Kurze Auswertung vom 27.Februar:
Das Befürchtete ist nicht eingetreten. Moderator Henning Noske hat die Diskussion so geleitet, dass es allen Beteiligten möglich war, ihre Positionen hinreichend klar zum Ausdruck zu bringen. Auch wenn es einige hitzige Wortwechsel gab und auch das eine oder andere Dem-andern-ins-Wort-Fallen, war die Diskussion insgesamt doch geordnet. Natürlich lässt sich Vieles an so einem Abend nicht abschließend klären, zumal es im Ukrainekrieg und dessen Vorgeschichte eine ganze Reihe von strittigen Fragen gibt. Die Zuschauer haben aber doch einen guten Überblick über die kontroversen Positionen bekommen und auch über die Schlüsselfragen, die für viele noch geklärt werden müssen, so etwa die Frage nach den Verhandlungen im März 2022 in Istanbul (siehe den Hinweis am Ende des folgenden Artikels). Nun darf man gespannt sein, was Redakteur Likus in seinem Bericht über die Veranstaltung schreiben wird. (a.m.)
Artikel vom 19. Februar:
Die Braunschweiger Zeitung veranstaltet am kommenden Montag eine Podiumsdiskussion zum Krieg in der Ukraine: „Krieg ohne Ende? Wie kann ein Frieden gelingen?“ Die von vielen Politikern und vermeintlichen Experten vorausgesagten Erfolge der ukrainischen Offensive sind ausgeblieben, die Ukraine hat das mit einem hohen Blutzoll und mit massiven Zerstörungen bezahlt. Und der Krieg geht weiter, die russischen Truppen sind nun sogar im Vormarsch. Dabei hatten die Verhandlungen im März 2022 (also vor fast zwei Jahren!) die reale Chance geboten, zu einem Friedensschluss zu gelangen, der der Ukraine diese Opfer erspart hätte, und das zu relativ günstigen Bedingungen. Das bestätigt – neben vielen anderen – nicht zuletzt Dawyd Arachamija, der selber als Vertreter der Ukraine an den Verhandlungen beteiligt war.
Sachliche, vorurteilsfreie Diskussion bei Diskriminierung einer Teilnehmerin?
In dieser Situation wäre tatsächlich eine sachliche Diskussion ohne Denkverbote, die die Lage analysiert und nach Auswegen sucht, dringend notwendig. Sie findet sich zwar in manchen amerikanischen Zeitungen, aber in unserer Gesellschaft findet sie bisher leider nicht statt.
Die große Überzahl der Medien tritt dafür ein, noch mehr Waffen zu liefern, weitreichendere und technologisch raffiniertere. Wer sich dafür ausspricht, endlich diplomatische Anstrengungen wenigstens zu versuchen, wird in der Regel diskriminiert – als Handlanger Putins. Das bekommt die Russland-Expertin Krone – Schmalz, von der Braunschweiger Zeitung selbst eingeladen, nun in derselben Zeitung zu spüren: Redakteur Likus hängt ihr etwa in der Ausgabe vom 12.2 „den Beinamen `Putin-Versteherin`“ an und erwähnt den „Vorwurf, sie sei für kremlnahe Unternehmen tätig gewesen“, wobei er offen lässt, ob das eine Beleidigung sei oder in den Zusammenhang des Beinamens gehöre. Redakteurin Richter meint in der Ausgabe vom 17.2., man (!) werfe Frau Krone-Schmalz vor, die Motivation Putins zu verteidigen; sie fragt den ukrainischen Podiumsteilnehmer Piroschik deshalb, wie es ihm bei dem Gedanken gehe, mit ihr an einem Tisch zu sitzen, so, als sei sie eine Aussätzige. Immerhin hatte sich Redakteur Noske selber ein Bild von Frau Krone-Schmalz gemacht, auf der Veranstaltung, die im vergangenen April in der Paulikirche stattfand. Er weiß also, dass sie eben nicht Putins Motivation verteidigt, sondern dessen Angriffskrieg klar verurteilt – dessen ungeachtet aber beharrlich für eine rasche diplomatische Beendigung des Krieges eintritt.
Waffen, Waffen und noch mal Waffen
Da stellt sich die Frage, ob wirklich eine ergebnisoffene Diskussion beabsichtigt ist. Eine Diskussion, in der jeder auf diffamierende Bewertungen des anderen verzichtet, in der jede Position und jedes Argument angehört und geprüft wird und in der dann eine sachliche Auseinandersetzung darüber geführt wird.
