FBZ – Die Stellungnahme der Verwaltung

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„An ihrer Sprache sollt ihr sie erkennen.“ (Karl Kraus)

Wer verstehen möchte, warum es in Braunschweig noch kein neues FBZ gibt, sollte sich die folgende Stellungnahme der Verwaltung zum Entwicklungskonzept Soziokultur und Freie Kultur laut von Klaus Kinski vorgetragen vorstellen:

Zum Verständnis: Hier kann man sich den interfraktionellen Antrag herunterladen:

Entwicklungskonzept Soziokultur und Freie Kultur

Stadt Braunschweig

Stellungnahme der Verwaltung zum Antrag Nr. 3143/14 d. Frau/Herrn/Fraktion INTERFRAKTIONELLER ANTRAG SPD-Fraktion, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Fraktion DIE LINKE vom 22.01.2014

Verteiler Ausschuss für Kultur und Wissenschaft / Verwaltungsausschuss

Neues Veranstaltungszentrum
Stellungnahme zum Änderungsantrag Drucksachennr. 3143/14
Die Verwaltung nimmt zu dem Änderungsantrag im Einzelnen wie folgt Stellung:

Zu 1.:
Der Begriff „Freie Kultur“ bedarf, im Gegensatz zu dem Terminus „Soziokultur“ einer Präzisierung. Möglicherweise sind hier freischaffende Künstler oder aber institutionell nicht gebundene Kulturschaffende gemeint. Um zukünftig die Diskussion auf einer begrifflich tragfähigen Basis weiterzuführen, wäre entweder eine Präzisierung notwendig, oder aber der Begriff „Soziokultur“ im Sinne der Zielsetzung des Änderungsantrags ausreichend. Dafür, es bei der Formulierung „Soziokultur“ zu belassen, spricht  insbesondere Punkt 4 b des Änderungsantrags, der von einem „soziokulturellen Zentrum“ spricht.
Zu 2.:
Die Verwaltung geht davon aus, dass das in Ziff. 1 genannte „Entwicklungskonzept“ die Grundlage für die Beschlussfassung der städtischen Gremien sein soll. Deshalb wird zunächst einmal grundsätzlich folgendes angemerkt:

Gemäß § 85 Abs. 1 Nr. 1 NKomVG bereitet der Oberbürgermeister die Beschlüsse des Verwaltungsausschusses vor. Dies ist eine Schlüsselkompetenz des Organs Oberbürgermeister, die durch Ratsentscheidung auch nicht eingeengt oder konterkariert werden darf. Die Zuständigkeit für die Vorbereitung liegt deshalb ausschließlich beim Oberbürgermeister, weil nur er mittels seines Verwaltungsunterbaus die erforderlichen Informationen sammeln und verarbeiten kann (Blum/Häusler/Meyer, NKomVG, Kommentar § 85 Rn. 6). Wie der Oberbürgermeister der Vorbereitung gerecht wird, entscheidet er selbst nach eigenem Ermessen (siehe ebenda Rn. 10). Eine unzulässige Beschneidung kann vorliegen, indem neben dem Oberbürgermeister andere Gremien oder Kommissionen für die Vorbereitung zuständig sein sollen (OVG Lüneburg, OVGE 24, 487).
Unter Beachtung dieser Rechtslage ist wichtig, dass das erwähnte „Entwicklungskonzept“ prinzipiell nicht die entscheidende Vorbereitungs- und Entscheidungsgrundlage der Ratsgremien sein wird und sein darf. Allerdings wird ein „Entwicklungskonzept“, das von einer Arbeitsgruppe ausgearbeitet wird und von externem Sachverstand begleitet werden soll, faktisch der alleinige Entscheidungsvorschlag sein, wie sich aus dem Gesamtzusammenhang des Änderungsantrages auch ergibt. Das zumindest stößt auf die erwähnten rechtlichen Bedenken.
Unbedenklich wäre es, wenn die Verwaltung beauftragt wird, ein Entwicklungskonzept zu erarbeiten bzw. durch beauftragte (durch die Verwaltung beauftragte) Externe erarbeiten zu lassen bzw. mit der Verwaltung zusammenzuarbeiten und das Ganze dann als Verwaltungsvorschlag vorzulegen. Dabei kann ein Ausschuss – gegebenenfalls auch eine von ihm eingesetzte Arbeitsgruppe – natürlich schon Vorgaben für ein solches Konzept machen. Dies bedeutet: Entweder soll die Verwaltung das Konzept erarbeiten, externen Sachverstand einschalten und dabei Vorgaben aus dem Beschlusstext übernehmen. Oder aber die Arbeitsgruppe ist dazu da, Vorgaben für das zu erarbeitende Konzept zu entwickeln und gibt
die Vorgaben dann per Beschluss an die Verwaltung weiter, die daraus dann ein Konzept als Beschlussvorschlag erarbeitet und vorlegt. Nur durch einen solchen exakten Weg wird eine
rechtlich bedenkliche Gemengelage vermieden.
Allerdings gibt die Ziffer 5 des Beschlusstextes praktisch schon die Vorgabe für die Erarbeitung des „Entwicklungskonzeptes“ an. Es sei denn, diese Beschlussempfehlung meint nur den formalen Weg, auf dem dies geschehen soll. Dem widerspricht aber, dass im darauf folgenden Satz auch schon eine inhaltliche Vorgabe erfolgt. Das müsste geordnet werden.

