Ein großes Projekt – Pia Kulhawy und Fritz Bauer

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Fritz Bauer

Wer war Fritz Bauer?

Mein Name ist Pia Kulhawy, ich bin 19 Jahre alt und Schülerin einer 13. Klasse der IGS Franzsches Feld in Braunschweig.

Im Rahmen des Seminarfachs bekam meine Klasse den Auftrag, ein „Persönliches Projekt“ zu entwickeln, was individuell gestaltet werden konnte. Einige strickten, andere malten, die nächsten gestalteten ein Kinderbuch.

Ich entschied mich für eine anonyme Kampagne über Fritz Bauer, die ich in der Oberstufe meiner Schule initiieren wollte.

Schon vor einiger Zeit hatte mir meine Mutter von Fritz Bauer erzählt, die einen Artikel über ihn gelesen hatte. Nachdem ich daraufhin zufällig eine Dokumentation auf „arte“ über Eichmann im Zusammenspiel mit Bauer sah und meine Mutter und ich den Film „Fritz Bauer- Tod auf Raten“ im Kino anschauten, stieg mein Interesse an diesem Mann enorm. Ich entschied, dem Fritz-Bauer-Freundeskreis aus Braunschweig, den ich bei besagtem Kinobesuch kennen lernte, beizutreten, was jedoch erst durch meine Idee zum Persönlichen Projekt geschah.

Ziel meiner Kampagne sollte sein, den leider unbekannten Fritz Bauer in die Gedanken meiner MitschülerInnen und LehrerInnen zu bringen, sie über die Person nachdenken zu lassen und gegebenenfalls durch die angegebene Internetadresse über ihn zu recherchieren und ihn somit bekannter werden zu lassen. Zu diesem Anlass druckte ich eine Vielzahl an unterschiedlichen Plakaten in diversen Größen, die meisten mit einem Foto Bauers sowie der schlichten Frage „Wer war Fritz Bauer?“ versehen. Diese hängte ich dann in dem Oberstufen-Flur an alle erdenklichen Orte aus- große Flächen (Wände, Türen, …) tapezierte ich in großem Ausmaß mit den DIN-A4-Plakaten, in jeden Klassenraum hängte ich an mindestens eins der dortigen Fenster ein Plakat. Kleinere Bilder Bauers, im 9*13- oder Passbild-Format klebte ich auf die Klassenbilder an den Türen oder in einer langen Reihe auf die Hakenleiste im Gang.

Weiterhin hatte ich viele kleine Schnipsel mit der Internetadresse www.fritz-bauer-film.de gedruckt und klebte diese auf die Tische und Stühle in den Klassenräumen. Auch auf die gemeinsamen Pinnwände/schwarze Bretter der jeweiligen Jahrgänge klebte ich die Adresse oder Bilder Bauers; auf den Vertretungsplänen schrieb ich in Druckbuchstaben seinen Namen unter und über die Lehrermitteilungen.

Auch das Lehrerzimmer ließ ich mir nach Unterrichtsschluss noch einmal aufschließen und verzierte die Schreibtische, Fenster und Möbel mit Bauer-Bildern in allen Größen. Auch die dort gelagerten Medienstationen beklebte ich mit Bauers Gesicht; sowohl Beamer, Monitore, Tastaturen als auch versteckt die Akkus bekamen eine neue Verzierung. Auch auf den Ausleihplan der Geräte schrieb ich in simplen Druckbuchstaben in die verschiedenen Spalten Bauers Namen. Auf den Boden klebte ich einen langen Pfad mit kleinen Bildern von Bauers Gesicht, auch die einzelnen Lehrerutensilien wie persönliche Kaffeetassen, Fotos oder Notizen bekamen ein Porträt von Fritz Bauer hinzu.

Als besonders wirksam stellte sich das „Tapezieren“ der Jungen- sowie Mädchentoiletten heraus, die ich an den Spiegeln mit der Internetadresse sowie Bauer-Bildern versah. Außerdem hatte ich Plakate mit der Aufschrift „Warum du Fritz Bauer kennen solltest“ gedruckt und darunter einige wichtige Punkte zu ihm genannt- auch diese Zettel klebte ich zum einen an die Wände für die Wartenden, zum anderen an die Innenseite der Toilettentüren sowie über die Pinkelbecken für die Jungs, damit während des Geschäfts ein bisschen „Bauer-Bildung“ geschehen konnte. Hinzu kam, dass ich auf die Tafeln der einzelnen Klassenräume ebenfalls in Druckbuchstaben mit Kreide groß die Frage „Wer war Fritz Bauer?“ wiederholte und an einem Abend auch den Schulhof mit insgesamt zwei großen Packungen Straßenmalkreide mit eben dieser Frage versah. Dieses Aufhängen von verschiedenen Plakaten Bauers stellte ich über knappe zwei Wochen an und blieb zu diesem Anlass regelmäßig nach Schulschluss innerhalb des Gebäudes, um unbekannt meine Bauer-Plakate aufzuhängen.

