Ein Schreiberling, der sich Brunswyk nennt

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A)
Am 16. Mai 2015 hat ein Wikipedia-Autor, der sich Brunswyk nennt, im Eintrag Roselies die belgische Quelle („Rapports …“) und damit wohl auch die wichtigste Quelle zum Thema überhaupt referiert, die ich hier in einem Beitrag vom 7. Januar schon eingeführt und teilweise auch eingearbeitet hatte. Brunswyk schließt seinen Beitrag mit der Bemerkung, dass der Bericht auch feststelle,

dass französische Soldaten getötet worden seien

und endet dann mit der Behauptung:

Ansonsten enthält der Bericht, in dem zwei Augenzeugen aus Roselies zu Wort kommen, keinerlei weitere Informationen zu den Ereignissen in dem Ort.

Erst einmal ist diese Feststellung dumm, denn in einer Zusammenfassung gehen – im Vergleich zum Zusammengefassten – grundsätzlich Informationen verloren. Soweit Brunswyk aber meinte, dass im Kommissionsbericht keinerlei wesentliche Informationen mehr seien, ist die Feststellung nicht nur dumm, sondern auch schlimm. Denn Brunswyk, Sie verwischen den Unterschied zwischen Krieg und Kriegsverbrechen.

Krieg ist Krieg, und wenn deutsche Soldaten gegen französische Soldaten Krieg führen, töten deutsche Soldaten französische Soldaten und französische Soldaten töten deutsche Soldaten. Es ist schon auch Geschichtsklitterung, wenn Brunswyk gerade das Wesentliche aus den Rapports hierzu ausspart, dass eben deutsche Soldaten nicht nur Krieg geführt haben, „französische Soldaten getötet“ hatten, sondern detailliert wird auch geschildert, wie sie Kriegsverbrechen begangen haben:

Zeuge 1. Bürgermeister Sevrau von Roselies bezeugt, dass er sah, wie ein wehrloser verwundeter französischer Soldat mit von einem deutschen Soldaten mit zwei Schüssen aus unterschiedlicher Distanz hingerichtet wurde.

 

Zeuge 2, Théophile Naman bezeugt, dass er sah, wie ein wehrloser verwundeter französischer Soldat von einem deutschen Soldaten so brutal getreten wurde, dass er umgedreht wurde. Dann wurde er aus nächster Nähe von ihm erschossen. 

 

Zeuge 3, Florent Kaisin bezeugt, dass er sah, wie ein wehrloser verwundeter französischer Soldat, der sich wohl nicht nur regte, sondern auch noch aufstützte und um Hilfe winkte, von einem deutschen Soldaten der „hussards de la mort“ mit drei Axthieben niedergemetzelt wurde.

 

B)
Am 16 Mai entfernten Sie, Brunswyk, auch die Vorversion, den bisherigen kurzen Eintrag einer Wikipedia-Autorin Lomelinde vollständig. Der Eintrag erwähnte deutsche Quellen zu den Kriegsverbrechen: Tagebücher, Briefe, Regimentsgeschichten deutscher Kriegsteilnehmer. Sie entfernten dabei auch die Verlinkung auf meinen ersten Beitrag zu dem Thema „Der Name Roselies und seine Bedeutung“ (und der Kommentar dazu), in dem ich vier Quellen deutscher Kriegsteilnehmer einarbeitete und zitierte. Sie „entfernten“ ihn mit der Begründung:

Hurra-Patriotismus aus deutscher Propaganda-Postille entfernt und offiziellen Bericht der belgischen Untersuchungskommission von 1923 zitiert.

Brunswyk ich bin richtig sauer auf Sie. Denn erst einmal ergießt sich aus keiner der vier Quellen, aus denen ich dort zitiert habe, typischer Hurra-Patriotismus – wo, bitte sehr, ist da der Hurra-Patriotismus? Und zweitens sind nicht nur nackte Ereignisse Teil von Geschichte, sondern auch Sichtweisen und Verarbeitungen dieser Ereignisse, ja, auch Propaganda. Bei geschichtlicher Betrachtung sollten solche Perspektiven selbstverständlich nicht ausgeklammert werden. Ihnen fehlt hier komplett eine historische Sichtweise.

Ich hätte vielleicht im von Brunswyk gelöschten Wiki-Eintrag Lomelindes nicht geschrieben, dass sich in den Gebäuden, die niedergebrannt wurden, teilweise noch Bewohner befanden. Zur Ehrenrettung von Lomelinde soll hier  doch ein Fall geschildert werden; Sie erinnern sich, Brunswyk, Sie kennen die Quellen:

Da wurde der 64 jährigen, bewegungsbehinderten Anne Briemont, von den deutschen Soldaten nicht aus ihrem Haus geholfen, als sie es anzündeten. Als das Haus abgebrannt war, holte man sie aus dem Keller und setzte sie mit ihren schweren Brandverletzungen in die rauchenden Trümmer ihres Hauses. – Warum? Mit welcher Motivation?  War das Teil des „Aufräumens“, weil man sonst nicht wusste, wohin mit ihr? Zum Spott – zum Vergnügen der deutschen Soldaten? – Schließlich wurde sie von deutschen Soldaten doch zu einer Nachbarin gebracht. Am 29. November 1914, gut drei Monate später, ist Anne Briemont dann an ihren schweren Brandverletzungen gestorben. – Sie hat unter der deutschen Besatzung kein gutes Leben gehabt.

Hier noch der Originalauszug aus den Rapports; es kam eben doch auch vor:

Dies geschah nicht in Roselies, sondern in Farciennes, möglicherweise im zu Farciennes gehörigen Tergnée, also (nur) vor der Haustür von Roselies.

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P.S. Zum Kommentar unten von Simone

@ Simone,
Der Eintrag schließt ja an eine Diskussion an: es wurde bestritten, dass es in Roselies Kriegsverbrechen von Braunschweigischen Truppen gab. Brunswyk bekommt das Wort Kriegsverbrechen nicht aus den Fingerkuppen, er vertuscht den verbrecherischen Charakter:

Vier von über Tausend Zivilisten seien getötet wurden – Eindruck: so etwas kommt im Krieg schon einmal vor, was ja richtig ist. Nur geht es hier um willkürliche Hinrichtungen von Zivilisten, eben um Kriegsverbrechen.

Französische Soldaten seien getötet worden, schreibt Brunswyk – Eindruck: so etwas kommt im Krieg schon einmal vor, was ja auch richtig ist. Nur geht es hier wieder um Kriegsverbrechen, um das „Massakrieren“ von wehrlosen, verwundeten französischen Soldaten. Bei Brunswyk kommt das in keiner Weise zum Ausdruck.

Simone, so wie er sich benennt, gehe ich mal davon aus, dass Brunswyk sich mit diesem Ort und besonders auch mit der Geschichte dieses Ortes identifiziert.

Wenn dann aber von Braunschweiger Truppen Kriegsverbrechen begangen wurden, dann sage ich dass ohne wenn aber, dass das so war: Braunschweiger Truppen haben in Roselies Kriegsverbrechen begangen. Alles andere ist einfach würdelos. Dann versuche ich mich nicht drumherum zu mogeln wie ein kleines Kind, dass Kuchen aus dem Kühlschrank geklaut hat und nicht will, dass das rauskommt – das ist einer gestandenen Identität unwürdig.

K.E.

 


Kommentare   
 
0 #1 simone 2015-05-30 19:05
Der Beitrag gefällt mir sehr! In Wikipedia darf jeder mitschreiben. Haben sie noch nie mit einem Wiki gearbeitet?
Fragen sie die Piraten 🙂
 
 

 

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