Die Zweifel daran werden stärker, wenn man sich die Zusammensetzung des Podiums anschaut. Sechs Personen sind eingeladen, da wäre zunächst General a. D. Wittmann, der meint, es sei „geradezu absurd, wenn der Ukraine Waffen verweigert würden, weil wie ´zu wirksam´ seien“ (BZ vom 6.2.). Eine ziemlich böswillige Unterstellung gegenüber der Bundesregierung, offenbar geht es um die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern, mit denen immerhin ein erhebliches Eskalationspotential verbunden wäre. Weiter spricht Rafael Loss von der Denkfabrik ECFR, der ebenfalls für fortgesetzte Waffenlieferungen plädiert; das sei im Interesse der NATO. Die Dritte im Bunde ist die grüne Europa-Abgeordnete von Cramon, die ihre Partei als „standfestesten und deutlichsten Unterstützer der Ukraine“ feiert und weitere und mehr Waffen fordert: „Wir liefern nicht genug.“ (BZ vom 16.2.); die Ukraine könne diesen Krieg gewinnen. Und dann ist da noch Herr Piroschik vom Verein Freie Ukraine, der ebenfalls meint, es gebe immer noch zu viele Hemmungen, die Ukraine mit ausreichend Waffen zu unterstützen (BZ 17.2.).
Ist da eine faire Diskussion überhaupt möglich – bei dieser Zusammensetzung?
Also vier vertreten also ziemlich genau die Linie, die in den meisten Medien unaufhörlich wiederholt wird, auch in der Braunschweiger Zeitung.
Denen stehen dann zwei gegenüber, Frau Krone-Schmalz und Herr Krämer, der im Hauptberuf als Arzt tätig ist. Er ist, ähnlich wie Herr Piroschik, kein rhetorisch geübter Politiker. Die Gesamtkonstellation ist also für die Minderheitsposition sehr ungünstig, was umso schwerer wiegt, als diese Minderheitsposition in den Medien kaum vorkommt (und wenn doch, dann meist nur in diskriminierender Weise). Um eine einigermaßen faire, offene Diskussion hinzubekommen, müsste diese Position erst einmal Gelegenheit zur ausführlichen Darstellung und Begründung bekommen.
Vermutlich neigt auch der Moderator, Herr Noske, eher der Mehrheitsposition zu. Das ist völlig in Ordnung, solange es nicht in seine Rolle als Leiter der Diskussion einfließt. Allerdings: bei dieser Gesamtkonstellation des Podiums wäre schon eine wahre Meisterleistung erforderlich, um wirklich für eine faire, produktive Diskussion zu sorgen. Aber selbst solch eine Meisterleistung würde wahrscheinlich nicht ausreichen, wenn die Phalanx der Befürworter der Waffenlieferungen ihre zahlenmäßige Überlegenheit ausspielt, die sich einfach in deutlich größerer Redezeit und in der Möglichkeit, einen Zangenangriff auf Frau Krone-Schmalz auszuführen, ausdrückt.
Um den Verdacht offen auszusprechen: die Weichen sind so gestellt, dass das Ergebnis des Abends vermutlich schon feststeht.
Falsche Prognose? Das wäre erfreulich!
Ausführliche Informationen über die Friedensverhandlungen vom März 2022 finden sich im Artikel „Schulenburg, Funke und Kujat: Frieden für die Ukraine“, Braunschweig – Spiegel, 24.11.2023; im ersten Kommentar dazu geht es dann besonders um David Arachamijas Aussagen.


























Aber ist das nicht logisch? Schliesslich ist das eine Veranstaltung der Braunschweiger Zeitung, und kostet Eintritt.
Das offizioese Narrativ ist eindeutig:
Der Diktator Putin will das Imperium errichten und ueberfaellt den friedliebenden Nachbarn.
Die vorherige ‚Antiterroroperation‘ der Westukraine gegen die Ostukraine, bei der (lt. OSZE) 14.000 Menschen starben,
kommt nicht vor, so wenig wie die Nato-Manoever in der Ukraine seit 1995.
Das Narrativ sagt:
Putin ist groessenwahnsinnig: Nach der Ukraine ueberfallen die Russen Europa. Das darf nicht sein, also wird die Ukraine Russland besiegen. Danach wird sie in die EU und in die Nato aufgenommen.
Die Entscheidung wird vermutlich auf dem Schlachtfeld fallen. Ich vermute mal, es koennte alles ganz anders kommen. Das wird nur ungern diskutiert werden.
An einem frueheren Abend war Frau Dagdelen zu Gast.
Wenn ich mich recht erinnere, erhoben sich die Zuhoerer und es wurde auf ukrainisch gesungen.
