Nach jahrelangem vielfältigen Bemühen scheint es dieser Landesregierung endlich zu gelingen, die ungeliebte und zugleich gefürchtete Integrierte Gesamtschule zu zerschlagen. Das Szenario der Handlungsweise, die von Herrn Wulff und Frau Heister-Neumann gesteuert wird, ist wie gewohnt listenreich und widerspricht den Regeln eines demokratischen Verhaltens. Brauchte die Einlösung des halbherzigen und wahltaktischen Versprechens, das Herr Wulff vor der Wahl gegeben hatte, mehr als ein halbes Jahr mit der Begründung, der Weg der Beteiligung aller Verbände sei so lang, genügen für die Zerstörung der Gesamtschule anscheinend wenige Wochen. Ach wenn diese Landesregierung doch auch in anderen Fällen so rasch gehandelt hätte! Da sie sich der Zustimmung von Landeseltern- und Landesschülerrat nicht sicher ist und sie so schnell wie möglich „Nägel mit Köpfen“ machen will, lässt sie den Entwurf zur Einführung von 12 Schuljahren mit dem auch in Gymnasien umstrittenen „Turbo-Abitur“ und der Zerschlagung der bewährten Struktur der Integrierten Gesamtschule als Fraktionsantrag im Landtag einbringen. So handeln eigentlich nur Regierungen, die sich nicht mehr demokratisch legitimiert fühlen.
Es wird interessant sein zu beobachten, wie sich Abgeordnete der Regierungsfraktionen, die vor Ort für eine Integrierte Gesamtschule sprechen, bei der Abstimmung verhalten. Und auch die Stellungnahme von Kandidaten für die Europa-Wahl dürfte von Interesse sein, zumal das Schulsystem, das diese Landesregierung vertritt, in Europa eine Rarität ist.
Herr Wulff und Frau Heister-Neumann werden für sich in Anspruch nehmen und dafür die Verantwortung tragen müssen, als Zerstörer der Integrierten Gesamtschule in die Geschichte der Bildung einzugehen. Sie haben mit dieser Schule eine anerkannte und erfolgreiche und mit vielen Preisen ausgezeichnete Bildungsstätte zerschlagen. Damit haben sie die jahrzehntelange Aufbauarbeit engagierter Lehrerinnen und Lehrer zunichte gemacht. Sollten sie noch eine Weile Regierende bleiben, werden sie niemals mehr glaubwürdig sein und Vertrauen finden. Darüber hinaus haben sie der Demokratie in unserem Land erheblichen Schaden zugefügt.
Sollten sie noch ein Gewissen haben, werden sie von den Gedanken verfolgt werden, den Bildungs- und Lebensweg tausender junger Menschen durch vorzeitige Sortierung kanalisiert und blockiert zu haben. Sie werden in ihrem Leben keine Ruhe finden. Mit ihrer Haltung und Handlungsweise verstoßen sie gegen Grundsätze unserer Kultur, gegen Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität. Was sie tun, ist weder christlich, noch liberal und schon gar nicht sozial. Mit dem von dieser unbelehrbaren und uneinsichtigen Landesregierung eingeschlagenen Weg will sie ein „ständisches Schulwesen“ (Rita Süßmuth) erhalten und stärken und die Entwicklung der Schule in Niedersachsen um ein ganzes Jahrhundert zurückwerfen.
Können Abgeordnete, die ihrem Gewissen verpflichtet sind, diesen Weg verantworten? Können sie ihn vor ihren Wählerinnen und Wählern glaubhaft vertreten?



















