Tödliche Folgen des Lockdown?

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Eingefärbte Elektronenmikroskopaufnahme einer Zelle, die Zeichen der Apoptose zeigt und von Sars-CoV-Virenpartikeln (orange) infiziert ist. Bild: NIAID/CC By-2.0

Im Anschluss gibt es einige Gegenargumente zu diesem Artikel und dann zu den Gegenargumenten eine Gegendarstellung von Achim Kleppe.

Tödliche Folgen des Lockdown?

Anlässlich der vielen Einschränkungen unserer Grundrechte seit dem 23. März haben sich manche nachdenklichen Menschen wohl schon einmal gefragt, was mit ihnen im Fall der Fälle passieren wird, z.B. wenn sie auf einer Liste mit Name und Adresse der Polizei gemeldet werden nur weil sie einem Covid-19 positiv getesteten Menschen zu nahe gekommen sind. Was wird ihnen wohl geschehen, wenn erst eine Überwachungs-App existiert und ein Impfstoff? In Dänemark gibt es jetzt schon für diesen zukünftigen Fall ein Gesetz über eine Impfpflicht, d.h. einen Impfzwang. Wie mag es wohl den vielen kranken Menschen gehen, die sich hilflos in ihr Schicksal fügen müssen, dass z.B. ihre Herz- oder Krebsoperation  verschoben wird, weil für völlig gesunde Menschen tausende Krankenhausbetten freigehalten werden müssen. Wirft solch ein Regierungshandeln nicht die Frage nach der Verhältnismäßigkeit auf und danach wie inhuman hunderttausende Schwerkranke in unserer Gesellschaft behandelt werden dürfen? Sollte sich nicht jeder die Gewissensfrage stellen ob er/sie solch eine Politik gutheißen kann. Müssen nicht genauso wie die Folgen einer Corona-Infektion die Folgen eines Lockdown ermittelt werden? Was wäre zu tun, wenn sich herausstellt, dass die Medizin tödlichere Folgen hat als die Krankheit?
Über die Kollateralfolgen des Lockdown hat ein hoher Beamter im Innenministerium eine 93seitige Analyse mit Unterstützung zahlreicher namhafter Wissenschaftler ausgearbeitet und an den Innenminister gesandt. Der Büroleiter von Herrn Seehofer hat die Weiterleitung der Analyse ohne Sachgründe abgelehnt. Der Beamte wurde wegen Weitergabe der Analyse von seinen Dienstpflichten entbunden. Jetzt ist das Papier bekannt geworden, hier ein Auszug zu den möglichen tödlichen Folgen des Lockdown:

“Überblick über die gesundheitlichen Auswirkungen (Schäden) der staatlicherseits verfügten Maßnahmen und Beschränkungen in der Coronakrise 2020 (Stand: 7. Mai 2020 fin) Methodische Vorbemerkungen Aufgeführt sind Risiken, die heute von 10 hochrangigen Experten/Wissenschaftler der jeweiligen Fachrichtungen für grundsätzlich plausibel gehalten worden sind. Die Auswahl der Experten erfolgte zufällig, das Ergebnis kann daher nicht repräsentativ sein. Wichtig für die künftige systematische Erfassung von gesundheitlichen Kollateralschäden in der Pandemie ist, mindestens Spezialisten der hier einbezogenen wissenschaftlichen Disziplinen zu konsultieren. Anders ist eine realistische Gesamt-Bestandsaufnahme nicht möglich.

1. Todesfälle

a. Aufgrund Einschränkungen der Klinikverfügbarkeiten(und Behandlungsmöglichkeiten) verschobene oder abgesagte Operationen: Über alles betrachtet hatten wir im Jahr 2018 insgesamt ca. 17 Mio vollstationärer Patienten mit OPs. Das sind im Schnitt 1,4 Mio Patienten pro Monat. Im März und April wurden 90% aller notwendiger OPs verschoben bzw. nicht durchgeführt. Das heißt 2,5 Mio Menschen wurden in Folge der Regierungsmaßnahmen nicht versorgt. Also 2,5 Mio Patienten wurden in März und April 2020 nicht operiert, obwohl dies nötig gewesen wäre. Die voraussichtliche Sterberate lässt sich nicht seriös einzuschätzen; Vermutungen von Experten gehen von Zahlen zwischen unter 5.000 und bis zu 125.000 Patienten aus, die aufgrund der verschobenen OPs versterben werden/schon verstarben.