Zwei gegen den Krieg, vier dafür… Die Zuhörer verteilten ihre Gunst aber etwa fifty/fifty. Seinerzeit bei der letzten Veranstaltung der BZ war es 1:6 und eine Katastrophe für mich, der ich versuchte, Sevim Dagdelen zu unterstützen. Mir als Angehörigem der IPPNW, der seit über vierzig Jahren gegen den Atomkrieg kämpft, fehlte in diesem Artikel und in dem in der BZ eine Erwähnung auf den Fast-Menschheitsuntergangs bei der Kubakrise. Dort wäre es fast zu einem nuklearen Winter gekommen, an dem fast alle Menschen und Tiere, die nicht direkt an Atomwaffen sterben, verhungern würden. Denn dann wird es über 10 Jahre dunkel und eiskalt werden, sodass keine Nahrungspflanzen wachsen können.
Die Menschheit hat eine glückliche Zukunft, wenn sie dies jetzt begreift, wir brauchen gemeinsame Sicherheit, das bedeutet, Gespräche mit den potentiellen Feinden über ihre Sicherheitsbedürfnisse, Kooperation statt Konfrontation!
es ist unerträglich, den immer wiederholten fast-menschheitsuntergang von helmut käss zu verfolgen…seine organisation ippnw gründeten noble menschen. nun ist sie in die falschen hände geraten. bei all den aufzählungen der nato kriege ( die nato hat nur einen krieg geführt in jugoslawien) fehlen immer die kriege, die herr putin geführt hat) wie naiv und borniert muss man sein. in welcher welt lebt dieser mann? kann er nicht endlich aufhören diese brutale weltzerstörung zu beschreiben. wem hilft er damit? er und seine leute mögen all diese veranstaltungen in moskau machen, da gehören sie hin.
Dr.Kaess kann manchmal schon etwas nerven mit seinen Szenarien.
Aber es waren deutsche Luftwaffenoffiziere, die mit „10 oder 20 Taurus die Kertsch-
Bruecke zur Krim zerstoeren“ wollten.
Sie moegen das moralisch und juristisch gerechtfertigt finden und bei einem
russischen Gegenschlag ein Bataillon Anwaelte mobil machen, aber ich fuerchte
sowas kann auch anders eskalieren – das tut es seit Monaten, angefangen mit einer
Lieferung Helme.
Und was die Nato betrifft – es waren auch gerne „Koalitionen der Willigen“, die
Libyen oder den Iran bombardiert haben, oder aus Afghanistan Hals ueber Kopf
fliehen mussten, oder im Irak mit Bulldozern ueber Schuetzengraeben fuhren,
und so Soldaten lebendig begruben, anscheinend auch mit Uranhaltiger Munition
erhoehte Leukaemie-Raten erzeugten. (Das gilt auch fuer panzerbrechende Nato-
Munition in der Ukraine.) Es waren Nato-Laender wie die Tuerkei, die
Nachbarstaaten bombardierten.
Die UNO wurde nicht gefragt, oder einfach belogen – Colin Powell winkte mit
einer Phiole angeblich voll Anthrax im Sicherheitsrat!
Das koennte Hr.Kaess alles aufzaehlen, die Daten und Details nennen, Tote und
Gefluechtete. Das wuerde die Debatte um Fluchtursachen besser beleuchten
(Zahnarztplaetze im Wartezimmer?).
Mehr Praezision und – mit Zickzack-Zimmermann – weniger Naivitaet, bitte!
Liebe Sigrid
Danke Siegreich Saebelzahn. Ich habe den Brief von Sigrid gerade erst gelesen. Wir, Sigrid und ich, sind beide alt und sterben bald. Aber unsere Kinder und Enkel wollen noch eine Zeitlang gut auf dieser Erde leben. Und Einstein https://wp.me/paI27O-1SU hatte Recht, in seinem kurzen Manifest von Russell und Einstein. Natürlich sage ich das immer wieder, aber es reicht ein Auslösen des Abschreckungsfalls dafür, dass alles vernichtet wird. Das müssen wir begreifen und nicht die Augen davor verschließen. Wir müssen endlich erwachsen werden und die Lage der Menschheitsfamilie richtig beurteilen. Wir habe die UN und die Menschenrechte und wir hatten Willy Brandt und Gorbatschow und die „gemeinsame Sicherheit“, die bedeutet, Du musst Deinen potentiellen Konkurrenten fragen, was er für seine Sicherheit braucht. Dann kann mal alle Probleme lösen. Siehe das positive Narrativ: https://helmutkaess.de/willkommen-und-vorschlag-fuer-die-menschheitsfamilie/