Schon am ersten Tag nach meiner Aktion wurde Fritz Bauer innerhalb der Klassengemeinschaft zum Thema. Die meisten wunderten sich über das plötzliche Erscheinen der Plakate und fragten nach dem dafür Verantwortlichem. Tatsächlich stellten sich viele die Frage „Wer war denn nun dieser Fritz Bauer“ und lasen die Info-Zettel durch. Dieses Bauer-Interesse wurde immer größer und war bald im ganzen Jahrgang festzustellen, der Name „Fritz Bauer“ wurde in den täglichen Sprachgebrauch aufgenommen; im Religionsunterricht erlebte ich es, dass bei der Frage, wer wohl der Verfasser eines Zitats sein könnte, jemand aus der hinteren Reihe Bauers Namen nach vorn rief, was in diesem Zusammenhang natürlich nicht die richtige Antwort war, aber immerhin für ein paar Lacher sorgte.

Auch mein Geschichtslehrer hielt in verschiedenen Kursen eine Unterrichtseinheit zu Bauer ab, da er ihn aufgrund des Remer-Prozesses kannte und man ihn mehrfach als Experten der Geschichte fragte, ob er nicht endlich das Rätsel um „diesen Fritz Bauer“ auflösen könne. Am Tag der Projekts-Präsentationen ging ich in der Pause durch die verschiedenen Klassen der Oberstufe und vollzog eine Umfrage, wer Fritz Bauer nach diesen zwei Wochen kannte.

Zu meinem Erstaunen stieß ich in jeder einzelnen Klasse auf solch riesiges Interesse, dass ich in der Pause lediglich drei der zwölf Klassen besuchen konnte. Viele waren ungläubig, dass man für eine einzige Person einen solch großen Aufwand betreiben konnte und waren geradezu enttäuscht, als sie erfuhren, dass lediglich ich hinter der Aktion steckte und keine groß organisierte, geheime Truppe. Viele erzählten mir, wie begeistert sie waren, solch einen Mann wie Fritz Bauer als Braunschweiger unter ihnen gehabt zu haben und bedauerten, ihn nicht schon früher kennen gelernt zu haben. Manche berichteten mir, wie sie auf der Internetseite weitere Informationen zu Bauer gefunden hatten und in der Klasse länger über ihn gesprochen hätten. Ein Junge erzählte mir, dass sogar sein kleiner Bruder aus der fünften Klasse inzwischen wisse, wer Bauer sei, da er die Aufschriften auf dem Schulhof gesehen hatte. Nicht nur er, sondern viele weitere SchülerInnen unterer Jahrgänge meldeten ebenfalls eine positive Resonanz zurück, obwohl ich diese bei meinem Projekt natürlich nicht ausschließen wollte, sie aber auch nicht explizit als Zielgruppe gesetzt hatte. Ein weiteres Mädchen fragte mich, ob ich genügend Informationen hätte, die ich ihr für ein mögliches Facharbeits-Thema in der zwölften Klasse geben könne.

Und auch die Lehrerinnen und Lehrer, von denen jedoch schon ein paar über Bauer informiert waren, zeigten großes Interesse! So kam es unter anderem zu der Begebenheit, dass im Lehrerzimmer eine Diskussion über die Bauer-Bilder auf dem Boden ausbrach, da es einige als pietätlos empfanden, über das Gesicht eines solch ehrwürdigen Mannes zu laufen. Mir fiel als Argument lediglich das Stolperstein-Projekt ein, bei welchem man als Passant ebenfalls über die Namen bestimmter jüdischer Menschen „stolpert“. Außerdem wurde durch diese Diskussion, bei der die anwesenden Lehrer und Lehrerinnen verschiedener Meinung waren, meiner Meinung nach genau das erreicht, was ich mir eigentlich gewünscht hatte; Reden und Diskutieren über Fritz Bauer und somit das Verankern von dessen Namen in den Gedächtnissen der Leute.

Bei der Befragung in den Klassen, bei welcher die SchülerInnen zwischen den Möglichkeiten

a) Ich kenne Fritz Bauer und könnte sogar etwas über ihn erzählen bzw. weiß wirklich, wer er war;

b) Ich habe lediglich den Namen Fritz Bauer schon einmal gehört, weiß aber nicht wirklich etwas mit diesem anzufangen oder

c) Ich habe noch nie etwas von Fritz Bauer gehört, wählen konnten.

Das Ergebnis empfand ich als verblüffend, da insgesamt nur knapp 30 der circa 270 SchülerInnen noch nie etwas von Fritz Bauer gehört haben wollten. Die restlichen Stimmen teilten sich zwischen den Möglichkeiten a) und b) relativ gleichmäßig auf, wobei die Mehrheit sich dennoch für Option a) entschied.

Insgesamt kann ich mein Projekt als vollen Erfolg verbuchen, auch wenn ich mit einer solch positiven Resonanz niemals gerechnet hätte! Mich freut es sehr, dass nun eine deutlich größere Anzahl von Menschen weiß, wer Fritz Bauer war. Viele werden sich mit dem Wissen dieser einzelnen Fakten zufrieden geben, aber dennoch gibt es auch jenen Teil, der sich für Fritz Bauer begeistern konnte und weiter an ihm interessiert zu sein scheint.

 


Kommentare   
 
0 #1 Simone Leunig 2012-03-14 16:38
Ich muß mich „outen“.
Ich gehöre zu C)
Und nun meine Frage an Pia: Wer war Fritz Bauer und kannst du mal was hier reinstellen!

Danke schön!

Gruß Simone leunig

 
 
 
 

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