Zum sog. „Westlichen Wertesystem“

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Welche Werte sind gemeint? Monetäre oder gesellschaftliche Bearbeitung Corinna Senftleben

Zählt zu den westlichen Werten der Konsum? Das Wort Werte hat jedenfalls einen hörbar finanziellen Beiklang. Haben etwa Werte auch Geldwert? Haben Menschenrechte Geldwert? Gehört zu den „westlichen Werten“ nicht der westliche Lebensstil, den es zu verteidigen lohne, wie der Autor Rolf Schneider betont?

Der Begriff Werte ist derzeit ständig zu hören: in Sonntagsreden, in Debattenbeiträgen, in Leitartikeln, in Talkshows. Man könnte den Eindruck haben, dass je weniger wir uns an ihnen orientieren, desto mehr wird über sie geredet. Wir sollen und wollen an ihnen festhalten. Wir müssen sie nicht nur verteidigen sondern in die Welt hinaus tragen. – So hören wir. Sogar mit der Waffe in der Hand und Kollateralschäden akzeptierend in Afghanistan und sonstwo auf der Welt. Für „unsere Rohstoffe“ werden auch Korvetten in Dienst gestellt – demokratisch legitimiert in die Welt geschickt. Sind das unsere Werte? Oder schon wieder Kolonialismus?

Was exakt die Werte beinhalten, wird fast niemals gesagt. Worum also geht es?

Nehmen wir die christlichen Werte, auf die ja unsere westlichen Werte auch beruhen sollen. Sofern der Inhalt von Jesu Bergpredigt gemeint ist, die Feindesliebe, wurde und wird er von christlich orientierten Staaten vorwiegend missachtet. Man denke nur an die endlosen Kriege der letzten 40 Jahre, verursacht von der westlichen Wertegemeinschaft, an die tödlichen Drohnenkriege, überbordenden westlichen Militärhaushalte. Oder nehmen wir jene mitmenschliche Praxis, die gemeinhin Brüderlichkeit heißt. In der französischen Revolution säkularisiert, wurde sie, als Solidarität, ihrem theologischen Ursprung völlig entfremdet. Politische Parteien in Deutschland unterhalten Grundwertekommissionen, die vermutlich nicht nötig wären, wenn über die Grundwerte Einigkeit bestünde.

Vermutlich gehört zu den sog. westlichen Werten Individualität bis zum Pluralismus, Solidarität bis zum persönlichen Streben nach Glück (Hedonismus), Toleranz über die religiöse Vielfalt bis zum Laizismus. Es handelt sich wohl auch um Rechtssicherheit und um Gewaltenteilung und demokratische Strukturen und um gesellschaftliche Ideale.

Es gibt Autoren die meinen, dass auch der westliche Lebensstil zur westlichen Wertegemeinschaft gehört. Nein, dazu gehört er nicht. Denn zu unseren Werten gehört auch die Vorsorge für kommende Generationen. Aber auch hier versagt unsere Wertegemeinschaft, weil er im Dogma des Kapitalsimus und seiner Ideologie gefangen ist. Zweifel sind angebracht unter Berücksichtigung des menschengemachten Klimawandels und dem Verlust an Biodiversität. Zum westlichen Lebensstil gehört auch die Ausbeutung der Natur und des Menschen, die endlose Gier, bis hin zum Wegwerfen von Lebensmitteln.

Lesen Sie zum „westlichen Wertesystem“ einen Kommentar von Bettina Gaus über „Schäubles leise Sätze„.

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