Am 26.10.2024 wurde das Nachhaltigkeitszentrum NHZ am Bohlweg 55 eröffnet. Es war gedacht als ein Ort für „lokale Initiativen und Aktivitäten, die sich mit nachhaltiger Lebensweise, Umwelt- und Klimaschutz beschäftigen“. So heißt es in der Beschreibung im IKSK 2.0 (Integrierten Klimaschutzkonzept). Ein Austausch sollte stattfinden zwischen Stadtverwaltung und verschiedenen lokalen Initiativen. Während der Pilotphase bis Ende 2025 übernimmt die Stadt Personal- und Sachkosten, danach sollen diese durch eine eigene Trägerschaft bereitgestellt werden.
Inzwischen kam es zu Irritationen, weil einige klimabezogene Gruppen nicht für eine Selbstdarstellung oder die Nutzung der Räumlichkeiten zugelassen wurden. Drei Fälle sind dem Autor bekannt:
- Die „BürgerInitiative SüdWest Braunschweig“ mit dem Ziel, ein Gewerbegebiet im genannten Bereich zu verhindern, reichte einen „Steckbrief“ ein, um sich damit im Rahmen der Eröffnung des NHZ vorzustellen (23.10.2024). Der Steckbrief wurde abgelehnt. Begründung: Es geht beim NHZ um die Förderung eines nachhaltigen Alltagsverhaltens (z.B. Ernährung, Mobilität). Dieses Ziel korreliert nicht mit dem Ziel der Bürgerinitiative.
- Ende 2024 wurde eine Vorführung des Films „Verkehrswendestadt Wolfsburg“ nicht zugelassen.
- Der Verein „Bäume für Braunschweig“ bat um Räumlichkeiten, um mit einem Vortrag über die Vereinsarbeit zu berichten. Die Bitte wurde abgelehnt (11.2.2025). Begründung: Solche Aktivitäten werden untersagt, die den gesamtstädtischen Interessen der Stadt (vertreten durch Rat und Verwaltungsspitze) zuwiderlaufen. Die Petition des Vereins hat eine Zielrichtung, die noch nicht durch einen Ratsbeschluss gedeckt sei. Zur Erläuterung: Der Verein setzt sich insbesondere für den Erhalt von alten Stadtbäumen ein. Das zieht u.U. Konflikte mit geplanten städtischen Baumaßnahmen nach sich.
Ist es sinnvoll, die Mitarbeit im NHZ davon abhängig zu machen, ob die jeweiligen Gruppeninteressen mit denen von Verwaltung und Rat zusammenpassen? Diese Bedingung steht völlig im Widerspruch zu dem Ziel einer gelebten Demokratie, wie es im Vorwort des NHZ-Konzeptes beschrieben wird. Es geht doch gerade darum, Politik, Verwaltung und bürgerschaftliche Interessen zu einem Austausch zu bringen. Der Austausch sollte aber auf Augenhöhe geschehen und nicht durch Kontrolle der Verwaltung bestimmt werden. Langfristig wäre die oben genannte Forderung auch deswegen nicht praktikabel, da die Zusammensetzung insbesondere des Rates sich mit jeder Legislaturperiode ändert.
Die thematische Beschränkung auf nachhaltiges Alltagsverhalten ist seitens des IKSK nicht zwingend. Dort heißt es unter 5.1: Lokale Initiativen und Aktivitäten, die sich mit nachhaltiger Lebensweise, Umwelt-und Klimaschutz beschäftigen, werden durch die Bereitstellung finanzieller Mittel und technischer Infrastruktur unterstützt. Es geht also speziell um nachhaltige Lebensweise, aber auch generell um Umwelt- und Klimaschutz. Die als zweites formulierte allgemeine Beschreibung wurde im Konzept herausgestrichen. Diese Engführung erweist sich jetzt als ein Hindernis für eine möglichst offene Diskussion zwischen Verwaltung und Zivilgesellschaft.
Ende dieses Jahres ist die Pilotphase abgeschlossen. Die Fortführung des NHZ sollte in eigener Trägerschaft organisiert werden. Es wird dann die Chance bestehen das Konzept anzupassen. Dabei könnten folgende Veränderungen ergänzt werden:
- Keine Orientierung an Ratsbeschlüssen als Voraussetzung zur Mitarbeit
- Förderung nachhaltiger Lebensweise bleibt Kernaufgabe; darüber hinaus werden auch Gruppen unterstützt, die sich in allgemeinerer Weise mit Umwelt- und Klimaschutz beschäftigen und deren Zielsetzungen dem IKSK 2.0 nicht widersprechen.
„Solche Aktivitäten werden untersagt, die den gesamtstädtischen Interessen der Stadt (vertreten durch Rat und Verwaltungsspitze) zuwiderlaufen.“ Solche Verbote wurden zu DDR- Zeiten immer als typisch für den zentralistisch- diktatorischen Staat geächtet. Nun leben wir in einer Demokratie- noch. Lasst uns alles dafür tun, dass das so erhalten wird und der Bürgerwille seinen Platz bekommt, seinen nachhaltigen! Wohin wollen wir? Mit wem? Die Bürgerinitiativen haben ja allen Grund, öffentlich aktiv für die Umwelt, den Frieden und den Klimaschutz einzutreten. Demokratische VolksvertreterInnen sollten stolz auf solche BürgerInnen sein und sie nicht absschotten oder gar verbieten!
So, wie das NHZ jetzt aufgestellt ist, verfolgt es das Konzept vom „ökologischen Fußabdruck“, dass bekanntlich BP im Auftrag der fossilen Lobby etabliert hat, um die Aufmerksamkeit der Bürger:innen auf eine vermeintlich eigene Mitschuld zu lenken. Damit lenkt die fossile Lobby erfolgreich davon ab, dass sie zum weitaus größten Teil Hauptverursacherin der tödlichen Klimakatastrophe ist.
Da das NHZ diese Nebelkerzen unterstützt, stellt es sich leider gegen die für Klimaschutz engagierte Zivilgesellschaft. Das war mal anders geplant. Ich fühle mich da irgendwie betrogen!