Gedenkstätte Braunschweig-Buchhorst erinnert nicht nur an Opfer der NS-Justiz, …

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Die neue Stele zum Gedenken an die Opfer in der Buchhorst. Foto: Hanna Märgner-Beu

…. sondern auch an das Engagement der Zivilgesellschaft und die Versäumnisse über die Täter zu informieren.

Fast 20 Jahre sind es nun her, dass Frieder Schöbel vom Friedenszentrum Braunschweig gemeinsam mit dem damaligen Kloster- und Studienfond die Initiative ergriff, um den Erschossenen in der Buchhorst Ehre zu erweisen. Er und das Friedenszentrum eröffneten im November 2003 mit Petra Förster, Kunstprofessorin an der HBK, das Denkmal im Schießstand der Buchhorst. Das Denkmal, als Kunstobjekt gestaltet, bestand aus Ziegelsteinskulpturen und aus blutroten Fäden, die ausgehend vom Schützen in den Schießstand reichten, um den Verlauf der tödlichen Kugeln zu symbolisieren.

Die Stele nach der Eröffnung vor der Schießanlage in der Buchhorst Foto: Hanna Märgner-Beu

Im Verlaufe der Jahre ist das Denkmal durch Witterungseinflüsse zerstört worden. Das Friedenszentrum hatte nicht mehr die Kapazitäten, um das Denkmal zu erhalten. Insofern ist es ein Glück, dass die Gedenkstätte Wolfenbüttel im letzten Jahr aktiv wurde und eine Stele als Erinnerungsort im November 2021 aufstellte. Diese wurde aber vor der Einweihung durch ein Feuer zerstört.

Nun ist am Donnerstag in der Buchhorst eine Gedenktafel zur Erinnerung an die Opfer der NS-Justiz freigegeben worden. Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) bezeichnete die Stele als „weiteren Impuls für eine reflektierte Auseinandersetzung mit den Verbrechen der NS-Zeit“. Leider erwähnte er in seiner Rede die „Blut-Juristen“ namentlich nicht, die zuständig waren für die Urteile und das Kommando für den Vollzug. Es stellt sich die Frage, ob die Taten dieser „Blut-Juristen“ von der Gedenkstätte in Wolfenbüttel überhaupt aufgearbeitet wurden.

Die Infotafel ist das Ergebnis eines Forschungsprojekts mit dem nach Angaben der Initiatoren an „mindestens 25 Soldaten und Zivilisten“ erinnert werden soll, die während der NS-Zeit auf dem Buchhorst-Gelände hingerichtet wurden. Minister Tonne, in seiner Funktion als Vorsitzender des Stiftungsrats der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten in Braunschweig, machte zu Recht auch auf die zahlreichen, teils massiven Rechtsverstöße und Verharmlosungen der NS-Zeit durch Neonazis und andere Rechtsextreme aufmerksam. „Dieser gefährlichen Entwicklung müssen wir uns entschieden entgegenstellen“, sagte er.

Der Reden wurden viele gehalten vor der Eröffnung. Siehe ministerieller Bericht unten. Foto: Hanna Märgner-Beu

Im Gegensatz zu allen anderen Rednern hob Oberbürgermeister Kornblum die erinnerungswürdige Bedeutung des Friedenszentrums Braunschweig hervor. Und damit hatte er recht. Blickt man in die Geschichte der Erinnerungskultur der Bundesrepublik zurück wird man feststellen, dass fast alle Gedenkorte, die an die Verbrechen der Deutschen in der Nazi-Zeit erinnern, auf das Engagement der Zivilbevölkerung zurückzuführen sind. Sei es für unsere Region beispielhaft den baulichen Erhalt der Hinrichtungsstätte in der JVA Wolfenbüttel oder die Gründung der Gedenkstätte Wolfenbüttel. Hauptinitiatoren waren der wolfenbütteler Bürger Dr. Helmut Kramer oder bei der Gedenkstätte in der Buchhorst Frieder Schöbel. Von der Leiterin der Gedenkstätte, Frau Martina Staats, ist noch nie ein Wort der Würdigung oder gar des Dankes an die Zivilgesellschaft über die Lippen gekommen – dabei ist dieses Engagement die Grundlage jeder erfolgreichen Gedenkstättenarbeit.

Überraschend viele Menschen waren an diesen entlegenen Ort in der Buchhorst zum Ort des Verbrechens gekommen: Foto: Hanna Märgner-Beu

Was in den oft beeindruckenden Gedenkreden der Offiziellen auch immer wieder vergessen wird sind die Täter. Allenfalls werden sie am Rande erwähnt oder als die „Nazi-Verbrecher“ bezeichnet – also anonymisiert. In diesem Kontext sei an folgendes Buch erinnert, das auch aus der Zivilgesellschaft der Stadt kam: „Braunschweig unterm Hakenkreuz“. Insbesondere auch in Niedersachsen wollte man sich offiziell nicht um die Täter kümmern, sodass die Gedenkstätte Wolfenbüttel den furchbaren Tätern in den Richterroben keinen Schwerpunkt in der Ausstellung einräumt. Auch dafür ist Minister Tonne und die Stiftung „Niedersächsische Gedenkstätten “ verantwortlich. Alle Verantwortlichen waren bei der Einweihung der Stele in der Buchhorst dabei und hielten teils denkwürdige Reden.

Lesen Sie hier die Rede von Minister Hendrik Tonne: „Neue Informationsstele erinnert an Opfer der NS-Justiz an der Gedenkstätte Braunschweig-Buchhorst. Minister Tonne: Weiteres Zeichen für Offenheit, Vielfalt, Toleranz und Solidarität“

2 Kommentare

  1. Sehr gut herausgearbeitet, dass es auch hier Initiativen der Zivilgesellschaft waren, sodass die NS-Geschichte nicht einfach „vergessen“ wird; soweit zieht die Politik mittlerweile mit. Aber wahr ist auch, dass die Politik sich schwertut, wenn es um die Täter geht:

    Oder wüsste jemand von Staatsanwälten oder Richtern, die nach ´45 für ihr Wirken in der NS-Zeit zur Verantwortung gezogen wurden?

    Im Gegenteil, der oben im Text erwähnte Aufklärer und Mahner, Dr. Helmut Kramer, wird immer noch gemieden und in den offiziellen Gremien in Wolfenbüttel ausgegrenzt – Nestbeschmutzer eben …

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