Ökologisches Leichentuch an Gliesmarodes Bahngleisen

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Gliesmaroder Bahnhof mit der Schotterlandschaft. Foto: Wilfried Steen

Wer nur wenige Dinge beachtet, kann den Wildbienen und anderen Insekten helfen zu leben und damit dem gesamten Ökosystem. Die Insektenhilfe beginnt bei der Pflanzenauswahl und endet noch nicht bei geduldeter Verwilderung. Nichts von dem wurde beim Neubau des Gliesmaroder Bahnhofs beachtet. Es präsentiert sich eher der Tod auf der Schotterfläche in Form eines ökologischen Leichentuchs.

Was ist nur in die Planer des neuen Gliesmaroder Bahnhofs gefahren? Ist die Diskussion über Insektenschutz an denen völlig vorbeigegangen? Ein Hinweis auf die „Krefelder Studie“ könnte hier weiterhelfen. Die grobe Schotterfläche, die zwischen den Gleisen liegt, ist Beispiel für das immer noch grassierende Unwissen in den DB-Planungsbüros um ökologische Zusammenhänge.

Wiesenflockenblume mit Biene: Foto: Bollmann/NABU
Löwenzahn im Schotterbett.

Die Diskussion zur Schotterfläche in Gliesmarode wurde vom Braunschweiger Bürger Wilfried Steen angeregt. Die BZ griff das Thema auf und sprach die Bahn an, denn schließlich will Braunschweig Bienenhauptstadt sein. Die Bahn will das Ansinnen unterstützen, wie sie nach der heftigen Kritik sagt und die Schotterfläche umgestalten. Dazu einige Hinweise, die der Bahn helfen könnten.

Die Bahntrasse und Unkräuter (Wildkräuter)

Aus Sicherheitsgründen muss Bewuchs aller Art von den Gleisanlagen ferngehalten werden. Noch vor wenigen Jahren wurden Spritzzüge mit diversen Herbizidmixturen zum Spritzen auf die Reise geschickt, um dem Unkrautaufwuchs in den Bahngleisen zu bekämpfen. Laut einer Studie des Internationalen Eisenbahnverbands (UIC) ist Herbizideinsatz dafür derzeit die einzige praktikable Methode und hat sich bei über 40 Bahnen in Europa und Nordamerika bewährt, so der Verband. Das stimmt nicht ganz, denn mit dem Spritzen soll ab 2023 nun Schluss sein.

Der von der Bahn erwünschte Effekt auf der Schotterfläche ist die nachhaltige Wildkrautfreiheit ohne Herizidanwendung. Dieser Wunsch wird nicht erfüllt werden, schon gar nicht mittel-langfristig. Wie die Fotos zeigen, wachsen Pflanzen trotzdem. Leider keimen die falschen Wildpflanzen, denn an ihnen kommen keine Bienen vor. Am Bahnhof Gliesmarode wachsen hauptsächlich Bergahorne (Acer pseudoplatanus) die im Schotter freudig keimen. Gelegentlich aber auch Löwenzahn (Taraxacum officinalis) und div. Gräser.

Schotterfläche mit Gräserbewuchs schon wenige Wochen nach dem Schotteraufrag. Beachtlich ist links der Wildkrautaufwuchs an der Betonkante. Die Pflanzen sind hauptsächlich Keimlinge des mit Herbiziden nur schwer bekämpfbaren Bergahorn.
Weißes Schutzvlies unter dem Schotter. Es soll auch ein Durchwurzeln der Pflanzen verhindern.

Die diskutierte Schotterfläche in Gliesmarode hat dasselbe Schotter-Material wie der in den Gleisbetten – trotz unterschiedlicher Aufgaben und Ziele. Die Schotterfläche hat keine Gleise, muss also nichts stabil festhalten. Sie ist deshalb an der Stelle nicht notwendig. Die Planer haben ein anders Ziel verfolgt. Sie wollen eine unkrautfreie Fläche haben. Sie scheuen den Pflegeaufwand und Herbizidanwendung. Das ist verständlich. So kommt die Schotterfläche gerade recht, doch leider ist dieser Bauabschnitt nicht zuende gedacht. Als Grundlage und Trennschicht zwischen Boden und Schotter dient ein Schutzflies auf dem der Schotter liegt. Die Unkräuter/Gräser wachsen trotzdem (Fotos) und werden im Laufe der Jahre immer intensiver wachsen, weil Laub in die zahlreichen Schotterlücken fällt, dort humifiziert und damit ein Saatbett für die Unkräuter bereitet. Dieses Problem haben auch die Schotter“gärten“, die leider in Mode gekommen sind und dem Lebendigen widersprechen. Hinzu kommt, dass die fliegenden Samen gegen den groben Schotter prallen in die Lücken absinken und dort zu keimen beginnen.

Schotterrasen. Artenreiche Begrünung mit Kräutern schafft auch neuen Lebensraum für Pflanzen und Tiere. Dieser Untergrund ist sehr wasserdurchlässig, dadurch müssen die Pflanzen gut mit Trockenheit klar kommen.

Was tun gegen die Schotterfläche und für die Insekten?

Da hilft nur Komplettsanierung, also abtragen der Schotterfläche mit dem Schutzflis. Und dann eine Neuanlage unter Insektenschutz- und Pflegeaspekten. Da kommt nur eine Magerrasenwiese mit einmaliger Mahd/ Jahr infrage.

Vielleicht kann diese Wiese mit geringerem Aufwand auf der Schotterfläche erstellt werden, indem das Vlies perforiert und auf den Schotter magerer Boden aufgetragen wird. Auf dieses magere Saatbett wird dann mit der passenden Kräutermischung eingesät.

Das derzeitige ökologische Leichentuch sollte in vielfältiges Leben umgestaltet werden. Nur Mut ihr Bahnplaner – gebt dem Lebendigen eine Chance.

Wildbiene 2022: Rainfarn-Maskenbiene

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