b. AufgrundEinschränkungenderKlinikverfügbarkeiten(und Behandlungsmöglichkeiten) verschobene oder abgesagte Folgebehandlungen von (z.B. an Krebs, Schlaganfall oder Herzinfarkt) Erkrankten: Die negativen Wirkungen von unterbrochenen Versorgungsstrukturen bei Tumorpatienten, seien es Krebsnachsorge oder auch unterbrochene Krebsvorsorgeprogramme, wie beim Brustkrebs, liegen auf der Hand, denn diese Maßnahmen haben ja ihren Nutzen in langen Studien belegt und sind auf dieser Basis eingerichtet worden. Es ist auch hier von jährlichen Behandlungszahlen in Millionenhöhe auszugehen. In einem Teil der Fälle werden die Verfügbarkeitseinschränkungen der Kliniken ebenfalls zum vorzeitigen Versterben von Patienten führen. Eine Prognose dieses Effekts ist schwierig. Experten, die sich dazu äußerten, gingen von bis zu mehreren tausend zusätzlichen Toten aus, die bereits in März und April 2020 verstarben oder noch versterben werden.

c. Bei der Versorgung von Pflegebedürftigen (in DEU insgesamt 3,5 Mio. Menschen) sinkt aufgrund von staatlich verfügten Beschränkungen das Versorgungsniveau und die Versorgungsqualität (in Pflegeeinrichtungen, bei ambulanten Pflegediensten sowie bei privat / innerfamiliär durchgeführter Pflege). Da erwiesenermaßen das gute Pflegeniveau in DEU viele Menschen vor dem vorzeitigen Versterben bewahrt (das ist der Grund dafür, dass dafür so viel Geld aufgewendet wird), wird die im März und April 2020 erzwungene Niveauabsenkung vorzeitige Todesfällen ausgelöst haben. Bei 3,5 Mio. Pflegebedürftigen würde eine zusätzliche Todesrate von einem Zehntel Prozent zusätzliche 3.500 Tote ausmachen. Ob es mehr oder weniger sind, ist mangels genauerer Schätzungen nicht bekannt.

d. Zunahmen von Suiziden (bisher durchschn. 9.000proJahr); Gründe für die Zunahme von Suiziden: langeandauernde erhebliche Beeinträchtigung aller Lebensbedingungen, die für psychisch instabile Persönlichkeiten kritisch werden können; aber auch mit zahlreichen Suiziden als Reaktion auf die wirtschaftliche Vernichtung von Existenzen ist zu rechnen; diverse Berufsgruppen, die sich ihrer Belastung durch die gesellschaftlichen und persönlichen Veränderungen und ihrer persönlichen (Mit)Verantwortung nicht gewachsen fühlen.

e. Zusätzliche Todesfälle durch Herzinfarkt und Schlaganfall. Über die letzten Jahre und Jahrzehnte wurden integrierte Konzepte entwickelt, die erfolgreich die Morbidität und Mortalität beeinflusst haben und darauf beruhen, dass möglichst frühzeitig (im Krankheitsverlauf), möglichst rasch (Zeit bis zur Versorgung) und möglichst kompetent eine Versorgung erfolgt. Diese inter-sektoralen/- disziplinären Ketten sind in vielfacher Weise geschädigt (ambulante Versorgung, Ressourcenentzug) und leiden auch maximal darunter, dass bedingt durch einseitige und übertriebene Informationspolitik die Betroffenen unberechtigter Weise Corona mehr als diese Erkrankungen fürchten und Warnzeichen unterdrücken und auch befürchten mit diesen Erkrankungen in der derzeitigen Corona-Fixierung im Krankenhaus nicht gut behandelt zu werden. In Konsequenz suchen derzeit viele Betroffene nicht/zu spät den Arzt auf, was bei diesen Erkrankungen erhöhte Morbidität, verschlechterte Rehabilitation und erhöhte Mortalität bedeutet.“

Gegenargumente zu dem Artikel:

Was wäre geschehen ohne Lockdown – hätten wir dann Verhältnisse wie in England? Wenn die Maßnahmen gegen eine Pandemie gelingen, da die Bevölkerung gut mitmacht, hat man das Problem die Gefährlichkeit hinterher im eigenem Land mit genügend Toten zu belegen – eigentlich sollte man sich dann freuen.

