Elke Almut Dieter und Inge Gerlach vom Friedenszentrum:
Verteidigungsminister Pistorius will die deutsche Gesellschaft „kriegstüchtig“ machen und fordert „Mentalitätswechsel“, erklärt zudem Kritik an NATO oder EU zur Gefährdung der nationalen „Sicherheit“.
Verteidigungsminister Boris Pistorius sucht die deutsche Bevölkerung auf einen möglichen Krieg einzuschwören und fordert, die Bundesrepublik müsse „kriegstüchtig werden“. „Wir müssen uns wieder an den Gedanken gewöhnen, dass die Gefahr eines Krieges in Europa drohen könnte“, äußerte Pistorius am Sonntagabend. Seine Forderung hat er am gestrigen Dienstag bekräftigt.
Bereits am Freitag hatte er in einer Rede an der Hamburger Führungsakademie der Bundeswehr vor rund 300 Offizieren erklärt, die 100 Milliarden Euro Sonderschulden („Sondervermögen“), die Kanzler Olaf Scholz unmittelbar nach Beginn des Ukraine-Kriegs zur Aufrüstung der Bundeswehr bereitgestellt hatte, reichten allenfalls bis 2027 oder 2028 aus. Vizekanzler Robert Habeck spricht sich bereits heute ausdrücklich für ein zweites Schuldenprogramm zur Finanzierung der weiteren Waffenbeschaffung aus.
Weil Deutschland militärisch auf Bündnisse angewiesen sei, erklärt Pistorius Kritik an NATO und EU zur Gefährdung der „Sicherheit Deutschlands“; er engt damit die Bandbreite öffentlich akzeptierter Meinungen weiter ein. Darüber hinaus dringt er auf einen „Mentalitätswechsel“ in der Bevölkerung hin zu größerer „Wehrhaftigkeit“.
Kommentar von Elke Almut Dieter
Nach den Ankündigungen von Herrn Minister Pistorius, habe ich den Eindruck, dass unser Staat nichts Eiligeres zu tun hat, als einen Krieg in der Ukraine zu führen – als Vertreter unseres Bündnispartners USA:
– Statt sich an den Gedanken eines Krieges zu gewöhnen , sollte sich unser Staat für sofortigen Waffenstillstand in den bestehenden Kriegen und für ein friedliches Miteinander einsetzen
– Statt einer Aufrüstung durch Schulden sollten viele notwendige zivile Aufgaben finanziert werden: Krankenhäuser, Schulen, die marode Infrastruktur.
– Deutschland in einer Führungsrolle in Litauen?? Warum sollte ausgerechnet das belastete Deutschland eine militärische Führungsrolle gegen Russland übernehmen? Deutschland sollte keinen Krieg mehr führen!
– Wenn aus Sorge, dass Kritik an unseren Bündnispartnern NATO und EU die Sicherheit Deutschlands gefährdet, geschwiegen wird, ist die Meinungsfreiheit stark eingeschränkt.
Ich bin auch weiterhin der Meinung, dass Kriege eine verfehlte Politik sind und politische Lösungen durch Diplomatie, Verhandlungen und Verträge nicht ersetzen können. Kriege sind ein Verbrechen an den Menschen, an der Kultur und an der Umwelt.
Wir protestieren gegen die kriegsvorbereitende Politik von Pistorius und fordern die Regierung auf, sich für sofortigen Waffenstillstand in den bestehenden Kriegen einzusetzen , sich für ein Ende aller bestehenden Kriege einzusetzen, statt der uneingeschränkten Solidarität mit kriegsführenden Staaten lieber die unter dem Krieg leidenden Menschen zu unterstützen und sich für eine glaubwürdige Humanität einzusetzen.
Kommentar von Inge Gerlach:
„Wehrhafter Staat“
Verteidigungsminister Pistorius verlangt, dass Deutschland ein „wehrhafter Staat“ werden müsse. Er müsse in der Lage sein, sich gegen einen Angriffskrieg zu schützen. Zu den 4000 Soldaten, die schon in Litauen stationiert seien, müssten weitere hinzukommen; dazu die nötige Infrastruktur, damit die Soldaten und Soldatinnen dort wohnen könnten. Litauen wird somit das Zentrum der NATO-Verteidigung im Osten unter deutscher Führung.
Zwei Jahre werde der Aufbau dauern, und daraus kann man schließen,dass man bei der NATO mit einer solchen Dauer des Krieges rechnet. Wird es ein reiner Verteidigungskrieg sein? Man scheint an einen Siegfrieden zu denken. An einen Verhandlungsfrieden denkt offenbar niemand.
Das Friedenszentrum Braunschweig fordert einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen unter Beteiligung aller in den Krieg involvierten Mächte.
