Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) verwendet im Zusammenhang mit der Schachtanlage Asse II den Begriff „Endlager“, so z. B. heißt der Untertitel der „ASSE EINBLICKE“ „INFORMATIONEN ÜBER EIN ENDLAGER“.
„Das tut als Anwohner unserer Asse nicht nur weh, und ist schlecht für die Region, es gibt auch weder einen rechtlichen noch einen sachlichen Grund dafür“, meinen die Leute der Wolfenbütteler AtomAusstiegsGruppe (WAAG), und schrieben dem Präsidenten des BfS, Herrn König, ihre Rechtsauffassung. Nach einer Erinnerung erhielten sie Mitte April Antwort, in der das BfS u.a. schreibt: „Bei der Schachtanlage Asse II handelt es sich um ein Endlager für radioaktive Abfälle, welche mit einer Einlagerungstechnik eingelagert wurden, die keine Vorkehrungen für eine spätere Rückholung der Abfälle traf. Somit unterfällt die Anlage nach objektiven Kriterien dem Wortlaut und dem Zweck des § 9a Abs. 3 des Atomgesetzes. … Als Betreiber verfolge ich das Ziel, die Abfälle aus der Anlage zurückzuholen, … Ob dies gelingt, ist offen.“
Die Schachtanlage Asse II war bis 2008 eine „Forschungs“-Anlage, die in der Verantwortung des Bundesministeriums für Wissenschaft unter Anwendung des Bergrechts betrieben wurde. Durch die zehnte Änderung des Atomgesetzes wurde das Atomrecht anwendbar. In dem damals eingefügten §57b Abs. 1 ATG heißt es „Für den Betrieb und die Stilllegung der Schachtanlage Asse II gelten die für die Anlagen des Bundes nach § 9a Abs. 3 geltenden Vorschriften.“ § 9a Abs. 3 ATG regelt u. a. die „Anlagen zur Sicherstellung und zur Endlagerung radioaktiver Abfälle“ des Bundes.
Das heißt, dass für Asse II die Vorschriften gelten, die auch für „Anlagen zur Sicherstellung und zur Endlagerung radioaktiver Abfälle“ gelten, nicht aber dass es sich um ein Endlager handelt. In der Begründung zur Gesetzesänderung von 2008 heißt es weiter „Im Zuge des Planfeststellungsverfahrens zur Stilllegung der Schachtanlage Asse II ist über die Endlagerung der bereits in der Anlage befindlichen Abfälle sowie entstandener betriebseigener Abfälle zu entscheiden.“ Ein Planfeststellungsverfahren hat aber nie stattgefunden, also wurde auch nicht über die Endlagerung entschieden.
Es ist für die WAAG unverständlich, dass das Bundesamt für Strahlenschutz entgegen der geltenden Rechtslage unverändert an der Formulierung „Endlager“ festhalte. Außerdem widerspreche der Begriff allen Bekundungen, den einstimmigen Beschlüsse des Niedersächsischen Landtages und des Bundestages zur Rückholung und dem erkärten Ziel der Lex Asse. Und wenn das BfS seine Auffassung u.a. mit der Einlagerungstechnik begründe, ist das ein falsches Signal an die für die Einlagerung und die Einlagerungstechnik Verantwortlichen – auch für die Zukunft.
Es gehe bei der Frage nicht um eine unnötige Wortklauberei, wie es die Vize-Präsidentin Mittwoch letzter Woche bei der Veranstaltung der Asse 2-Begleitgruppe darstellen wollte. Diese Frage könne durchaus rechtliche Auswirkungen haben, sowohl für die Rechtfertigung der Rückholung entsprechend der Richtlinie 96/29/Euratom, als auch für den Fall, dass sich das BfS entscheidet, den Müll in Asse 2 zu belassen.
„Wenn das BfS es als Wortklauberei empfindet, was hindert Frau Nöthel daran, den unpassenden Begriff wegzulassen – zumal weder rechtliche Bestimmungen noch objektive Bedingungen, noch der politische Wille für ihn sprechen?“, fragt sich die WAAG. Es fühle sich für die Menschen um die Asse sicherlich anders an, ob sie neben einem „Endlager“ leben oder neben der Schachtanlage Asse II, auf der die MitarbeiterInnen der Asse GmbH versuchen, den Müll rauszuholen. Auch für das Ansehen der Region spiele es eine Rolle.
Die WAAG will nicht locker lassen. Sie hat der Begleitgruppe den bisherigen Schriftwechsel übersandt. Außerdem will sie am kommenden Samstag von 9 – 15 Uhr an ihrem Stand (Lange Herzogstr. vor Hausnr. 58) beim Wolfenbütteler Umweltmarkt Unterschriften unter ein Schreiben sammeln, in dem das BfS aufgefordert wird, den Begriff nicht mehr im Zusammenhang mit Asse II zu verwenden.
Auf der Internetseite der WAAG (http://waagwf.wordpress.com/) ist der bisherige Schriftwechsel mit dem BfS einsehbar, er ist der Stellungnahme an den Umweltausschuss des Bundestages hinterlegt. Wer keinen Internetzugang hat, sich aber trotzdem für den Schriftwechsel interessiert, kann ihn am Stand der WAAG beim Umweltmarkt einsehen.