Gentechnik + Ethik I: Grüne Gentechnik und christliche Schöpfungslehre widersprechen sich nicht

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Am 18. und 19. Februar führte die Evangelische Akademie Abt Jerusalem in Zusammenarbeit mit der Umweltkammer im Theologischen Zentrum der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Braunschweig die Tagung „Natur ohne Lobby? – Verantwortung für die Schöpfung“ durch. Die Landeskirche ist herausgefordert, zu aktuellen agrarethischen Problemfeldern Stellung zu beziehen. Auch steht sie vor der Frage, ob die Verpachtung kirchlicher Ländereien zum probeweisen Anbau von gentechnisch optimiertem Saatgut ethisch-theologisch verantwortbar ist.

Der Tübinger Theologe, Prof. Eilert Herms, referierte über das „Naturverständnis der christlichen Schöpfungslehre“ und führt aus: Die christliche Schöpfung bezieht sich nicht auf einen gleichsam aus dem Zusammenhang der Lebenswirklichkeit heraus getrennten Begriff von „Natur“, sondern auf die „Welt“, in der wir Menschen uns in unserem gemeinschaftlichen, leibhaft natürlichen Personenleben immer schon vorfinden. Der Begriff „Schöpfung“ verweist dabei auf den Ursprung von „Welt“ als den geschaffenen Möglichkeitsraum zur Entfaltung personalen Lebens, dem Prozess des Werdens. Der Bezug auf den „Ursprung“ von Welt bezieht sich einerseits auf die Welt setzende Instanz (Gott als Schöpfer), andererseits auf die alles Leben in der Welt ermöglichende und die Lebensgemeinschaft am Leben erhaltende Instanz (Gott als heilender Versöhner).

Der spezifische Begriff „Natur“ ist gegenüber „Welt“ zu verstehen als der Inbegriff aller in der Welt vorhandenen apersonalen Prozesse, die nach bestimmten immer weiter zu erforschenden Gesetzen verlaufen. Naturwissenschaft ist deshalb die Basis für Technik (als einer Institution gemeinsamen Lebens), die innerhalb der Schöpfung zum Nutzen des gemeinschaftlichen Lebens bestimmt ist.

Forschung und Technik sind nicht von sich aus gerechtfertigt; sie müssen sich am Konsensfindungsprozess über die Nützlichkeit für das Leben in der Welt orientieren. Für Herms ist die grüne Gentechnik nicht vom Teufel. Sie soll – wenn überhaupt – besonnen eingesetzt werden, denn der Nutzen für die Menschheit ist noch nicht zu erkennen.

Das Fazit: Man kann keinen grundsätzlichen Vorbehalt gegenüber der grünen Gentechnik haben, aber es gibt Begleiterscheinungen, die unerträglich sind. Zum Beispiel werden Produzenten in eine Situation der Abhängigkeit gebracht, Bauern werden durch Patentierungsstrategien zu Handlangern der Agrarindustrie degradiert. Offen ist u.a. auch die Frage, ob ein Nebeneinander von gentechnisch optimiertem und Gentechnik freiem Landbau überhaupt realisierbar ist.

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