Rautheim-Möncheberg: „Baugebiet mit Grüner Handschrift“

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Der Ausschuss für Planung und Hochbau (APH) hat am 11. Oktober 2022 (Di.) einstimmig für die Aufstellung des Bebauungsplans „Rautheim-Möncheberg“ votiert. Allerdings hat der zuständige Fachausschuss die ursprüngliche Beschlussvorlage nicht einfach „durchgewunken“. Auf Antrag von SPD, Grünen und CDU wurde der Aufstellungsbeschluss mit gravierenden Änderungen versehen. Diese sollen sicherstellen, dass der weitere Planungsprozess – über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehend – offen und transparent gestaltet wird. So soll die Öffentlichkeit laufend und ausführlich über den Stand der Dinge informiert werden. Zudem soll es ein umfassendes Bürgerbeteiligungskonzept geben. Eine Verzögerung des Stadtbahnausbaus soll damit jedoch nicht einhergehen.

SPD, Grüne und CDU haben die Verwaltung darüber hinaus gebeten, zeitnah eine aktualisierte Wohnungsbedarfsprognose für die Stadt Braunschweig vorzulegen. Vorrangig geprüft werden soll auch die Anpassung und Verbesserung der sozialen und der Feuerwehr-Infrastruktur im Bereich Rautheim. Besonderen Wert legen die Antragstellerinnen auch darauf, dass in dem geplanten Baugebiet ausreichend bezahlbarer Wohnraum geschaffen wird, insbesondere für das mittlere Preissegment.

Zentrale Themen für die Grünen sind insbesondere Klimaschutz und Mobilität. Daher hat die Grüne Ratsfraktion darauf gedrungen, in dem gemeinsamen Änderungsantrag ökologische Vorgaben zu machen, die zu einem „Baugebiet mit Grüner Handschrift“ führen sollen. Mit diesen Vorgaben soll erreicht werden, dass in Rautheim ein möglichst autoarmes Quartier entsteht. Auch bei der Entwässerung, der Energieversorgung und den Freiflächen sollen höchste Standards gelten. Die Grünen haben sich auch dafür eingesetzt, den Flächenverbrauch durch eine hohe städtebauliche Dichte und eine möglichst geschlossene Bauweise zu reduzieren. Entstehen sollen dort – wenn es nach den Grünen geht – möglichst nur Mehrfamilien- und keine Einfamilienhäuser!

Übernommen wurden von SPD, Grünen und CDU im Übrigen noch drei weitere Anregungen der Fraktion BS, die kurzfristig einen eigenen Änderungsantrag vorgelegt hatte.

Vor diesem Hintergrund erklärt die Stellvertretende Fraktionsvorsitzende Leonore Köhler:

„Wir haben uns die Diskussion über das geplante Baugebiet Rautheim-Möncheberg wahrlich nicht leicht gemacht. Unsere Fraktion hat die Verwaltungsvorlage ausführlich diskutiert, auch mit unseren betroffenen Bezirksratsmitgliedern und unserer Kooperationspartnerin SPD. Um zu einer fundierten Entscheidung zu kommen, haben wir die Vorlage im APH am 14. Septem-ber zurückgestellt, um uns intensiver mit ihr befassen zu können. Aus unserer Sicht ist es äußerst sinnvoll, bereits in einer sehr frühen Phase – also vor einem Aufstellungsbeschluss – zu diskutieren und bei Bedarf einzugreifen. Zu einem späteren Zeitpunkt – d. h. beim Auslegungs- oder Satzungsbeschluss – sind substanzielle Änderungen meist nur schwer möglich. Insofern haben wir hier als Politik lediglich unsere „Richtlinienkompetenz“ wahrgenommen.

Besonders wichtig war uns, die Einschätzungen der Bürger*innen vor Ort und die Position des Bezirksrates 212 Südstadt-Rautheim-Mascherode wahrzunehmen und in unsere Überlegungen einfließen zu lassen. Daher haben wir uns bei der Diskussion bzgl. des Änderungsantrags auch für umfassende Bürgerbeteiligung stark gemacht – idealerweise mehrstufig analog zur Bürgerbeteiligung beim Stadtbahnausbau. Denn wir müssen die betroffenen Bürger*innen ernst- und mitnehmen, damit bei ihnen nicht das Gefühl entsteht, dass über ihre Köpfe hinweg entschieden wird.

