Hans Sommers Lobhudeleien für einen „Städtebezwinger“ und Kolonialisten

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Prof. Dr. Hans Sommer. Nach ihm ist die Hans Sommer Str. benannt.

So langsam wird der Streit über die Verdienste von Prof. Hans Sommer zwischen Sebastian Barnstorf und den offiziellen Wahrern der braunschweigischen Geschichte, Herr Mauruschat und Herrn Henning Steinführer, kompliziert und für den B-S nicht mehr geeignet. Trotzdem wollen wir für diejenigen, die besonders an dem Thema interessiert sind, den Disput dokumentarisch fortführen. Deshalb bieten wir den kompletten Disput beim Geschichtsblog https://histbrun.hypotheses.org/2579 an. Zusätzlich wird der Brief von Herrn Barnstorf an Herrn Steinführer, erschienen im Braunschweig-Spiegel („Historiker kochen auch nur mit Wasser“), verlinkt.

Nachdem in der Debatte über die Haltung des Braunschweiger Mathematikers und Komponisten Hans Sommer (1837-1922) sich der Archivverwalter und Urenkel Hans Sommers eingeschaltet hat, müssen auch die von ihm vorgebrachten Argumente korrigiert werden. Damit wird auch Sommer verehrte Person des General Maercker noch etwas klarer beleuchtet – nach wertvollen Hinweisen von Dr. Ingeborg Gerlach, Heide Janicki und der umfangreichen Ausarbeitung von Claus Kristen („Ein Leben in Manneszucht“ – Von Kolonien und Novemberrevolution. „Städtebezwinger“ Georg Maercker“). Und auch General Maercker kommt zu Wort.

2 Kommentare

  1. Sehr geehrte Redaktion,

    richtig, ich habe mich zweimal in die Diskussion eingeschaltet, die sich nicht, wie Sie schreiben, «um Verdienste von Prof. Hans Sommer» dreht, sondern um ein angeblich ungebührliches öffentliches Verhalten Hans Sommers (1837-1922).
    Das erste Mal tat ich dies, weil der ‚Ankläger‘ Sebastian Barnstorf in einer Antwort auf eine Kritik eines Historikers an ihm in einem Geschichtsblog (quasi von Mitglied des Geschichtsvereins zu Mitglied des Geschichtsvereins), der ihm fahrlässigen Umgang mit historischem Quellenmaterial vorwarf, die möglichst breite Öffentlichkeit suchte (unter anderem hier, im Braunschweig Spiegel, unter der Überschrift «Historiker kochen auch nur mit Wasser»). Da Herr Barnstorf abstritt (in einem Tonfall wie diesem: «In meiner Erwiderung habe ich mich ausnahmsweise mal auf das Niveau seiner Reaktion eingelassen»), irgendwelche Fehler in Bezug auf die Interpretation von Quellen aus unserem Archiv gemacht zu haben, meinte ich, dem Historiker beispringen zu müssen, da er recht hatte, denn es war beispielsweise für mich mit der zusätzlichen Kenntnis von vielen Jahren Forschung an unseren Materialien möglich, einen der beiden Briefentwürfe, die Herr Barnstorf bei der Veröffentlichung von seinen Vorwürfen, Hans Sommer sei «Gegner der Revolution 1918/19» gewesen als Beleg heranführt und zitiert hatte, auf mindestens nach August 1920 datieren zu können. Der Brief ist also eineinhalb bis zwei Jahre später – wenn der Entwurf denn abgeschickt wurde – Generalmajor Georg Maercker zugestellt worden, und kann als Beleg für Herrn Barnstorfs These demnach nicht mit herangeführt werden, wenn dort auch gar kein direkter Bezug zu Ereignissen in Braunschweig vorhanden ist, sondern nur interpretiert werden muss. Ich empfahl Herrn Barnstorf daher, bevor man Kritik eines Historikers auf einem Gebiet, in dem sich Historiker nun einmal auskennen, einfach in Bausch und Bogen abtut, sich mit der Kritik auseinanderzusetzen und möglicherweise anzunehmen, da auch weiteres in Herrn Barnstorfs öffentlicher Anklage in ‚Unser Braunschweig‘ sehr fragwürdig zu sein schien. Es handelte sich doch in dem Fall um keine politische Auseinandersetzung, in der ein politischer Gegner eine unliebsame Meinung unterdrücken möchte, sondern es ging um die Art, wie historische Quellen genutzt werden, um Behauptungen aufzustellen. Um meine Aussage zu stützen, hatte ich mich bemüht, Fakten oder Stellungnahmen aus möglichst neutralen Quellen wie der Webseite der Bundeszentrale für politische Bildung oder dem Handbuch der Deutschen Bildungsgeschichte beizubringen. In der Darstellung der Geschehnisse beim Einzug Generalmajors Georg Maerckers in Braunschweig im April 1919 hatte ich mich auf Wikipedia gestützt, da hier keine Interpretation der Geschehnisse vorlag, sondern – so mein Eindruck – eine Schilderung des Ablaufs. Die Quellen habe ich stets korrekt angegeben, auch auf Wikipedia verwiesen.

    Das zweite Mal habe ich mich eingeschaltet, weil mich Herr Barnstorf persönlich angegriffen hat, eine Deutungshoheit bei Quellen aus unserem Archiv zu beanspruchen und weil er behauptete, er hätte etwas veröffentlicht, was wir, die Nachfahren Hans Sommers, versucht hätten «unter dem Deckel» zu halten. Ich erinnerte ihn in dieser zweiten Stellungnahme daran, dass ein Schriftwechsel zwischen mir und ihm aus dem Jahr 2018 vorliegt, aus dem hervorgeht, dass nicht er die Materialien bei uns recherchiert hat, sondern dass ich ihm den Briefwechsel zwischen Hans Sommer und Georg Maercker ungefragt, nach eigener Recherche, ohne irgendetwas zurückzuhalten und ohne irgendwelche Vorbehalte für seine Veranstaltung, die er seinerzeit vorbereitete, zur Verfügung gestellt hatte.

