Das Gas und der neue kalte Krieg – es wird heftig werden

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Die gegrillte Welt Foto: Pixabay

Der neue kalte Krieg kann sich jederzeit verschärfen – Die neuesten Meldungen dazu:

Als erstes eine Entschärfung: Die EU-Kommission beendet die Blockade von Kaliningrad. Litauen hat eine Niederlage im Streit um die Blockade Kaliningrads erlitten. Die EU-Kommission hat ein Machtwort gesprochen, allerdings mit Magengrummeln und hat dann im Kleingedruckten neue Sticheleien gegen Russland untergebracht.

Nordstream 1 sollte seit letzter Woche gewartet werden, doch bis heute scheint eine Turbine, die in Kanada gewartet wird, nicht zurück zu sein. Kanada hatte die Lieferung aus Sanktionsgründen nicht ausgeführt. Sehr, sehr spät hat die Deutsche Regierung interveniert. Noch am Freitag (also dem 8.7.) hat sich die Bundesregierung für die Freigabe der Turbine eingesetzt, am vergangenen Wochenende kam dann die Ausfuhrgenehmigung der Kanadier (also am 9./10.7.). Die Bundesregierung sagt nun, dass Russland keinerlei Grund mehr habe, seine Gaslieferungen zu verknappen. Aber das Teil ist noch nicht angekommen. Der Gasturbinenbauer Siemens Energy beteuert: „Unser Ziel ist es , die Turbine so schnell wie möglich an ihren Einsatzort zu transportieren.“ Zur Zeit arbeiteten Experten „an allen weiteren formalen Genehmigungen und der Logistik“. Wahrscheinlich sei die Turbine noch in Kanada und werde gerade für den Transport vorbereitet. (Quelle: Süddeutsche Zeitung vom 15.7.2022)

Neue Entwicklungen im kalten Krieg rund um BRICS

Um den neuen kalten Krieg zu beurteilen, muss man wissen, wer gegen wen steht.

Die eine Seite stellen bekanntermaßen die USA mit ihren Nato-Staaten und den anderen Verbündeten Japan, Australien usw. dar.

Auf der anderen Seite stehen China und Russland. Die beiden Länder gehören zu den BRICS-Staaten.

Die BRICS-Staaten treten für eine multipolare Welt und Unabhängigkeit ein, insbesondere für die Unabhängigkeit von den USA. Die Zusammenarbeit unter diesen Staaten nimmt zu.

Die Beschlagnahmung von 300 Milliarden Dollar russischen Geldes hat viele Staaten verunsichert. Diese suchen auch darum zunehmend den wirtschaftlichen Schutz der BRICS-Staaten.

Nach Argentinien und Iran überlegen jetzt auch Ägypten, Türkei und Saudi-Arabien der BRICS beizutreten. BRICS ist das Bündnis von Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika mit 40% der Weltbevölkerung und 16% des Welthandels. Die BRICS sind unter anderem dabei, ein neues Währungssystem für den Welthandel aufzustellen.

Bei Saudi-Arabien ist unklar ob diese nur Druck auf die USA aufbauen wollen, oder den BRICS-Beitritt ernsthaft vorhaben. Die Signale sind hier nicht eindeutig: so ist Saudi-Arabien dem Wunsch Washingtons, mehr Öl zu fördern, nachgekommen. Es kauft aber auch zunehmend russisches Öl für den Eigenbedarf ein, um mehr eigenes Öl (natürlich nicht russisches) verkaufen zu können.

Der Dollar ist schon jetzt heftig unter Druck durch die enormen Schulden der USA, die bisher durch das Drucken bzw. generieren von Dollars bezahlt wurden. Dass der Euro schneller fällt als der Dollar ist der desaströsen Energiepolitik der EU geschuldet. Die Energie in Deutschland ist das Hauptthema dieses Artikels. Da aber viele Querverbindungen vorhanden sind, werde ich auf die Zusammenhänge eingehen.

