Der „Rosenbaum-Prozess“ – Erster Akt!

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Nein, und nochmals nein, politische Prozesse gibt es in Deutschland nicht, so ein Gesprächsfetzen von einer Wartenden im überfüllten Flur vor dem Verhandlungsraum des Amtsgerichts Braunschweig kurz vor Verhandlungsbeginn um 11:00 Uhr. Da ist der Dame im Flur nur beizupflichten und hier, beim „Rosenbaum-Prozess“, geht es gleich um mehrere Straftaten, die dem Ratsherrn Peter Rosenbaum zur Last gelegt werden. Straftaten wie, Verstoß gegen das Versammlungsgesetz, Nötigung, Hausfriedensbruch, Nutzung eines Megaphons bei weniger als 50 Demonstranten, Sachbeschädigung. Das alles wiegt schon schwer, so es denn der Wahrheit entspricht.

Dass diese Stadt elf Monate vor der Kommunalwahl 2011 steht, bei der Herr Rosenbaum vielleicht wieder in den Stadtrat gewählt werden möchte, dass Herr Rosenbaum durch Akteneinsichten die Verwaltung kontrolliert und viel Ungereimtes findet und öffentlich werden lässt, dass viele der etablierten Ratspolitiker und ohnehin der Oberbürgermeister Dr. Hoffmann ihn gerne los würden, am besten gleich zusammen mit der Bürgerinitiative Braunschweig (BIBS) im Rat, das kann natürlich nicht verhandelt werden vor dem Amtsgericht, denn das wäre ja politisch. Und dass die Strafanzeigen hauptsächlich von der hoffmannnahen Flughafengesellschaft kommen, liegt an den Eigentumsverhältnissen, die in der Verhandlung wohl noch eine Rolle spielen werden.

Eigentlich hätte ein Verhandlungstag reichen können, wenn der Angeklagte dem Vorschlag des Richters gefolgt wäre.

Dieser hatte im Einvernehmen mit dem Staatsanwalt vor Verhandlungsbeginn vorgeschlagen, die Strafsachen komplett gegen Zahlung zweier Geldbußen einzustellen. Herr Rosenbaum lehnte über seine Rechtsanwältin Barbara Kramer den „deal“ ab, denn damit hätte er die ihm vorgeworfenen Straftaten zugegeben, die strafrechtlichen Vorwürfe also als rechtens bestätigt. Er lehnte ab, weil er jede ihm vorgeworfenen Straftat verhandeln möchte. Das konnte ihm nicht abgeschlagen werden, denn darauf hat er ein Recht.

Nach zwei Stunden Prozessverlauf war klar, dass die Verhandlung mindestens drei weitere Termine benötigt (siehe unten). Eine Zeugenvernehmung fand noch nicht statt. 14 Zeugen, hauptsächlich Polizisten sollen der Wahrheitsfindung zunächst dienen. Wahrscheinlich werden es mehr Zeugen werden, die vor Gericht aussagen sollen, um die Wahrheit zu finden, um die es in diesem Verfahren eigentlich geht.

Der Beginn der Verhandlung gestaltete sich schwierig. Nur 40 Zuschauerplätze standen zur Verfügung, obwohl Frau RAin Kramer rechtzeitig einen größeren Raum beantragt hatte. Weil es der größte Verhandlungssaal war, mussten über die Hälfte der Zuschauer draußen bleiben. Das ging natürlich nur unter lautstarkem Protest der Abgewiesenen.

Doch nun ging`s endlich los. Die Anklage wurde vom Staatsanwalt genauestens verlesen und die vermeintlichen Straftaten mit den passenden Paragrafen belegt. Das war schon beeindruckend für einen unbedarften Zuhörer.

Danach hatte Herr Rosenbaum das Wort. Grundsätzlich ging er zunächst darauf ein, mit welcher Respektlosigkeit er seinen Namen und den seiner Familie in den Akten der Behörden wieder gefunden habe. Dieses Verhalten unbescholtenen Bürgern gegenüber sei unwürdig und einem demokratischen Staat abträglich.

Herr Rosenbaum räumte die Nutzung eines Megaphons ein. Er begründete das mit seiner Verantwortung als Anmelder und zuerst auch Veranstalter der Demonstrationen den Demonstranten gegenüber. Das Gelände im Querumer Forst sei schließlich schwierig und die Demonstranten, die sich im Wald verteilten, mussten informiert werden, vor allem auch, damit sie sich richtig verhalten. Verhältnisse wie in Duisburg, wo niemand für das große Unglück Verantwortung übernehmen wolle, auch der Veranstalter nicht, wären schließlich unzumutbar. Er würde Verantwortung tragen und müsse dieser auch nachkommen können. Ob es nun 30 oder 50 Demonstranten waren oder mehr, könne er gar nicht sagen, weil die meisten im Wald verstreut gewesen sind.

Von einer Sitzblockade auf der Grasseler Straße, wie der Staatsanwalt schriftlich ausgeführt hat, könne schon gar keine Rede sein. Niemand hat dazu aufgerufen, und es fand auch keine statt. Herr Rosenbaum belegte das mit Fotos. Die Demonstranten standen auf der Straße. Dem Vorwurf, dass es dazu keine Genehmigung gab, die Demo hätte nur auf dem Radweg stattfinden dürfen, entgegnete Herr Rosenbaum, dass das unzumutbar gewesen wäre, denn der Radweg sei seinerzeit völlig vereist gewesen, denn Firma Alba hätte nicht geräumt. Das Demonstrationsrecht entsprechend Grundgesetz hätte ansonsten nicht ausgeübt werden können. Insofern war es zwangsläufig, dass auch ein Bus und wenige Autos für wenige Minuten hätten anhalten müssen. Die hätten sich nicht einmal beschwert. Es galt in der Situation das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit abzuwägen gegenüber einer kurzfristigen und auf der Straße nur einseitigen Menschenansammlung. (Fotos legte er als Beweis vor)

Sachbeschädigung kann Herr Rosenbaum schon gar nicht erkennen, nur weil ein Flatterband abgehängt gewesen sei. Ein solches Band könne nicht zerrissen werden und überhaupt: in einem Polizeivermerk sei festgehalten worden, „dass der am Flatterband entstandene Schaden als gering bis gegenstandslos zu betrachten sei, da das Band nach Spannung wieder an den Pfosten gebunden werden konnte“. Im Übrigen stelle sich die Frage, wem es überhaupt gehöre und damit, wer die Strafanzeige stellen dürfe.

Herr Rosenbaum räumte ein, dass er, teilweise mit anderen Demonstranten, auf der Baufläche gewesen ist, die bis ins Frühjahr hinein nicht deutlich markiert war. Es gab zunächst keinen Bauzaun und kein Hinweisschild. Später gab es gelegentlich lückenhaft Flatterbänder. Eine ordnungsgemäße Baustellensicherung, wie es sonst von Behörden immer gefordert wird, wäre nicht oder nur unzulänglich vorhanden gewesen.

Mit der Polizei, so Herr Rosenbaum, gab es eigentlich kaum Ärger. Er habe ihr gegenüber immer mit offenen Karten gespielt und sich an die Anweisungen gehalten. Er schilderte den Kontakt zu den Beamten als offen und freundlich.

Die nächsten Termine im „Rosenbaum-Prozess“:

28.10., 9.15 Uhr E 04 (geänderte Zeit)

5.11. , 12.11. und 19.11. jeweils um 8.30 Uhr in E 06

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