Fragen zur Korruption in der Finanzverwaltung

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Stilmischmasch im Stadtzentrum: Neugotik des 19. Jahrhunderts, gekachelte Zweckbauten und bescheidene Großstadt-Moderne auf engstem Raum
Korruption in Rathäusern ist grundsätzlich nicht ungewöhnlich. Wichtig ist wie damit umgegangen wird. Foto: Uwe Meier

Warum wurden die zuständigen Ratsgremien nicht informiert?

Öffentlichkeit und Ratsgremien wurden von einem Bericht der Braunschweiger Zeitung vom 25. August 2021 über Korruption bzw. gewerbsmäßigen Untreue in der Finanzverwaltung in den Jahren 2011-2015 völlig überrascht. Nicht die Tatsache an sich, dass es Korruption in der Verwaltung immer wieder gibt ist hier skandalös zu nennen, sondern der Mantel des Schweigens, den die Braunschweiger Verwaltung über den Fall gelegt hat.

Warum kam weder die Verwaltung unter dem ehemaligen Oberbürgermeister Dr. Gert Hoffmann, noch die nachfolgende Verwaltungsführung unter Oberbürgermeister Ulrich Markurth einer Unterrichtungspflicht der zuständigen Ratsgremien nach? Recht ausführlich gab die Verwaltung der Braunschweiger Zeitung Auskunft über die seit 2015 bekanntgewordenen Bestechungsvorwürfe gegen einen Beamten/Angestellten der städtischen Finanzverwaltung, der von einer ganzen Reihe von Glücksspielbetreibern Bestechungsgelder verlangt und erhalten haben soll (siehe BZ-Artikel vom 25. August).

Die zuständigen Ratsgremien sind bisher durch die BZ informiert. Danach beträgt der Schaden für die Stadt 721.608 €. 140 Fälle der gewerbsmäßigen Untreue wurden genannt. „Die Finanzverwaltung hätte den Finanz-und Personalausschuss bzw. den Verwaltungsausschuss umgehend unterrichten müssen, zumal der Vorgang ja ausgearbeitet der Verwaltung seit sechs Jahren vorliegt“, so der aufgebrachte Ratsherr Peter Rosenbaum von der BIBS.

Dem Braunschweig-Spiegel stellt sich zudem die Frage, ob andere Ratsmitglieder vielleicht informiert waren, weil bisher nur Peter Rosenbaum seine Rechte und Pflichten im Rat verletzt sieht, denn schließlich soll der Rat die Verwaltung kontrollieren. Oder erkennen die anderen Ratsmitglieder die Tragweite des Problems nicht?

RH Rosenbaum ist jedenfalls fest entschlossen nachzuhaken und hat an die Verwaltung Fragen gerichtet:

1. Warum wurde über die Straftat der Untreue des Beamten weder der Finanz-und Personalausschuss noch der Verwaltungsausschuss in Kenntnis gesetzt? 

2. Warum wurde über den verursachten Einnahme-/Steuerschaden nicht dem Finanzausschuss berichtet?

3. Im Artikel der BZ wird berichtet, dass eine ganze Reihe von Spielhallen-Betreibern die Bestechungsgelder gezahlt haben sollen – die Rede ist von acht Spielhallenbetreibern. Um welche Spielhallen handelt es sich?

4. Zwar wurden gemäß der seinerzeit beschlossenen „Korruptionsprävention“ sofortnach Aufdeckung der Korruption im Jahre 2015 vorbeugende Gegenmaßnahmen eingeleitet (z.B. das Vier-Augen-Prinzip, personelle Konsequenzen gegen den Beschuldigten), aber welchen Sachstand gibt es im Strafverfahren.

a) gegen den beschuldigten Beamten?

b) gegen zwei der „acht Geschäftsleute im Spielhallen-Milieu“ sollen die Verfahren bereits gegen Zahlung von 4.500 € eingestellt worden sein. Hat die Stadt als Nebenkläger in diesem Verfahren so zugestimmt?- Wenn ja, warum?

5. Wieviel Prozent aller Spielhallen in BS sind betroffen, um welche Spielhallen handelt es sich?

6. Bestehen durch die Bestechungen die Voraussetzungen, dem Betreiber die Erlaubnis für sein Gewerbe zu entziehen?

7. Wurde der Sachverhalt der Bildung einer kriminellen Vereinigung gemäß § 129Strafgesetzbuch geprüft?

Rosenbaum, hoch misstrauisch geworden, hat Einsicht in die Akten der beschriebenen Vorgänge beantragt und die Vorlage eines ausführlichen Berichtes der Finanzverwaltung bis zur nächsten Sitzung des Finanz-und Personalausschusses am 16.09.2021 gefordert.

Durch den Artikel in der BZ vom 25.August ist auch der „Bund der Steuerzahler“ auf die kriminellen Vorgänge in der braunschweiger Finanzverwaltung aufmerksam geworden. Lesen Sie hier deren Brief an den Oberbürgermeister Markurth.

3 Kommentare

  1. Bis zur Minute gibt es für die Ratsmitglieder keine Information an die zur Überwachung der Verwaltung berufenen Rats-Gremien.