Zurück zum Dollar: Saudi-Arabien spricht mit China darüber, ob die Bezahlung des Ölhandels zwischen ihnen ohne Dollar erfolgen soll. Das wird weltweit beobachtet und wird weltweite Folgen haben. Angesichts der vielen Dollar, die dann in die USA zurückfließen werden, kann das dort eine harte Inflation, wenn nicht gar Hyperinflation auslösen. Das hat das Potential, die USA wirtschaftlich ins Chaos zu stürzen. Wie Präsident Clinton einmal sinngemäß sagte, die Wirtschaft schlägt in der Politik alles andere. Angesichts der vielen Waffen in privaten Händen kann es in der USA viel heftiger werden als in Sri Lanka. Dies führt zu einer kritischen Situation, denn eine in die Ecke getriebene USA könnte unangenehm reagieren.

Der Gasmarkt

„Wenn es nach unseren Freunden aus den USA ginge, ist der doppelte Preis für US-Erdgas in Deutschland für das Gesunden der US-amerikanischen Frackingindustrie erstrebenswert. Die USA produzieren inzwischen mehr Erdgas als Russland, aber sie können diese Mengen nicht allein in den USA absetzen, so dass dort die Erzeugerpreise über den Verkaufspreisen liegen. Die Frackingindustrie in den USA steht trotz voranschreitender Technik noch immer in tiefroten Zahlen.

Um das Gas nach Europa zu transportieren, wird es für den Transport mit Gastankern durch Kühlung auf −160 °C verflüssigt. Dadurch wird das Gas nicht nur wesentlich teurer als das Erdgas in Europa, sondern auch durch den hohen Energieeinsatz für die extreme Kühlung, klimaschädlicher. Würde allerdings Europa einen merklichen Teil der Produktion abnehmen, könnten die Preise in den USA steigen.

Der US-Fracking-Gasimport hätte besonders Einfluss auf die Miet- und Mietnebenkosten, die für viele Menschen in Deutschland eine hohe Belastung darstellen. Diese Kosten würden durch Frackinggas merklich steigen. Auch die europäische Wirtschaft würde durch höhere Energiekosten stärker belastet werden.“ Das die heutige Entwicklung absehbar war, kann man daran sehen, das die letzten drei Absätze aus 2018 stammen, sie waren die Einleitung des Artikels „doppelter Preis für Erdgas in Deutschland“ im Braunschweig-Spiegel.

Wie hat man es nun geschafft den Preis zu verdoppeln, um auch unseren Freunden in den USA einen Gefallen zu tun? Die EU hatte beschlossen das Gas gemeinsam an der niederländischen Börse in Europa zu handeln. Um den Preis hochzutreiben musste man nun ordentlich über Nordstream 2 streiten. Man musste über die Sicherheit der russischen Lieferungen streiten. Börsen reagieren bekanntlich schon auf Gerüchte. Nun konnten die Händler, im Hinblick auf die Zukunft, unabhängig von der realen Verfügbarkeit von Erdgas, die Preise weltweit(!) hochspekulieren. Je mehr man das günstige Gas aus Russland behinderte (z.B. Nordstream 2 nicht genehmigen), um so mehr konnte man teures Erdgas an der Börse ordern. Die Börsenpreise standen jahrelang im Bereich von gut 2 EUR je MMBtu und stiegen dann auf

4,72 EUR je MMBtu im September 2021

3,29 EUR je MMBtu im Dezember 2021

8,33 EUR je MMBtu im Mai 2022 (Quelle für die Preise)

Einige EU-Staaten wollten letztes Jahr zu einem geregeltem Markt zurückkehren – darunter Frankreich. Aber es war ausgerechnet Deutschland, welches das verhinderte. Obgleich die deutsche Wirtschaft und die deutschen Verbraucher große Vorteile vom geregelten Markt hatten. Unter geregeltem Markt verstehe ich hier einen Markt, der nicht frei an der Börse bestimmt wird. Der Gasmarkt wurde in Deutschland in mehreren Phasen, im wesentlichen ab 2005 und 2008 immer weiter liberalisiert. Dieser Prozess war sehr komplex und lässt sich daher schwer zusammenfassen, zudem verlief er in den EU-Staaten uneinheitlich.

