Spur des Geldes

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In das Gebäude am Bohlweg, das Friedrich Knapp gehört, soll nach dem Willen der Stadt die neue Spielbank einziehen. Foto: B. Piest

Von Hans Junge

Ich beziehe mich auf die Ausführungen von Bernhard Piest im braunschweig-spiegel unter dem Titel „Fragwürdiger Verwaltungsentscheid bei geplantem Umzug der Harzburger Spielbank nach Braunschweig“

In der jüngsten Sitzung des Sozialauschusses erklärte die Verwaltung, dass sozialpolitische Gründe der Suchtbekämpfung bei der Ablehnung ihrer vorläufigen Genehmigung für die Spielbank keine Rolle spielen dürften. Ihre Genehmigung sei rechtlichtlich verbindlich und auch nachträglich nicht rechtlich veränderbar. Nun hat die Verwaltung offensichtlich nicht die Rechtsentwicklung verfolgt. Niedersachsen hat neben einem Verbundverbot ein Abstandsgebot von mindestens 100 Metern zwischen Spielhallen gem. § 10 Abs.2 Satz1 NglüSpG zum 01.07.2017 beschlossen. Die dazu erfolgte Rechtssprechung ist eindeutig: Das Spiel an Glücksspielautomaten zählt weiterhin zu den Glücksspielformen mit den höchsten Risiken (siehe dazu den Forschungsbericht Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland 2015) Deswegen sind einschränkende Maßnahmen auch rechtlich geboten.

Die Verwaltung der Stadt Braunschweig verharmlost in ihren Ausführungen eindringlich die Gefahren von 100 zusätzlichen Geldspielgeräten, der größten Spielhalle Braunschweigs in der geplanten Spielbank und verleiht dem Ganzen noch ein positives Image, indem von einer höherwertigen Unterhaltung im Casino schwadroniert wird. Das ist schon äußerst fahrlässig. Die Geldspielgeräte im Casino sind nicht deshalb bessere Automaten mit weniger Suchtpotential, weil sie im Casino stehen, wo im Eingangsbereich ein roter Teppich liegt und über der Eingangstür das Wort Spielcasino steht. Die Novellierung des Glücksspielgesetzes verfolgt eindeutig eine einschränkende Wirkung. „Das neue Gesetz soll für besseren Schutz vor Spielsucht sorgen“ (red)

Im innerstädtischen Bereich gibt es zahlreiche Spielhallen, mit einem weit überproportionalem Besatz im Vergleich zur Gesamtstadt. Man mag sich anschauen, in welchem Abstand zum geplanten Casino die nächste bereits betriebene Spielhalle steht. Hagenmarkt 12 ist meiner Kenntnis die nächste Adresse.

Der Ratsbeschluss vom 28.11.2012 „Steuerungsbeschluß Vergnügungsstätten“ hat Bestand. Dieser muß der Verwaltung bekannt sein. Er besagt, dass der innerstädtische Bereich einen überdurchschnittlichen Besatz von Spielhallen hat und deshalb alle bauordnungsrechtlichen Vorschriften gegen eine Ausweitung der Geldspielgeräte in diesem Bereich anzuwenden sind. Die Verwaltung hätte insoweit auch überhaupt keine Genehmigung für 100 Geldspielgeräte im Casino erteilen dürfen. Es wird hier gegen einen Ratsbeschluss verstossen. Darüberhinaus will ich hier nur noch anmerken, dass bei 100 Automaten und der dafür erforderlichen Quadratmeterzahl, die der Gesetzgeber vorschreibt, ein erheblicher Teil des Gebäudes Spielhalle ist.

Zum Vorgehen der Verwaltung

Seit Monaten ist bekannt, dass der Vertrag der Spielbank in Bad Harzburg ausläuft und es Bemühungen eines bekannten Braunschweiger Unternehmers gibt, die Spielbank in seinen Leerstand am Bohlweg zu holen. Am Rande sei hier angemerkt, dass die Bemühungen dieses Unternehmers seit sehr vielen Jahren bereits öffentlich bekannt und mehrfach gescheitert sind. (z.B. Münzstrasse) Dieser Unternehmer hätte nun in einem frühen Stadium seiner Überlegungen einen Antrag an die Verwaltung hinsichtlich der geplanten Umnutzung seiner Immobilie stellen können. Ein geordnetes Verfahren mit allen Beteiligungs- und Entscheidungsrechten des Rates und seiner Ausschüsse wäre erfolgt. Nach dem Aufstellungsbeschluß ist der B-Plan öffentlich auszulegen und Anwohner und Geschäftsinhaber können Einwendungen erheben etc.