Ziffer 2 wird so verstanden, dass die sogenannte „externe Kulturberatung“ die „Federführung, Moderation und Koordinierung“ der Erarbeitung des „Entwicklungskonzeptes“ übernehmen soll. Das aber wäre eine typische Verwaltungsaufgabe. Es ist gerade Aufgabe der Verwaltung, sowohl in Bezug auf die Ausschussarbeit als auch in Bezug auf die Beteiligung von Öffentlichkeit, Bürgern und Medien sowie Fachverstand „Federführung, Moderation und Koordinierung“ zu übernehmen. Deshalb ist dieser Vorschlag sehr problematisch, wenn nicht die „externe Kulturberatung“ von der Verwaltung selbst ausgewählt und beauftragt, sowie den Weisungen der Verwaltung unterstellt wird. Als „Helfer der Verwaltung“ könnte eine solche Beratung durchaus sinnvoll sein. Hier gibt es Klärungsbedarf mit den Antragstellern. Die Verwaltung schlägt eine Formulierung vor, bei der die Verwaltung beauftragt wird, eine „externe Kulturberatung“ zu beauftragen, sie bei der „Federführung, Moderation und Koordinierung“ des Prozesses der Erstellung von Vorgaben für ein „Entwicklungskonzept“ zu unterstützen. Da die „externe Kulturberatung“ inhaltlich selbst die Ausarbeitung nicht vornehmen soll und kann, bliebe diese Aufgabe dann zu Recht bei der Verwaltung. Diese Ausarbeitung könnte dann unter Begleitung dieser „externen Kulturberatung“ die Verwaltung nach Vorgaben der folgend beschriebenen Arbeitsgruppe übernehmen.
Zu 3.:
Es wird nicht klar, was die „begleitende Arbeitsgruppe“ für Kompetenzen haben soll und inwieweit sie in das Gefüge der Gremien des Rates integriert werden soll. „Arbeitsgruppen“ als irgendwelche handlungsfähigen Einheiten im Willensbildungsprozess des Rates kennt die Kommunalverfassung nicht. Solchen „Arbeitsgruppen“ irgendwelche relevante Kompetenz zuzubilligen, ist schon deshalb problematisch, wenn in dieser „Arbeitsgruppe“ – die offenbar aber entscheidende Weichenstellung geben soll – die Mehrheitsverteilung der Ratsfraktionen des Rates (Hare Niemeyer) außer Kraft gesetzt werden und jeder Fraktion, unabhängig von ihrer Größe, ein Sitz zugebilligt werden soll. Das ist umso bedenklicher, je gewichtiger und für den Ratsentscheidungsprozess prägender diese „Arbeitsgruppe“ sein soll.
Die Verwaltung kann im Prinzip immer „Arbeitsgruppen“ oder ähnliches unter Hinzuziehung von  Sachverständigen einsetzen. Oder Beteiligte werden auf diese Weise eingebunden. So beim „Haus der Kulturen“ geschehen, bei dessen Konzeptentwicklung die künftigen Nutzer – unter Beteiligung von  Ratsmitgliedern und externen Sachverständigen – die Verwaltung bei der Erarbeitung einer Vorlage  unterstützt haben. Allerdings war, im Unterschied zu dem im Änderungsantrag formulierten Verfahren, eine eindeutige Regelung getroffen, die wie folgt aussah:
Der Auftrag erging an die Verwaltung, die einen Umsetzungsvorschlag entwickelt, der als Mitteilung an den Ausschuss für Integrationsfragen erging: Einrichtung eines Workshops, unter der Leitung 0500, externe Moderation durch die Regionalberaterinnen der Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultur Frau Dr. Flake / Frau Wagemann. Weiterhin enthielt der Umsetzungsvorschlag, dass die Vereine und Initiativen der Migranten sowie die Mitglieder des Ausschusses für Integrationsfragen eingeladen werden mit dem Ziel einer mehrteiligen Workshopreihe. Ergebnis und Prozess wurden dokumentiert, die Dokumentation wurde dem Auftraggeber Stadt Braunschweig übergeben. Eine Mitteilung an den AfI erfolgte.

