über 87 Prozent der Leipziger Wähler sorgen per Bürgerentscheid dafür, dass dort in den nächsten drei Jahren jegliche Privatisierungen unterbleiben. Das ist für die meisten Medien ein wichtiges Ereignis, über das sie selbstverständlich berichten. Auch die überregionalen, so etwa die Frankfurter Rundschau oder die Süddeutsche Zeitung, auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung analysiert die Angelegenheit in einem Artikel von über 100 Zeilen (am 29. Januar 2008).
Und die Braunschweiger Zeitung?
Ohne Zweifel wäre das Thema gerade für die Braunschweiger BürgerInnen besonders interessant. Denn sie haben selber schon einige Privatisierungen erlebt, und dies mit wachsendem Unbehagen; und ihnen soll nach dem Willen des Oberbürgermeisters eine weitere Privatisierung bevorstehen, nämlich die der Gebäudewirtschaft (in welcher Form auch immer). Außerdem haben sich in Braunschweig viele selber ebenfalls für einen Bürgerentscheid eingesetzt (in Sachen öffentliche Bäder).
Dr. Hoffmann, auf der anderen Seite, hat natürlich das starke Interesse, ein überspringen des „Leipzig-Virus“ auf die BraunschweigerInnen zu verhindern. Da wäre schon die schiere Information sozusagen gesundheitsschädlich.
Die Frage der BZ – Redaktion ist also: Bürgerzeitung oder Bürgermeisterzeitung? Bis heute hat sie nichts berichtet.
Ein zweites Beispiel. Da findet am 22. Januar im Gemeindesaal St. Katharinen eine putzmuntere Veranstaltung zum Thema „Fernwärmeanschlusszwang“ statt. Auf Einladung einer Initiative hören sich 240 BürgerInnen die Positionen und Argumente von Politikern der sechs Ratsfraktionen an und diskutieren mit ihnen, und zwar differenziert. Sicher, die meisten lehnen den Anschlusszwang wohl ab. Sicher auch hier, dass der Oberbürgermeister eine solche Veranstaltung nicht eben gut findet, da er den Fernwärmeanschlusszwang durchsetzen will. Diesmal gilt es für Dr. Hofmann das „Katharinen – Virus“ zu isolieren. Die CDU – Ratsfraktion schickt denn auch keinen Vertreter (Herr Brandes kommt – lobenswerterweise – aus eigenem Antrieb).
Der BZ – Redaktion war die Veranstaltung bekannt. Wieder stellte sich die Frage: Bürgerzeitung oder Bürgermeisterzeitung? Bis Mittwoch, also noch 9 Tage nach der Veranstaltung, berichtete sie kein Wort davon.
Als Redakteure aber dafür mehrfach (telefonisch und in persönlicher Begegnung) kritisiert wurden, zeigte die BZ dann doch Wirkung: gestern, am 31. Januar, gibt sie nach und veröffentlicht auf Seite vier des Lokalteils wohl wesentliche Teile der Pressemitteilung des „(fern)wärme – forum braunschweig“.
Also, was nun, Bürgermeisterzeitung oder Bürgerzeitung?
Ein echtes Dilemma.