Ganz zentral ist für uns auch, dass die Wohnraumbedarfsprognose für Braunschweig aktualisiert werden soll. Im Vergleich zum Jahr 2019 hat sich vieles geändert – die Umstände sind bekannt: Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg, steigende Energiekosten, höhere Zinsen, Inflation. Uns ist wichtig, dass Entscheidungen auf Basis der aktuellen Fakten getroffen werden, daher brauchen wir unbedingt eine neue Wohnraumbedarfs-prognose – zugesagt ist diese für Anfang 2023.

Mit Blick auf eine älter werdende Bevölkerung (Stichwort demographischer Wandel) und die absehbare Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation sehen wir auf dem Wohnungs-markt einen steigenden Bedarf besonders im unteren und mittleren Preissegment. Dieser Wohnraumbedarf kann u. E. am besten durch Geschosswohnungsbau umgesetzt werden, nicht durch die früher im Rathaus immer forcierten Einfamilienhäuser.“

Die Grüne Ratsfrau Sabine Kluth – Vorsitzende des Ausschusses für Mobilität, Tiefbau und Auftragsvergaben (AMTA) sowie Mitglied im zuständigen APH – ergänzt:

„Der gemeinsame Änderungsantrag mit SPD und CDU trägt glasklar eine Grüne Handschrift. Wenn schon gebaut und wertvolle landwirtschaftlich genutzte Böden versiegelt werden müssen, dann soll der Flächenverbrauch zumindest minimiert werden. Und dann soll auch ein Quartier entstehen, das nicht nur sozial, integrativ, ökologisch und autoarm ist, sondern auch neue Mobilitätskonzepte berücksichtigt: Quartiersgaragen, Mobilitätshubs mit Sharingangeboten, Abstellanlagen für Fahrräder und Lastenräder sowie kleinräumige Fuß- und Radverbindungen. Außerdem muss das Quartier schon gemäß dem Integrierten Klimaschutzkonzept 2.0 (IKSK 2.0) höchsten Energiestandards entsprechen (Stichwort Energieplus-Quartier) sowie nachhaltige Konzepte für den Wasserhaushalt und die Entwässerung beinhalten (Stichwort Schwammstadt). Dazu gehören für uns eine Pflicht zur Installation von Photovoltaik-Anlagen, maximale Fassadenbegrünung, ausreichend Grünflächen und gesteigerte Biodiversität.

Die Verkehrsinfrastruktur muss zudem Hand in Hand mit dem Baugebiet entwickelt werden und nicht erst im Nachhinein, d. h. dass insbesondere die Stadtbahnstrecke und die Velorouten zeitgleich mit dem Baugebiet fertig gestellt werden. Dafür müssen u. E. alle notwendigen Maßnahmen in der Verwaltung veranlasst und ggf. weitere personelle Kapazitäten für die Planung zur Verfügung gestellt werden.

Auch die soziale Infrastruktur muss von Anfang an, d. h. zeitgleich mit dem Baugebiet mitgeplant werden – sozial integrativ mit anderen Wohngebieten zusammen: Das gilt für Kindertagesstätte(n), Grundschule(n), Einrichtung(en) der Altenpflege usw. Und auch hier gilt, dass ggf. weitere personelle Kapazitäten in der Verwaltung zur Verfügung gestellt werden müssen.

Wir sehen die Chance, hier ein wirklich ökologisches und modernes Quartier zu schaffen, da die benötigten Böden planerisch komplett in der Hand der Stadt Braunschweig sind. Solch ein Vorzeige-Quartier könnte eine echte Bereicherung für den bestehenden Ort Rautheim sein. Es handelt sich eben nicht um das übliche Investorenprojekt – so können wir den Fokus auf preiswerten / bezahlbaren Wohnraum legen, unsere Ansprüche an den Klima-schutz einhalten, zeitgemäße Verkehrskonzepte ermöglichen und die notwendige Infrastruktur bereitstellen. 

Daher haben wir uns dafür entschieden, für dieses Baugebiet eine möglichst geringe Neuversiegelung in Kauf zu nehmen. Wir werden jedoch als Grüne darauf hinwirken, dass wir zeitnah von der Verwaltung einen Überblick über mögliche Entsiegelungsflächen bekommen – Stichwort Entsiegelungskataster. Denn für uns ist auch klar, dass wir in der Gesamtbilanz eine Entsiegelung statt Versiegelung anstreben müssen!“

Änderungsantrag

Verwaltungsmitteilung_Wohnungsbedarf

1 Kommentar

  1. Ich weiß ganz genau, warum ich Eure grün angemalte konservative Partei nicht mehr wähle. Die beste Koalition für Euch wäre die CDU, nicht die „s“PD.

    Da rotiert ja die Links-Öko-Grün-Bewegung aus den 1970ern-80ern im Grabe

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