Stuttgart ist überall! – Geht`s nur noch mit der Lüge?

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„In Zeiten, da Täuschung und Lüge allgegenwärtig sind, ist das Aussprechen der Wahrheit ein revolutionärer Akt!“ (George Orwell in 1984)

Die DDR ist zerfallen, weil die offizielle Verlautbarung nicht mehr zusammenpasste mit der Realität, die das Volk täglich erfuhr. 20 Jahre nach dem Übertritt der DDR in die Bundesrepublik muss daran erinnert werden – zumal vor dem Hintergrund von Stuttgart, Asse, Konrad, Gorleben, Laufzeitverlängerung, Finanzcrash, Privatisierung öffentlichen Eigentums, Schlossfassaden, Re-Feudalisierung, Ent-Demokratisierung, Klientelpolitik und staatlicher Gewalt.

Betrachten wir die Bundesrepublik 2010. Es scheint, dass der gesellschaftliche Grundkonsens von Seiten der Regierenden aufgekündigt wird. Die Menschen in der Republik haben schon seit geraumer Zeit das Gefühl, dass Demokratie von Formal-Demokraten eher verwaltet als bürgernah gestaltet wird. Lobbyisten sitzen in den Ministerien und schreiben sich ihre Gesetze, politische Entscheidungsträger versuchen inzwischen nicht einmal mehr zu verdecken, dass sie als Marionetten am Faden der Finanz-, Atom- und Pharmaindustrie hängen. Und wenn es mit der Bevölkerung nicht klappt, dann wird eine PR-Maschine angeworfen, bei der die Wahrhaftigkeit auf der Strecke bleibt. Und wenn auch das nicht mehr klappt – siehe Stuttgart – wird die Keule rausgeholt, und zwar exakt geplant, kalkuliert und rücksichtslos. Dass nicht einmal mehr auf die eigenen Wähler Rücksicht genommen wird, zeigt, wie sicher sich die Formaldemokraten hinter ihrer Polizeigewalt fühlen.

Demokratie lebt von der Wahrhaftigkeit – die Lüge ist Gift für sie. Stuttgart hat offensichtliche Symbolkraft für das Versagen der politischen Klasse. Natürlich geht es beim unterirdischen Bahnhof nicht um eine rasche Verbindung von Paris nach Bratislawa, sondern Stuttgart 21 ist ein gigantisches Immobilienprojekt, bei dem die Bahnanlagen verkauft werden sollen, damit ein neuer Stadtteil entsteht.

Doch bleiben wir mit einigen Beispielen in der Region: Bei der Atommülllagerung in Asse II wurde selten die Wahrheit gesagt. 40 Jahre wurde von Seiten der Wissenschaft und der Bundes- und Landespolitik schlicht gelogen. Asse II war nie sicher, und es tritt seit Jahrzehnten Wasser ein – so wissen wir heute. Versprochen wird eine „revolutionäre“ Energiepolitik, und dahinter steht die Behinderung alternativer Energien durch eine unverantwortbare Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke. Nachhaltig ist hier nur der Atommüll – über Jahrmillionen. In Braunschweig wurde das versprochene Schloss nie gebaut, sondern eine Fassade vor einem Kaufhaus mit einigen angemieteten Räumlichkeiten. Die Privatisierung des öffentlichen Eigentums in Braunschweig ist ein Verlustgeschäft, wie jede/r weiß, der sich dafür interessiert. Die Liste der Halb- und Unwahrheiten lässt sich beliebig in alle Politikbereiche ausdehnen.

„Bei uns entscheiden die Parlamente, und niemand sonst“, sagte Bahnchef Rüdiger Grube. Auch unser OB Dr. Hoffmann lehnt Bürgerbeteiligung bei wichtigen politischen Entscheidungen entschieden ab (siehe Spaßbad, Schlosspark und diverse Einlassungen über Initiativen). Die Damen und Herrn politische Entscheidungsträger übersehen Eines und Entscheidendes: Unsere Demokratie lebt von der moralischen Legitimation. Vor einer Maultaschen-Justiz auf der Grundlage einer Betriebswirte-Demokratie muss sich der Bürger schützen. Der Re-Feudalisierung muss Einhalt geboten werden. Demokratie ist eine Lebensform, die ständig neu erstritten werden muss – anscheinend vom Bürger auf der Straße! Mit Lügen wird keine moralische Legitimation erreicht, und erst recht nicht mit Polizeigewalt.

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