SPD-Fraktion kritisiert „Montagsspaziergänge“ von Gegnern der Corona-Maßnahmen

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Die SPD-Ratsfraktion verurteilt das Vorgehen der „Montagsspaziergänger“ in Braunschweig, die wöchentlich auf unangemeldeten Demonstrationszügen ihren Unmut über die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie kundtun. „Wir müssen bei den Protestlern unterscheiden zwischen Menschen, die die Corona-Politik kritisieren und dabei ihr demokratisches Grundrecht wahrnehmen und solchen Kräften, die die Existenz einer globalen Pandemie leugnen und Verschwörungstheorien verbreiten. Es kann aber grundsätzlich nicht sein, dass politische Protestversammlungen absichtlich nicht als solche angemeldet werden, um die Vorschriften des Infektionsschutzes zu umgehen!“, so Christoph Bratmann, der Vorsitzende der SPD-Fraktion. Die Einhaltung der Corona-Maßnahmen wie des Tragens von FFP2-Masken und der Wahrung des Abstandsgebots sei bei jeglichen größeren Zusammenkünften die zumutbare Pflicht aller Bürgerinnen und Bürger, um sich selbst und andere zu schützen.

Der Vorstoß von Oberbürgermeister Dr. Thorsten Kornblum, das Tragen von FFP2-Masken auch bei nicht angezeigten Versammlungen vorzuschreiben, sei der richtige Schritt: „Die meisten von uns möchten, dass diese Pandemie irgendwann endet und tun dafür das Nötige. Es ist nicht richtig, dass diese Bemühungen von einigen mit Füßen getreten werden“, so Bratmann weiter.

Annette Schütze, die 1. stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion, unterstreicht: „Wir haben vollstes Verständnis für Menschen, die sich im Angesicht dieser langwierigen Pandemie verunsichert fühlen und Kritik äußern möchten. Es ist aber unabdingbar, dass sie dabei die Corona-Regeln einhalten.“ Eine Spaltung der städtischen Gesellschaft sei aber nicht erkennbar: „Die Mehrheit der Braunschweigerinnen und Braunschweiger ist vernünftig und befolgt vorbildlich die Maßnahmen zum Infektionsschutz. Es handelt sich bei den Demonstrierenden um eine kleine Gruppe von Unzufriedenen, die aus sehr unterschiedlichen Gründen die Corona-Maßnahmen nicht akzeptieren wollen“, so Schütze.

1 Kommentar

  1. Die SPD-Ratsfraktion sieht offenbar in den „Montagsspaziergängen“ eine Form der öffentlichen Meinungsäußerung und damit eine Form der Kundgebung bzw. eines Aufzugs. Dabei scheint es der Fraktion wichtig zu sein, darauf hinzuweisen, dass diese „Kundgebungen“ nicht angemeldet seien.

    Das Versammlungsrecht ist aber so gestaltet, dass Versammlungen nicht genehmigt werden müssen. Die Anmeldung hat also nur die Funktion, die zuständigen Behörden darüber zu informieren, dass die Versammlung stattfinden wird. Dadurch erhalten die Behörden die Möglichkeit, Maßnahmen zu ergreifen, sodass die öffentliche Ordnung durch die Versammlung nicht gefährdet werden wird.

    Da die „Spaziergänge“ wöchentlich montags stattfinden, haben die Behörden offenbar „Kenntnis“ von den Versammlungen, sodass die fehlende „Anmeldung“ höchstens ein Formfehler ohne Sachbezug ist. Tatsächlich sind die Behörden über die „Spaziergänge“ informiert und damit sind sie auch in der Lage Maßnahmen zur Sicherung der öffentlichen Ordnung zu ergreifen.

    Es gibt auch keine rechtliche Basis, zwischen den Menschen nach ihrer Gesinnung zu unterscheiden, weil jedem Bürger das Recht zusteht, an einer Versammlung teilzunehmen. Selbst Menschen, die der Auffassung sind, dass es die Bedrohung durch Corona nicht gibt, haben dass Recht ihre Meinung öffentlich zu äußern.

    Die Unterstellung, dass die Versammlungen absichtlich nicht angemeldet würden, um die Vorschriften des Infektionsschutzes zu umgehen, kann offenbar nicht zutreffend sein, weil die Behörden auch ohne offizielle Anmeldung tatsächlich über die Versammlungen informiert sind und somit in der Lage sind, entsprechende Auflagen zu erlassen. Es ist eher zu vermuten, dass die „Spaziergänge“ ohne einen verantwortlichen Organisator stattfinden, der sie anmelden könnte.

    Die Corona-Maßnahmen sind kein Selbstzweck, sondern sie haben den Zweck, die Ausbreitung von Corona zu begrenzen. Unabhängig davon, dass man sich fragen muss, ob dieser Zweck angesichts der Impfung der Mehrheit der Bevölkerung überhaupt noch sinnvoll ist, muss man sich fragen, ob bei den Spaziergängen ganz konkret ein erhöhtes Infektionsrisiko besteht, dem mit Maßnahmen begegnet werden muss.

    Falls das wirklich der Fall sein sollte, muss der Staat die Maßnahmen durchsetzen. Man muss aber Verständnis dafür haben, dass sich Menschen, die die Maßnahmen für unverhältnismäßig halten, sich diesen zumindest passiv entziehen. Dieser zivile Ungehorsam ist durch die aktuelle Lage durch Art. 20 Abs. 4 GG sicher gerechtfertigt.

    Bei den Maßnahmen besteht sonst nämlich die konkrete Gefahr, dass sie in unverhältnismäßiger Weise das Versammlungsrecht beeinträchtigen könnten.

    Es ist sehr fraglich, ob Maßnahmen wie das Tragen von FFP2 Masken tatsächlich dem Zweck dienen, die Pandemie möglichst schnell zu beenden. Sie dienen ganz offensichtlich dem Schutz vor Infektionen. Wenn man die Pandemie mit einer Durchseuchung beenden will, verlängern Maßnahmen, die diese verlangsamen, die Pandemie. Das Tragen von Masken kann zur Vermeidung von Infektionen sinnvoll sein und es zu unterlassen, erhöht das Infektionsrisiko, aber dadurch wird nicht die Pandemie verlängert.

    Selbst wenn es sich bei den Demonstrierenden um eine kleine Gruppe von Unzufriedenen handeln sollte, besteht die Gefahr der Spaltung der Gesellschaft, wenn die Mehrheit diese kleine Gruppe ausgrenzt und sich mit der Kritik dieser Menschen nicht mehr inhaltlich beschäftigt. Die Äußerungen der SPD-Ratsfraktion deuten daraufhin, dass sie dieser Entwicklung nicht ausreichend entgegen wirkt, sondern sie billigend in Kauf nimmt.

    Auch wenn es derzeit politisch mehrheitsfähig ist, Kritiker als Corona-Leugner, Querdenker und Verschwörungstheoretiker abzuwerten, so halte ich es trotzdem nicht für klug. Die Corona-Themen sind im Grunde sachliche Themen, bei denen allenfalls gewisse Unsicherheiten bestehen. Es ist kurzsichtig, wenn man versucht, diesen Unsicherheiten durch politische Entscheidungen zu begegnen, weil das das Risiko birgt, falsche Entscheidung zu fällen. In dem Maße, wie sich die Auffassungen der Querdenker bewahrheiten, nimmt das Vertrauen in die politische Führung ab. Indem die Politik die Querdenker ausgrenzt, reduziert sie im Grunde immer weiter ihre eigene Vertrauensbasis, die sie für ein effektives politisches Handeln aber tatsächlich braucht.

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