Aber offensichtlich hat es ein anderes Vorgehen, in der Erwartung der Ablehnung im üblichen Verfahren, gegegeben. Erst spät eine Anfrage bei der Verwaltung stellen, bereits im Herbst ist die Eröffnung geplant und so Zeitdruck für die Zustimmung herstellen. Ein geordnetes Verfahren ist dann bis zum Herbst nicht mehr möglich und die Verwaltung muß einen anderen, einen schnelleren Weg finden. Das kommt nur so zustande, wenn man sich vorher darüber verständigt. Denn ansonsten würde die Verwaltung, wie bei jedem x-beliebigen Antrag auf die Zeitschiene verweisen.

Also wählt man den Weg über die vorläufige Genehmigung, um das Verfahren abzukürzen und wesentliche Rechte (Hoheitsrechte) einzuschränken. Dieses Vorgehen kann nur als abgestimmtes Handeln angesichts des Flurschadens der damit von der Verwaltung angerichtet wird, bezeichnet werden. Als Mitteilung gibt die Verwaltung die Entscheidung in die Ausschüsse und geht davon aus, dass durch Faktizität der Rat nachträglich die Entscheidung und das Vorgehen der Verwaltung durch die Zustimmung zum B-Plan legimiert. Man darf gespannt sein.

Ganz besonders perfide ist aber dazu noch, dass ein Plan, einen Appell an den Betreiber der Spielbank zu richten, auf einen Teil der Aufstellung der 100 Geldspielgeräte zu verzichten, als ein möglicher Weg zur Reduzierung der Geräte unterstützt wird. Man aber natürlich gleichzeitig darauf verweist, daß der Betreiber die Genehmigung für 100 Automaten hat. Dies aber nur noch die einzig verbleibende Möglichkeit sei.

Der Braunschweiger Unternehmer ist dann fein raus. Fragen über Fragen. In einem spannendem Krimi, wo dringend Aufklärung erforderlich ist

1 Kommentar

  1. In der Tat wurden – wie jetzt erst im Nachhinein verständlich wird – bereits am 7. Januar 2020 durch geschickte Änderungen im B-Plan IN250 die Weichen so gestellt, dass die Verwaltung später ohne nochmalige Einschaltung der Gremien schalten und walten konnte (hat übrigens nichts mit Corona und seitherigen kürzeren Dienstwegen zu tun – die gibt es erst seit März 2020).

    Wie ich jetzt gerade nachvollziehe, hatte sich allerdings bereits Ende Januar 2020 das Lukas-Werk an die Stadt gewendet und auf die massiv drohende Suchtproblematik hingewiesen, sollte die Spielbank am Bohlweg einziehen.

    Über diese Eingabe der Drogensucht-Fachstelle Lukas-Werk wurden die Gremien aber erst am 15.5.2020 informiert, aber nicht ausdrücklich, sondern nur zufällig, wenn sie denn überhaupt zufällig ins Ratsinformationssystem geschaut haben.

    Ganz schnell handelte dagegen die Verwaltung und erteilte der Spielbank einen positiven Vorbescheid am 3. Juni 2020 auf Antrag der Spielbank vom 17. Februar 2020.

    Aber diese Entscheidung wurde einem Ratsgremium (Sozialausschuss) erst in der Sitzung vom 25.6.2020, also drei Wochen nach dem positiven Vorbescheid, mitgeteilt.
    Und diese späte Mitteilung nach erteiltem Fakt kam auch erst zufällig heraus, weil die SPD ihren hier oben von Hans Junge dargestellten Bettel-Antrag eingereicht hatte.

    Nun sei nichts mehr zu machen, so die Verwaltung achelzuckend im Ausschuss. Der Vorbescheid vom 3.6. 2020 sei für die noch zu erteilende Baugenehmigung verbindlich und begründet für die Spielbank nicht mehr rückholbare Rechtsposition, auch für die beabsichtigten Spielautomaten, so die Abteilung Baurecht der Verwaltung.

    Jedenfalls kam die – wenn auch schwache – Reaktion der SPD-Fraktion am 2. 7.2020 zu spät

    Selbst ein „An sich Ziehen“ durch Rat oder Verwaltungsausschuss am 14.7. (Rat) oder 7.7. (VA) könne da nichts mehr dran ändern, teilt die Verwaltung nun mit.

    Aber, wie schrieb der verantwortlich zeichnende Leiter des Bauamtes bereits zu einer Vorgehensweise zu Eckert& Ziegler im Jahre 2011, der BIBS durch Akteneinsicht zur Kenntnis gelangt:
    … schlage mal Folgendes vor, „um der BI den Wind aus den Segeln zu nehmen“.

    Wir werden seitens der BIBS-Fraktion nun trotzdem die Sache im VA an uns ziehen.

    Nach dem fragwürdigen Wolters-Deal kein guter Umgang mit den Ratsgremien, Herr Markurth.

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