Corona – Virus: Stadt Braunschweig „weiß es besser“ – und ist drauf und dran, einen großen Vorteil zu verspielen

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Virus Symbolbild Foto: Pixabay

Christian Drosten, ein weltbekannter Virologe mit großen Verdiensten um die Bekämpfung des SARS-Virus, wird sehr deutlich: Es sei nun in Deutschland mit einer Verdopplung der Zahl der Infizierten im Wochentakt zu rechnen und: „Es ist eine absolut ernste Situation, wir haben nicht soviel Zeit uns darauf vorzubereiten.“ (FAZ, 10. März) Schon am vergangenen Freitag sprach sich Drosten im Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung für ein Verbot von Großveranstaltungen mit mehr als 1000 Personen aus: „Volle Stadien mit Zehntausenden von Fans … müssen aus medizinischer Sicht gestoppt werden.“ Und auch Gesundheitsminister Spahn appelliert nun an die Verantwortlichen der Bundesländer und der Städte, alle Großveranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmern abzusagen. Man müsse nun mit aller Kraft die Ausbreitung des Virus verlangsamen. Es sei leichter, auf ein Konzert, einen Klubbesuch oder ein Fußballspiel zu verzichten als auf den täglichen Weg zur Arbeit.

Und die Stadt Braunschweig?

Am vergangenen Wochenende fand das Reitturnier „Braunschweig Classico“ mit 25 000 Reitsportfans in der Volkswagenhalle statt, offenbar mit dem Segen des Gesundheitsamtes Braunschweig, denn wenn der Organisator das Turnier nicht aus eigener Einsicht absagen will, ist das Amt gefragt. Und der Spruch von Turnierchef Milkau, man habe „Corona“ die kalte Schulter gezeigt (BZ, 9. März), macht deutlich, dass man ihm nicht zu viel Einsicht und Verantwortungsbereitschaft unterstellen darf.

Und weiter geht´s: Das Fußballspiel der Eintracht gegen Viktoria Köln am Samstag soll stattfinden! Köln – das liegt bekanntlich in Nordrhein-Westfalen, dem Land mit der Höchstzahl an Infizierten. Sogar Landesminister Laumann, der noch das Bundesliga-Spiel am letzten Samstag in 10 km Entfernung von Heinsberg, dem Hotspot der Verbreitung des Virus gerechtfertigt hatte, macht nun die klare Ansage, dass die Empfehlung von Minister Spahn in seinem Land gelte, auch wenn die Entscheidung darüber formal bei den Gesundheitsbehörden der Städte und Kreise liege.

Und damit nicht genug, noch mehr Großveranstaltungen sollen in Braunschweig stattfinden: Am Donnerstag das Konzert mit Gregory Porter, am Freitag eine Doku-Show in der Stadthalle und am Sonntag der Auftritt von Andrea Berg in der VW-Halle; zu allen drei Veranstaltungen werden jeweils 4000 Zuschauer erwartet.

Bei uns zirkuliert das Virus ja nicht!“ (Ministerin Reimann, BZ vom 10.März)

Die in Braunschweig ansässige Gesundheitsministerin, Reimann, gibt mit der Bemerkung, bei uns zirkuliere das Virus ja nicht, Rückendeckung für das verantwortungslose Gewährenlassen der Veranstalter, die natürlich starke materielle Interessen haben. Damit ist sie drauf und dran, den großen Vorteil zu verspielen, den Niedersachsen und unsere Region bisher noch haben: Die Zahl der Infizierten ist noch klein und je länger man diesen Vorteil bewahren kann, desto besser für Menschen und die Arbeitsplätze der Region. Und vor allem: Desto besser für alle Bundesländer, denn die Verlangsamung der Ausbreitung des Virus ist eine nationale Aufgabe! Braunschweig eine von den wachsenden Coronawellen umspülte sichere Insel? Die Fachleute schütteln den Kopf.

Was ist zu tun? Oberbürgermeister Markurth ist gefordert …

Natürlich müssen alle Großveranstaltungen abgesagt werden. Und natürlich ist es Chefsache, dafür in Braunschweig zu sorgen. Oberbürgermeister Markurth ist für das Wohl der Bürger dieser Stadt (und der Region) verantwortlich. Wenn das Gesundheitsamt und die Sozialdezernentin nicht den Mut und die Kraft zum konsequenten Handeln aufbringen, dann ist es an ihm, dafür zu sorgen, dass dem Rat der Fachleute und des Bundesministers gefolgt wird. Bei seiner Eloquenz kann es ihm eigentlich nicht schwerfallen, den richtigen Ton gegenüber seinen Bürgern zu finden.

Chefredakteur Maus ebenfalls

Der Chefredakteur der Braunschweiger Zeitung, Armin Maus, hat vor Kurzem Christian Drosten als sehr kompetenten und vor allem besonnenen Fachmann zu Recht gelobt, an dessen Expertise man sich orientieren sollte. Er sollte nun, da Drosten dem gewachsenen Ernst der Lage entsprechend unpopuläre Entscheidungen für notwendig hält, zu seinem Wort stehen. Die Braunschweiger Zeitung hat als wichtigstes Medium der Region eine besondere Verantwortung.

Letzte Meldung: Fussballspiel VfL Wolfsburg gegen Donezk  (Europa League) findet am Donnerstag ohne Zuschauer statt. Noch heute morgen hieß  es, das Spiel werde mit Zuschauern stattfinden.

Der neue Artikel: Zur Rolle der Braunschweiger Zeitung in Sachen Corona

2 Kommentare

  1. Warum wird das Eintrachtspiel gegen Viktoria Köln nicht ohne Zuschauer ausgetragen? Offenbar fehlt der Braunschweiger Verwaltung der Mut, eine unpopuläre Entscheidung zu treffen. Lieber wird die Verantwortlichkeit auf die Funktionäre der Drittliga abgeschoben: Die sollen sich zu dem Thema äußern, ob die Spiele mit oder ohne Zuschauer stattfinden sollen! Offenbar traut man dem Drittligaverband bei gesundheitspolitischen Fragen mehr Fachkompetenz zu als den Äußerungen sämtlicher zuständigen Landes- und Bundesstellen. Da kann man nur den Kopf schütteln. Bleibt nur zu hoffen, dass die Verwaltung schnell die Kurve bekommt und die einzig richtige Entscheidung trifft!

  2. Gehen die meisten alternativen (investigativen) Medien gerade nicht etwas „unterkomplex“ mit dem Thema um?? Genauer hinblicken lohnt sich, wenn solche gravierenden Einschränkungen wie im Moment geplant sind! Riesen Militär-Übung, Neuregelung Infektionsschutzgesetz ($30!)?? Sicher alles nur VS…

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