hat kaum noch einen trockenen Faden am Körper. Alle freuen sich auf die Dusche, als wir endlich im Hotel ankommen. Aber viel Zeit bleibt uns nicht. Vor dem Abendessen steht noch das Kloster Wendhusen auf dem Programm.

Pünktlich sind alle wieder zur Stelle und gemeinsam geht es zum Kloster Wendhusen. Das Kloster wurde 825 gegründet und ist das älteste in Sachsen-Anhalt. Seit dem 16. Jahrhundert gibt es dort weder Mönche noch Nonnen. Die Nordharzer Altertumsgesellschaft übernahm die gesamte Anlage, und sie wurde umfangreich restauriert. Innen kann man eine Ausstellung zur Geschichte ansehen. Es gibt dort zahlreiche Veranstaltungen, Ritterspiele und Seminare.

Für heute ist der Bedarf an Entdeckungen gestillt. Zurück im Hotel gibt es das Abendessen, und es dauert nicht sehr lange, bis so nach und nach alle Richtung Bett pilgern.

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