Verfahrensvorschläge und Ergebnisse wurden dem Ausschuss für Integrationsfragen jeweils durch die Verwaltung mitgeteilt. Die Auswahl der Teilnehmenden wie der Moderation erfolgte durch die Verwaltung, 0500 leitete den Prozess, auch wenn dieser extern moderiert wurde.

Die Ergebnisse wurden wie Gutachten behandelt, d. h., Vorschläge an die Verwaltung übermittelt, wie diese damit weiter verfahren solle. Die Verwaltung hat Beschlüsse vorbereitet, die auf die Ergebnisse der Workshops Bezug genommen haben, wobei Beschlüsse für die grundlegenden Weichenstellungen (wie bspw. die Klärung der Trägerschaft – unabhängig von den Workshops – durch die Verwaltung vorbereitet wurden.
Eine solche Lösung, wie beim „Haus der Kulturen“ könnte man bedenkenfrei durchführen, weil ein solcher Kreis dann letztlich nur die Verwaltung bei der Ausarbeitung der Vorlage („Entwicklungskonzept“) unterstützt. Der Vorsitz würde bei der zuständigen Dezernentin liegen.
Natürlich könnten sich die Fraktionen jederzeit untereinander verständigen, interfraktionelle Gesprächskreise, informelle Verhandlungsrunden oder ähnliches zu bilden und ihre Entscheidungen quasi dadurch vorzubereiten. Dazu würden allerdings Verwaltungsmitarbeiter nur unter ähnlichen Bedingungen zeitweise hinzugezogen werden, wie zu Fraktionsberatungen. Und „Sachverständige“ könnte jedenfalls zu solchen Runden nicht auf Kosten der Stadt anwesend sein. „Kostenlos“ könnten sich natürlich die Fraktionen für ihre interfraktionellen Besprechungen jederzeit fachlichen Rat in diese Sitzungen hineinholen. Das scheint aber etwas anderes zu sein als die in Ziffer 3 genannte „begleitende Arbeitsgruppe“.
Klar ist in jedem Fall, dass diese „Arbeitsgruppe“ auf keinen Fall Weisungen oder Aufträge an die Verwaltung erteilen könnte und auch Verwaltungskapazität gegen den Willen der Verwaltung nicht beliebig verursachen und binden dürfte. Der Einsatz der Verwaltungsmitarbeiter, also deren zeitliche Bindung und die Erzeugung von Verwaltungsaufwand, unterliegt allein dem Oberbürgermeister bzw. in seiner Vertretung den zuständigen Dezernenten.
Zu 4.:
Hier müsste nach den vorstehenden Ausführungen noch geklärt werden, ob und dass sich diese Vorgaben für die Erstellung der Verwaltungsvorlage auf die Entscheidung für die Ratsgremien beziehen.
Zu 5.:
Wie schon oben ausgeführt, könnte die Formulierung dahingehend missverständlich sein, dass in der „Anlage“ schon die entscheidenden Vorgaben für das „Entwicklungskonzept“ (die Verwaltungsvorlage) enthalten sein sollen. Dann bedürfte es freilich nicht mehr einer „Arbeitsgruppe“, die solche Vorgaben erarbeiten könnte. Auch hier müsste noch präzisiert werden, welche Aufgabe die „Arbeitsgruppe“ genau haben soll und welche Vorgaben seinerseits der AfKW machen will.