Die Schäden Russlands durch die Sanktionen:

Der Außenhandel Russlands wurde vor den Sanktionen zu 50% mit dem Westen abgewickelt. Daher war das Zerbrechen von Lieferketten und Abzug von westlichen Firmen für Russland heftig. Der Schaden an der Wirtschaft soll etwa 10% der Wirtschaftsleistung betragen haben. Russland glaubt im günstigsten Fall die Schäden in 3 bis 5 Jahren, im ungünstigen Fall in 5 bis 8 Jahren behoben zu haben. Andererseits hat Russland auch in einigen Bereichen einen Wirtschaftsanstieg. Die Industrie ist schon wieder am steigen. Ich mutmaße einmal daran hat die Rüstungsindustrie ihren Anteil. Von der russische Wirtschaft wurden übrigens höhere Schäden erwartet. Die Lücken, die der Westen in die russischen Wirtschaft geschlagen hat, wurden vorrangig durch China, Indien und dem Iran gedeckt. Die Bevölkerung dieser Staaten ist grob 3-mal so groß wie der summierte Westen. Die große Autarkie der russischen Wirtschaft und das wirtschaftliche „Hinterland“ haben es dem Westen so schwer gemacht Russland wirtschaftlich zu treffen.

Da die Produkte, die Russland exportiert, kräftig im Preis gestiegen sind, ist ihre Außenhandelsbilanz hervorragend. Der Rubel ist zurzeit die stabilste Währung der Welt. Früher litt die russische Wirtschaft an dem zu niedrig gehandelten Rubel. Heute müssen sich die Exporteure an die Verteuerung durch den hohen Rubel anpassen.

Die Schäden an der russischen Wirtschaft lassen sich durch den Westen kaum noch steigern ohne einen Weltkrieg auszulösen. Russland geht davon aus, dass auch nach dem Ukrainekrieg die Wirtschaftsgrenze zum Westen bestehen bleibt. Am Anfang dieses Jahrhunderts wollte Russland noch ein blühendes „Europa“ von Portugal bis Wladiwostok. Damit hätten allerdings die USA ihre weltweite Vorherrschaft an Europa und China verloren. Dies haben die USA erfolgreich verhindert. So gesehen sind sie schon die Sieger.

Die Schäden der westlichen Staaten durch die Sanktionen

Die Staaten, die die USA bei den Sanktionen unterstützen liegen bei 50 – 65 Staaten der 195 Länder dieser Welt. Zu den anderen Ländern gehören viele der bevölkerungsstärksten Länder der Welt ( z.B. auch Indonesien).

Die Bevölkerung der Staaten, die Russland wirklich aktiv sanktionieren, ist rund 7-mal so hoch wie die russische Bevölkerung. Der Westen befindet sich aber in einer wirtschaftlich schwachen Phase und wurde durch Covid-19 weiter geschwächt. Der Anteil der G-7 Staaten am weltweiten Bruttosozialprodukt ist krass gefallen.

Die westlichen Staaten leiden an den kräftig gestiegenen Preisen bei den Rohstoffen, landwirtschaftlichen Produkten und Dünger. Auch wenn viele Preise durch Spekulanten nach oben getrieben wurden, können diese trotzdem der Wirtschaft im eigenem Land und die Endverbraucher im eigenen Land schädigen.

Energieintensive Wirtschaftsbereiche leiden besonders an hohen Gaspreisen (z.B. BASF in Ludwigshafen). Wenn dadurch Firmen ihre Produktion einstellen, weil sie nicht mehr konkurrenzfähig arbeiten können, dann entsteht, wegen fehlender Lieferketten, im Westen das reine Chaos.

