Kommentar zu AWO-Geschäften: Ein „gutes“ Beispiel für schlechten Journalismus!

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Am Freitag, dem 10. Juni 2016 veröffentlichte der Braunschweig-Spiegel den Beitrag von Klaus Knodt und Marcus von Bucholz: „AWO-Geschäfte auf Kosten von 1-Euro-Jobbern? Ex-Mitarbeiter kritisieren die Radstation„. Dazu gibt es einen Kommentar von Andreas Matthies, der diesen Artikel als eine Zumutung empfindet:

  1. Es spricht viel dafür, dass sich die Verfasser auf nur eine Quelle stützen: „ein Mitarbeiter erhebt schwere Vorwürfe“, heißt es, und auch nur einer wird zitiert. In der Überschrift wird dagegen angedeutet, dass es mehrere seien; im Artikel entsteht sogar der Eindruck, dass alle unzufrieden seien, denn: „Die Geförderten murren halblaut.“ – Dieser eine gibt sich nicht namentlich zu erkennen, kritisiert aber den Meister der Radstation namentlich und unterstellt ihm auch noch, er habe keine Ahnung, wie man ein Hinterrad zentriert, er sei also unfähig. Im Anhang zum Interview wird deutlich, dass die „Quelle“ Konflikte mit diesem Meister hatte (Stichwort „Unstimmigkeiten“). Dass sich daraus Frust und Einseitigkeit ergeben kann, weiß jeder. Dass dann aber auf jeden Fall der Betroffene, hart Kritisierte Gelegenheit zur Stellungnahme bekommen muss, wussten schon die alten Römer.
  2. Es wird der Eindruck erweckt, die in der Radstation Arbeitenden wären „an sieben Tagen rund um die Woche“ tätig, und dann auch noch „von 5.30 bis 22.30 Uhr“. Tatsächlich wird aber in 6 – Stunden-Schichten am Tag gearbeitet, wie sich aus dem Interview ergibt, manche sind auch nur 4 Stunden tätig, soweit ich weiß. Das wird durch das Wörtchen „umschichtig“ nicht richtig gestellt.
  3. Der zentrale Vorwurf, die AWO bereichere sich an der Radstation, wird in dem Interview klar als falsch dargestellt. Der AWO-Vertreter Kelchheuser weist dort darauf hin, dass etwaige Überschüsse mit dem Zuschuss der Stadt verrechnet werden, so dass allenfalls eine schwarze Null entstehen könne. Er berichtet, dass die AWO sogar einmal 25.000 Euro draufzahlen musste. Nichts davon findet sich im Artikel. Vermutlich, weil der Knalleffekt (Profitstreben statt sozialem Einsatz) zu schnell verpufft wäre. Oder haben die Verfasser Hinweise, dass die Interviewten lügen? Dann sind sie die Belege dafür jedenfalls schuldig geblieben. – Übrigens: der letzte Satz der Bemerkungen nach dem Interview zeigt klar, dass die Verfasser den Inhalt des Interviews nicht einmal richtig verstanden haben (Stichwort: 49.000 Euro).
  4. Die Quelle äußert die Meinung, dass es sich bei der Radstation um einen Gewerbebetrieb handle, der dem örtlichen Fahrradhandel Konkurrenz mache. Es ist das gute Recht der Quelle, das zu vermuten und zu äußern. Aber im Interview wird diese Vermutung entkräftet durch den Hinweis, dass alles mit der Braunschweiger Zweiradinnung abgesprochen sei, und dass der Innungsmeister regelmäßig die Aufträge durchsehe. Das ficht die Verfasser nicht an, sie transportieren unverdrossen den Vorwurf weiter und überlassen es dem Zufall, ob jemand das Interview liest oder nicht. Wer dafür keine Zeit oder Lust hat, bekommt im Artikel von den Verfassern nicht einmal angedeutet, dass das von der AWO ganz anders dargestellt wird.
  5. Das Bild, was die Verfasser von den „1 Euro Jobbern“ zeichnen, ist  nicht gerade freundlich und auch nicht angemessen. So wird es als Zumutung angesehen, dass die Zentrierung des Hinterrades von einem „anderen 1 Euro Jobber“ beigebracht wurde. Ja, warum denn nicht? Sind die alle unfähig? Von gleichem Kaliber ist die Bemerkung zu „Unregelmäßigkeiten in der Kasse“: hier wird so getan, als ob nur geprüfte Buchhalter die ordentliche Kassenführung hinbekommen könnten, nicht aber Hartz- IV – Empfänger. 
  6. Vorbeugend sei darauf hingewiesen: ich habe nichts mit der AWO zu tun, kenne auch die Radstation nur von Berichten Dritter, allerdings waren die in der Regel positiv, gerade was das soziale Engagement angeht. Sollte es Missstände geben, müssen die konkret zur Sprache gebracht und abgestellt werden. Aber dieser Artikel ist eine Zumutung!                                                                     

 

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