Windenergieanlagen in Wäldern

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Herbstwald im Südharz mit überwiegend Buchen

Die Bedeutung regenerativer Energien gewinnt angesichts der aktuellen Ereignisse ein verstärktes Gewicht. Wenn bisher langwierige Genehmigungsprozesse als Ursache von Verzögerungen beim Ausbau der Windenergie diskutiert wurden, besteht unter dem entstandenen Handlungsdruck die Gefahr, dass einmal mehr mit scheinlogischen Begründungen notwendige Abwägungsschritte unterbleiben, an deren Ende wir erkennen müssen, welche Verluste an zukunftssichernden Potenzialen wir dabei unerkannt verursacht haben. 
Das gilt vor allem für Entscheidungen, die großen uns in Deutschland verbliebenen tatsächlichen und potentiellen Klimasenken auf einem Drittel der Landfläche für systemfremde Nutzungen in Anspruch zu nehmen: unsere Wälder. Dabei geht es um viel mehr als um einzelne Tierartengruppen. Es geht auch um die Biodiversität des Gesamtsystems. Nach allem, was wir wissen, geht die Gesamtklimabilanz durch die Inanspruchnahme unserer Wälder durch Windenergieanlagen künftiger Höhe und Infrastruktur nicht auf. Allerdings wissen wir grundsätzlich viel zu wenig, um eine vertretbare Abwägungsentscheidung treffen zu können.
Dass große Waldbesitzer dabei vehement ihre heruntergewirtschafteten Fichtenforste ins Spiel bringen, sollte nicht erstaunen angesichts der zu erwartenden Renditen. Die Naturwald Akademie hat den Wissensstand zusammengefasst. Die Politik ist gut beraten, wenn sie die sinnvolle Verkürzung von Planungsprozessen nicht mit hektischem Aktionismus verwechselt. Es bleibt zu hoffen, dass NABU und BUND dem derzeitigen hohen Erwartungsdruck widerstehen können.

Siehe dazu die Einschätzungen der Naturwald-Akademie.

4 Kommentare

  1. Ist es denn überhaupt eine Entweder-Oder-Frage? Meines Wissens sind heutige effizientere Windkraftanlagen meist deutlich größer und höher. Selbstverständlich werden sie ohnehin nicht „in“ Wäldern geplant. Die Ausbeute wäre gering und unwirtschaftlich. Vielmehr können sie „über“ Wäldern platziert werden, wobei sie nur eine geringe Grundfläche für Fundament und Zuwege in Anspruch nehmen. Ich fürchte, ganz ohne geringe Schädigungen – beispielsweise des Waldes – wird es nicht gehen, wenn wir verantwortlicher als in der Vergangenheit unseren Energiebedarf decken wollen.

    • Es ist eben keine Entweder-Oder-Frage, die als ein Ergebnis linearen Denkens scheinbar schlüssig zu den Fehlentscheidungen geführt hat, die unsere zivilisatorische Fehlentwicklung so kennzeichnet.
      Deshalb ist es notwendig, mit einem systemischen Denkansatz zunächst eine sorgfältige Defizitanalyse vorzunehmen: Was wissen wir? Was wissen wir nicht? Erst dann kann überhaupt eine sachgerechte Abwägung erfolgen, die vorab die Gewichte der einzelnen Belange in ein fehlerarmes Verhältnis zueinander setzt. Davon kann gegenwärtig keine Rede sein.
      Dem Klima- und Ökosystem Wald auf der Landschaftsebene können wir nur auf der Basis naturgesetzlicher Erkenntnisse und Intuition die notwendigen Einsichten in die wahrscheinlichen Folgewirkungen unserer Handlungen abringen und nicht über den flachen Weg von Überzeugungen oder Ideologien. Das wäre die neue Transformation im Denken, von der heute unentwegt die Rede ist. Sie wäre durch ethische Verantwortung begründet und nicht durch ein renditegesteuertes grün gefärbtes weiter so wie bisher.

      • Ich kann Dir nicht folgen. Das ist mir alles viel zu verschwurbelt. Ich wünsche mir nicht primär eine „Transformation im Denken“, was zwangsläufig weitere Jahre des Weiterso zur Folge hätte und spätestens nach vier Jahren von den Wählern wieder abgestraft würde, weil nichts passiert ist, obwohl so Dringendes nötig ist. Ganz abgesehen davon: Ich glaube, Du wirst nicht viele Menschen finden, die sich gerne ein anderen Denken aufzwängen lassen. Die Gedanken sind frei. Du kannst nur mit guten Argumenten überzeugen und das findet in den letzten Jahren in Umweltfragen durchaus statt.

        Nein, ich wünsche mir ein effizientes, zeitnahes Handeln in die richtige Richtung, geleitet von Sachzwängen und überzeugenden Argumenten: nachhaltigere Energiequellen, ökologischeres Bauen, nachhaltigere Ernährung, … all das, was wir sehr wohl schon sehr gut wissen. Anreize für Vernünftiges, Verbote oder Steuern für Schädliches. Und da sehe ich uns bei unserer Ampel noch halbwegs gut aufgehoben.

        Man sollte auch immer bedenken, dass eine „gute“ Regierung überhaupt nur Regierung sein kann, wenn sie bei der Wahl zuvor eine faktische Mehrheit gefunden hat. „Extreme Vernunft“ hat leider auch viele Gegner.

  2. Lieber Karl Friedrich,

    Du hast wissenschaftlich Recht. Aber die Menschheit ist in einer Phase, wo sie auf Grund gefährdeter planetarer Grenzen droht, in einen Abgrund zu fallen. Wir brauchen vorläufige Entscheidungen. Und da erscheint mir der Bedarf an 2% unserer Bodenfläche für große Windanlagen, die ja mit Ackerbau und Wirtschaftswald komptibel sind, sowie alle Dächer und verfügbaren Flächen für PV ein wichtiger Kompromiss, um unsere Energieversorgung zu sichern und auf fossil akut erst mal zu verzichten.

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