Da die Staaten, die die Sanktionen nicht unterstützen, günstiger an die Rohstoffe und Energie kommen, werden diese konkurrenzfähiger. So kann Brasilien günstig Dünger in Russland einkaufen und will mit Russland neue Geschäfte über den Kauf von Diesel abschließen, während die Preise für Diesel in Europa in die Höhe schießen. Der Einbruch der Exporte in Deutschland zeigt drastisch die Folgen der deutschen Sanktionspolitik.

Was sich bei uns abspielt geschieht auch im fernen Osten, als Beispiel das Flüssiggasprojekt Sachalin II

Das Flüssiggasprojekt Sachalin II wurden gemeinsam von Russland 50%, Shell 28% und zwei japanischen Firmen ausgebeutet. Japan deckt davon etwa zehn Prozent der japanischen Flüssiggaseinfuhr. Shell stieg wegen der Sanktionen aus. Japan wollte an dem Projekt beteiligt bleiben. Während der Verhandlungen verkündete die Japanische Regierung, sie wolle Russland für Öllieferungen grundsätzlich nur noch den halben Preis des aktuellen Marktpreises zahlen. Dies war die Forderung der USA an die Teilnehmer der G-7, die dort übrigens nicht abgenickt wurde! Trotzdem wollte Japan dem Wunsch der USA nachkommen. Die Reaktion Russlands war, die Verhandlungen nicht mehr fortzuführen (und damit wohl alle 100% zu übernehmen). Japan hat damit seiner Energieversorgung einen schlechten Dienst erwiesen. Obgleich Japan wirtschaftlich unter Druck steht, will es seine jetzt schon hohe Rüstung verdoppeln.

Um die Transporte russischer Waren zu sabotieren, übt die USA Druck auf die Versicherungen aus, Schiffe mit russischen Waren nicht mehr zu versichern. So etwas kann auch immer nach hinten losgehen. Der sarkastische Kommentar bei der Wirtschaftszeitung CashKurs war: da wird mal wieder eine weitere Branche an Indien und China gehen.

Die Inflation im Westen, hat mehrere Gründe, sie wird aber durch die Preissteigerungen infolge der Sanktionspolitik kräftig angeheizt. Insbesondere in Deutschland, wird es wahrscheinlich zu einer Rezession kommen. Bei einer Inflation von 8% und einem nominellen Wirtschaftsanstieg von 2% würde die Rezession ungefähr 6% betragen.

Nicht der Krieg in der Ukraine, wie die Braunschweiger Zeitung behauptet, sondern die Sanktionen gegen Russland sind das entscheidende zusätzliche Element für die Inflation. Allein die Inbetriebnahme von Nordstream 2 würde die Lage grundlegend entspannen. Die Wirtschaft könnte aufatmen und wir Endverbraucher brauchten keine Angst vorm kommenden Winter haben.

Die Schäden im Westen sind keine einmaligen Schäden und können sich Jahr für Jahr fortsetzen. Die Wahrscheinlichkeit, das der Westen trotz seiner wirtschaftlichen Größe, sogar den prozentual größeren Schaden davon trägt, ist hoch, wenn nicht endlich verhandelt wird.

„Eine knappe Mehrheit der Deutschen (51 Prozent) glaubt, dass die gegen Russland verhängten Sanktionen Deutschland mehr schaden als Russland. Nur 39 Prozent haben laut Forsa-Umfrage für die TV-Sender RTl/ntv den Eindruck, dass der Schaden für Russland größer ist. 58 Prozent finden, dass bei einem Gasmangel die privaten Haushalte bevorzugt beliefert werden sollten. 34 Prozent sind anderer Meinung. Zwei Drittel wollen aber freiwillig ihr Heizen im Winter einschränken. – Schade, dass sich dieses Meinungsbild nicht in den Medien widerspiegelt. Dort kommen eigentlich nur noch Hardliner und Kriegstreiber zur Sprache.“ (Quelle Lost in EUrope)

Wir sollten auf diese schlechten Nachrichten reagieren, in dem wir uns für den Frieden in der Ukraine einsetzen und nicht für den Krieg – das ist gut für die Menschen in der Ukraine und gut für Deutschland. Der Krieg kostet den stark unterlegenen ukrainischen Soldaten wöchentlich zu tausenden das Leben.