    Wie die Person Georg Maercker in der Geschichtsschreibung mit all seinen Taten und Beziehungen zu Zeitgenossen heutzutage gesehen wird, war nie mein Thema und wird es nie sein. Nur, jeder Geschichtsinteressierte sollte sich in dem Zusammenhang die Frage stellen, was a) Hans Sommer zu seiner Zeit von Georg Maercker wohl gewusst hat (ohne die Möglichkeit, jemanden erst googlen zu können, bevor man mit ihm in Kontakt tritt), b) was man bei recht überschaubarer Quellenlage aus Quellen herauslesen und hineininterpretieren darf und ob das c) ausreicht, jemand in der Form, wie es geschehen ist und weiter geschieht, öffentlich an den Pranger zu stellen.

    Freundliche Grüsse,

    Hans-Christoph Mauruschat

  2. Sehr geehrte Herren Mauruschat und Steinführer,
    um es kurz zu machen: ich freue mich über den konzilianteren Tonfall bei Herrn Steinführer, geäußert im Geschichtsblog (https://histbrun.hypotheses.org/2579)! Und ebenso wie der Geschichtsverein hatte ich Herrn Mauruschat mehrfach angeboten, in meiner Funktion als Vorstandsmitglied des Richard-Wagner-Verbands Braunschweig in unserer nächsten Sitzung vorzuschlagen, eine Hans-Sommer-Veranstaltung in Braunschweig zu organisieren. Dazu stehe ich weiterhin, denn Hans Sommer als Komponist ist gut! Auf Ihren oben noch deutlicher als bisher zu Tage tretenden, angefassten und anklagenden Tonfall gehe ich hier nicht weiter ein.
    Denn: Inhaltlich führt das nicht weiter. Immer wieder wird versucht, aus einer Stärkeposition der Geschichtswissenschaft heraus nach unten zu blicken. Aus mir wird ein BIBS-Kämpfer, der angeblich Hans Sommer diskreditiert, schlechte Quellenkritik betreibt etc…. Ihre Meinung ist nachvollziehbar, wenngleich ich sie inhaltlich für kaum haltbar erachte. Wir werden wir uns hier immer weiter im Kreise drehen.
    Claus Kristen, der Verfasser des Buches über General Maercker hat mir geschrieben (und mit diesen Zeilen möchte ich schließen): „Selbst wenn Hans Sommer von den kolonialen Tätigkeiten des Georg Maercker nichts gewusst haben sollte und ihm lediglich als „Befreier“ Braunschweigs lobhudelt, reicht das, um seine politische Gesinnung zu erkennen. Auch die Ausführungen der Herren Mauruschat und Steinführer (bei diesem etwas dezenter) sind von der Grundauffassung geprägt, der Einmarsch Maerckers im Aprill 1919 sei rechtmäßig gewesen.
    „… der General handelte im April 1919 im Auftrag der SPD-geführten Reichsregierung und ermöglichte der demokratisch gewählten Regierung in Braunschweig die Aufnahme ihrer Arbeit“, schreibt Herr Steinführer. Tatsächlich setzte Maercker die verfassungsgemäß gewählte Landesregierung ab, die aus einer SPD-USPD-Koalition bestand und ließ deren Mitglieder Oerter und Eckardt unter Verletzung der Abgeordnetenimmunität verhaften. Er forderte eine ihm genehme Umgestaltung des Kabinetts, anderenfalls werde er selbst die Regierung als Militärdiktatur ausüben. Auf Verhandlungen, die ihm der Ältestenrat des Landtags mehrmals anbot, ließ er sich nicht ein. Der Generalstreik in Braunschweig sei zum Zeitpunkt des Einmarsches bereits abgebrochen. Sein Vorgehen sei damit ungesetzlich – diese Position vertraten auch die Mehrheitssozialdemokraten.

    Die Reichsregierung hatte ihre Versprechen – Sozialisierung und Demilitarisierung – nicht eingehalten und stattdessen im Bündnis mit dem alten Militär alle Bewegungen, die sich für diese Forderungen einsetzten, blutig bekämpft. Der Aufstand im Januar 1919 in Berlin wurde militärisch niedergeschlagen, ebenso die Bremer Räterepublik im Februar, im März kam es während der „Märzkämpfe“ zu Massakern an Berliner ArbeiterInnen, Maercker hatte bis zum April in Gotha, Halle und Magdeburg für „Ordnung“ gesorgt. Ist es ein Wunder, dass Maerckers Einmarsch im April in Braunschweig unter dem Jubel des Bürgertums stattfand,während sich ein anderer Teil der Bevölkerung zähneknirschend zurückzog? Maerckers Devise war eindeutig: „Die Truppen hatten den Befehl erhalten, jeden Widerstand unter Anwendung der wirksamsten Waffen zu brechen. Wer sich mit Waffen widersetzte, sollte ohne weiteres erschossen werden.“

    Herr Mauruschat zitiert aus einem Brief Hans Sommers an General Maercker, geschrieben im Sommer 1919: «Euer Hochwohlgeborenen so vortrefflich geleitetes und mit tapferen Truppen kraftvoll durchgeführtes Eingreifen hat Braunschweig aus jener schweren Bedrängnis errettet.» Besser kann der Klassenstandpunkt Sommers nicht beschrieben werden.“

    Beste Grüße
    Sebastian Barnstorf

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