    Selbst das Casino-Fachmagazin zeigt sich vom Ausmaß des Bestechungs-Skandals überrascht
    https://www.casinoonline.de/nachrichten/beamter-von-spielhallenbetreibern-bestochen-58129/

    … und hinterfragt das Versagen des Rathauses bei der eigenen „Korruptions-Prävention“:

    so … „gebe es in Braunschweig seit 2003 eine eigens hierfür eingerichtete Stelle für Korruptionsprävention. Diese solle Gegenmaßnahmen entwickeln und Verdachtsfälle prüfen.
    Im nun zu verhandelnden Fall, für den es noch keinen Prozesstermin gebe, scheint die Korruptionsstelle jedoch nicht erfolgreich gewesen zu sein“,

    resümmiert das Magazin …

    So ist es – jetzt müssen die Akten auf den Tisch und die selbstherrlichen Dezernate der Verwaltung schärfer kontrolliert werden.

  2. Nachfragen zu verheimlichten Schmiergeldzahlungen bringen Rathaus zwar auf Trap
    – aber man redet sich raus und wirft Nebelkerzen.

    Die Nachfragen seitens der BIBS zu bandenmäßiger Korruption aus dem Spielhallen-Milieu werden mit Belanglosigkeiten beantwortet:
    Auszug aus der BZ vom 31.8.2021:
    „Auch BIBS-Ratsherr Peter Rosenbaum fordert von der Stadt einer Pressemitteilung zufolge eine umfassende Aufklärung des Rates über die mutmaßliche Veruntreuung von Steuergeld. Öffentlichkeit und Ratsgremien seien von dem Bericht in unserer Zeitung völlig überrascht worden, kritisiert Rosenbaum.

    Dem allerdings widerspricht die Stadtverwaltung: Dem Finanz- und Personalausschuss sei in einer Mitteilung vom 14. September 2017 schriftlich über die Vergehen, den Schaden sowie die eingeleiteten Maßnahmen berichtet worden. „Dieser Mitteilung war der Bericht zu einer Sonderprüfung des Rechnungsprüfungsamtes beigefügt, aus dem sich die genauen Zahlen ergaben. Daraus wurde auch ersichtlich, dass ein Schaden von etwa 720.000 Euro entstanden war.“
    (https://www.braunschweiger-zeitung.de/…/Korruption-im… )
    Indes wurden die Informationen an die Ratsgremien vertraulich behandelt. So sei es üblich. Schon mit Blick darauf, dass bisher das Strafverfahren gegen den Mitarbeiter nicht abgeschlossen ist, also keine Verurteilung vorliegt, verbietet es sich, diese Information einer größeren Öffentlichkeit zu geben,“ heißt es seitens der Stadtverwaltung.“ (BZ, wie im link)

    Es geht aber nicht nur um „Veruntreuung durch den städtischen Beamten“, sondern es geht vor allem auch um die Schmiergeld-Zahlungen an diesen Beamten durch acht Spielhalllen-„Geschäftsleute“.
    Darf leider nicht veröffentlicht werden, ist ja alles vertraulich … wie schade, denn – soviel sei verraten – da wurde 2 Jahre nach der systematischen Bestechung nur berichtet über
    „Unregelmäßigkeiten bei der Sachbearbeitung“ bei der Erhebung von Vergnügungssteuer.

    – Kein Sterbenswort von den Schmiergeldzahlungen,
    – kein Wort von einem kriminellen Netzwerk im Spielhallen-Milieu,
    – keine Antwort auch auf die Nachfragen zum offensichtlichen Versagen der sog. „Korruptions-Prävention“ des Rathauses und
    – keine Erklärung, warum die zuständigen Ratsgremien nicht auf dem Laufenden gehalten worden sind.

    Ist wohl alles sehr unangenehm, zumal mitten in den bereits laufenden Kommunalwahlen.

    Die BIBS-Fraktion hat dazu bereits Ende letzter Woche am 27.8. die Offenlegung gefordert und dazu AKTEN-EINSICHT beantragt.

  3. Die Verwaltung antwortet jetzt – allerdings wieder nur häppchenweise, Zitat aus der Mitteilung von eben am 31.8.2021:

    „In der Zeit von 2012 bis 2015 waren in Braunschweig zwischen 68 und 72 Spielhallen in Betrieb. Von der Unregelmäßigkeit waren demnach zwischen 10 und 12 % aller Spielhallen in Braunschweig betroffen.“ ( Drucksache 21-16821 Stellungnahme vom 31.8.2021)

    – Nichts von den Schmiergeldzahlungen,
    – kein Wort über ein mögliches kriminelles Netzwerk im Spielhallen-Milieu,
    – keine Antwort auch auf die Nachfragen zum offensichtlichen Versagen der sog. „Korruptions-Prävention“ des Rathauses und
    – keine Erklärung, warum die zuständigen Ratsgremien nicht auf dem Laufenden gehalten worden sind und auch
    – keine Erklärung, warum der ganze Vorgang unter dem Deckmantel der Vertraulichkeit der Öffentlichkeit entzogen werden sollte.

    Es sei üblich, dass zunächst eine Sachverhaltsaufklärung erfolgt, um die politischen Gremien auf fundierter Grundlage zu informieren, so die Mitteilung des Rathauses.

    Fragt sich, wieviel Jahre nach Meinung der Verwaltung da noch vergehen sollen … ?

    Auf das Aktenstudium darf man gespannt sein.

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