Absurditäten aus dem Sanktionskrieg

1. Die USA verkaufen strategische Öl-Reserven an Chinas Staatsunternehmen.

Die Biden-Administration hat u.a. fast eine Million Fass Rohöl aus den strategischen Petroleumreserven an die Volksrepublik China verkauft hat. Und natürlich hatte einmal mehr sein Sohn Hunter Biden die Finger im Spiel. (aus CashKurs vom 12.7.2022)

2. Polen sanktioniert Russland – auf Kosten Deutschlands:

Polen will kein Erdgas aus Russland einkaufen und kauft es daher aus Deutschland, welches es zuvor aus Russland erhalten hat. Während nun Deutschland Erdgas an Polen liefert, erhält Deutschland aus der Pipeline Jamal seinerseits kein Erdgas. Wir müssen nicht nur das Gas betrachten, das wir an Polen geliefert haben, sondern auch das Gas, das wir in dieser Zeit nicht erhalten haben, da die Pipeline jeweils nur eine Richtung bedienen kann. Wäre im ersten Halbjahr 2022 auch nur die Hälfte der Menge vom ersten Halbjahr 2021 auf der Jamal-Pipeline nach Deutschland geflossen, wären die deutschen Gasspeicher jetzt randvoll, es gäbe keine akut drohenden Lieferengpässe und der Gaspreis wäre möglicherweise auf Vorjahresniveau. (siehe Braunschweig-Spiegel – Unsere Erdgastanks könnten voll sein..)

Die Schäden der übrigen Welt durch die Sanktionen – dargestellt an Beispielen

Staaten in Südasien und weitere Entwicklungs- und Schwellenländer geraten in eine ernste Energiekrise, weil Europa ihnen im Machtkampf gegen Russland das Flüssiggas wegkauft.

„In Südasien droht die Versorgung mit Flüssiggas zu kollabieren, weil europäische Staaten, darunter Deutschland, um jeden Preis aus dem Bezug russischen Pipelinegases auszusteigen suchen und deshalb Flüssiggas aufkaufen, wo auch immer dies für welchen Preis auch immer möglich ist. In Pakistan etwa ist es der Regierung in der vergangenen Woche nicht gelungen, bei einer Ausschreibung für den Kauf von zehn großen Ladungen LNG (Liquefied Natural Gas, Flüssiggas) für gut eine Milliarde US-Dollar auch nur ein einziges Angebot einzuholen. Bereits auf Islamabads drei vorherige Ausschreibungen war lediglich ein einziges Angebot eingegangen; der Preis von 40 US-Dollar pro MMBtu (million British thermal units, die gängige Einheit beim Handel von Flüssiggas) lag weit über dem Preis von 12 US-Dollar pro MMBtu, den Pakistan bei langfristigen Lieferverträgen zahlt, und übersteigt die finanziellen Kapazitäten des Landes deutlich: Islamabad musste das Angebot ablehnen. Sogar Importe, die eigentlich vertraglich fest zugesichert waren, fallen aus: LNG-Lieferanten können in Europa inzwischen so hohe Preise erzielen, dass es sich für sie lohnt, Pakistan zugesicherte Lieferungen nach Europa umzuleiten sowie Islamabad die fällige Vertragsstrafe in Höhe von 30 Prozent des Liefervolumens zu zahlen.