Wenn unter den entsprechenden Vorgaben schon die Aufgabe der Millennium-Halle als Standort festgeschrieben werden soll, so hält die Verwaltung das für eine derzeit nicht sachdienliche Einengung der Standortdiskussion. Die Verwaltung hat zwar selbst Zweifel, dass am erwähnten Ort und in der erwähnten Halle das neue Veranstaltungszentrum realisiert werden kann, da die bisherigen wirtschaftlichen Angebote des Eigentümers aus Sicht der Verwaltung zu hoch sind (kann nicht öffentlich berichtet werden). Freilich kann die Frage „zu hoch“ im Sinne von „zu teuer“ erst später endgültig entschieden werden, da dieser Begriff relativ und nicht absolut gesehen werden muss und die endgültige Entscheidung erst im Vergleich zu anderen Alternativen (andere Anmietungen oder Neubau) getroffen werden kann. Da die Verwaltung – und im Grunde auch die Ratsgremien – derzeit noch keinen eindeutig besseren Standort gefunden haben, sollte bis zur endgültigen Entscheidung deshalb nicht nur unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten, sondern auch unter städteplanerischen Gesichtspunkten ein solches Objekt nicht voreilig ausgeschlossen werden. Findet man im Laufe des Entscheidungsprozesses bessere,  wirtschaftlich und konzeptionell eher geeignete Alternativen, ist es natürlich kein Problem, dann dieses Objekt auszuschließen – zumal bisher keinerlei Vorbindungen getroffen worden sind und die Stadt insoweit auch weiterhin völlig frei ist.
I. V.
gez.
Dr. Anja Hesse

 


Kommentare   
 
+3 #3 Martin 2014-02-13 21:44
Daraus lässt sich schön ableiten, was „Freie Kultur“ ist und warum sie in BS so dringend nötig ist.
Leider ist aber auch gut erkennbar, dass öffentliches Geld nicht „frei“ ist.
Mit Blick auf die Braunschweiger Kulturgeschichte seit Schließung des FBZ möge jede(r) selbst entscheiden, ob die OBM-Kultur-Verwaltung Teil der Lösung oder Teil des Problems ist.
Jedenfalls ist es freud- und brotlose Kunst, mit ihr zu verhandeln 🙁

 
+4 #2 Toddn 2014-02-13 07:39
Ich lese mir diesen ganzen falschen schmuh nicht mehr durch. Dafür ist mir meine Zeit inzwischen zu schade. Warum? … „An ihren Taten sollt ihr sie erkennen, nicht an vielen Worten und falschem Getue. Denn dies soll euch nicht hören und sehen lassen was sie wahrlich planen.“ Rev.Toddn

 
+7 #1 W Karl Schmidt 2014-02-12 15:54
Was sagt uns die Vizeregentin mit diesem ellenlangen Geschwurbel?
– Ich und andere aus der Verwaltung wollen Lindemanns Dreckhügel. Wir lassen uns in dieser Sache von euch Kulturranderscheinungen nicht reinreden. Seit El Kurdi gilt schließlich, zwischen dem GröVaZ und mir passt kein Blatt Papier.

 

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