Am Anfang gab es nicht genügend Masken, um den Bedarf außerhalb der Intensivstationen zu decken. Es bestand die Gefahr, dass die geschwächten Patienten nach der Intensivstation durch Covid-19 verstarben.

Die Maßnahmen gegen Corona helfen genauso gegen Grippe und andere Ansteckungskrankheiten. Damit ist es statistisch möglich, das die Todesfälle sogar sinken und nicht steigen.

Zum zitierten Autor selbst:

Zitat aus der Studie des Beamten: „Durch den neuen Virus bestand vermutlich zu keinem Zeitpunkt eine über das Normalmaß hinausgehende Gefahr für die Bevölkerung… Es sterben an Corona im Wesentlichen die Menschen, die statistisch dieses Jahr sterben, weil sie am Ende ihres Lebens angekommen sind und ihr geschwächter Körper sich beliebiger zufälliger Alltagsbelastungen nicht mehr erwehren kann“

Bemerkung dazu: Es gibt mehrere unabhängige Studien, die ein Verlust von durchschnittlich etwa 10 Lebensjahren je Corona-Toten berechnet haben.

Gesagt wird, das der Beamte wegen Weitergabe der Analyse von seinen Dienstpflichten entbunden wurde. Nicht gesagt wird, dass der Verfasser der Analyse 1. den offiziellen Briefkopf des Ministeriums verwendet hat, 2. seine dienstliche E-Mail-Adresse genutzt hat, 3. seine nicht dienstlich erstellte Analyse über einen großen internen und externen Verteiler versandt hat, so dass er über „Tichys Einblicke“ an die Öffentlichkeit gelangte.

In dem angeführten Zitat steht, dass die nicht genannten Wissenschaftler seine Studie grundsätzlich für Plausibel halten, aber nicht, das diese die Studie mit ausgearbeitet haben, wie einleitend gesagt wurde.

Bemerkung: Die Studie stammt demnach wahrscheinlich von einem einzelnen Beamten. (Redaktion)

Die Studie des Beamten.

Gegendarstellung von Achim Kleppe:

Im Kommentar der Redaktion des Braunschweig – Spiegel zu meinem Artikel „Tödliche Folgen des Lockdown?“ vom 15. Mai  heißt es unter der Überschrift „Gegenargumente zu diesem Artikel“:
„In dem angeführten Zitat steht, dass die nicht genannten Wissenschaftler seine Studie grundsätzlich für Plausibel halten, aber nicht, das diese die Studie mit ausgearbeitet haben, wie einleitend gesagt wurde. 

Bemerkung: Die Studie stammt demnach wahrscheinlich von einem einzelnem Beamten. (Redaktion)“ (Rechtschreibfehler im Original)

Hierzu stelle ich fest, die Behauptung und die Bemerkung sind falsch:

1. in dem einleitenden Artikel schreibe ich nicht, dass Wissenschaftler die Studie „mit ausgearbeitet“ haben. Ich schreibe,  dass ein hoher Beamter im Innenministerium die 93seitige Analyse „mit Unterstützung zahlreicher namhafter Wissenschaftler ausgearbeitet“ hat.

2. Die Bemerkung, „Die Studie stammt demnach wahrscheinlich von einem einzelnen Beamten (Redaktion)“ ist ebenfalls unrichtig. Richtig ist, dass sich die Wissenschaftler in einer Presseerklärung ausdrücklich zu ihrer Unterstützung bei der Ausarbeitung der Analyse bekennen. (Quelle)

2 Kommentare

  1. Gut recherchiert… Fehlt noch erhöhtes Sterben durch Trombosen und Embolien (aufgrund mangelnder Bewegungsfreiheiten und eingeschränkter sozialer Aktivitäten)

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