Die Folgen für Pakistan wiegen schwer. Rund ein Viertel der Kraftwerkskapazitäten des Landes werden laut offiziellen Angaben mit Flüssiggas betrieben. Zwei LNG-Kraftwerke mussten mangels Nachschub bereits außer Betrieb genommen werden. Die Ausfälle in der Stromversorgung nehmen zu; die pakistanische Regierung hat die Arbeitsstunden im Öffentlichen Dienst gekürzt und allerlei Einrichtungen von Fabriken bis zu Einkaufszentren zur früheren Beendigung ihrer täglichen Produktion bzw. ihrer täglichen Verkaufsstunden veranlasst. In der ersten Juliwoche wurden weitreichende Betriebsstilllegungen in der pakistanischen Textilindustrie verhängt, um die von ihr benötigte Energie für den privaten Stromkonsum und die als vorrangig eingestufte Düngemittelproduktion zu reservieren.“ (Quelle zu Südasien ist German-Foreign-policy)

Vergleichbare Verhältnisse sind aus Bangladesch, Sri Lanka und andere Staaten in Südasien zu berichten. Vielleicht geht ja künftig das Gas aus Sachalin an Südasien.

Die afrikanischen Staaten hatten schon vor den Sanktionen mit Ihrer Nahrungsmittelversorgung Schwierigkeiten. Die Sanktionen haben diese Schwierigkeiten verschärft. Insbesondere fällt es Ihnen jetzt schwer Dünger einzukaufen, denn die weltweit größten Lieferanten hierfür sind Russland und Weißrussland.

Die afrikanischen Staaten wünschen sich daher ein Ende der Sanktionen. Denn diese behindern den Zahlungsverkehr, und den Transport.

Russland will künftig das Getreide nicht mehr an Händler verkaufen, die den Preis nach oben spekulieren, sondern direkt an die Staaten liefern. Dabei will es künftig nach Bedürftigkeit und nicht nach den Preisen gehen. Staaten, die Russland sanktionieren, sollen nicht mehr beliefert werden.

Die Moral

Im Dezember 2013 hatte Egon Bahr, Mitstreiter in der Regierung von Willi Brandt, im Gespräch mit Schülern eines Gymnasiums erklärt:

In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten.

Wie soll man Menschen im Nahen Osten erklären, dass das große Unrecht an einigen Tausend Zivilisten in der Ukraine bedeutender ist als der Tod von 500.000 Kindern im Irak. Die Anzahl der Toten im Irak soll bei etwa 1,5 Millionen Menschen gelegen haben. Wobei viele an den Folgen des Krieges gestorben sind und nicht durch Waffengewalt. Die Anzahl der Zivilisten soll dort bei 95% gelegen haben. In einem Fernsehinterview antwortete Albright auf die Frage, ob das US-amerikanische Embargo gegen den Irak, das eine halbe Million irakischen Kindern das Leben gekostet hat, diesen Preis wert gewesen sei, mit: „Es ist diesen Preis wert.“ (Siehe Wikipedia)

Trotz umfangreicher Suche konnte ich nichts finden über die damaligen Sanktionen der EU gegen die USA. Genauso wenig fand ich über die Sanktionen gegen die europäischen Staaten, die sich am völkerrechtswidrigen Irakkrieg beteiligten. Zu den europäischen Staaten im Irakkrieg gehörten u.a. die Ukraine, Polen, Litauen, Lettland, Estland, Großbritannien, Rumänien – nicht aber Frankreich und Deutschland (dank Bundeskanzler Schröder).

Wie unangemessen unsere Medien über Ereignisse berichten, kann man daran erkennen, dass die Ermordung des saudischen Journalisten Jamal Kashoggi 2018 im saudischen Konsulat in Istanbul mehr Aufmerksamkeit im Westen erregt hat, als die vielen vielen Tausend Opfer des von Saudi-Arabien und den vereinigten Arabischen Republiken brutal geführten Krieges gegen Jemen. Übrigens ging es auch im Jemen um Energievorkommen. Der Krieg gegen Jemen wurde zudem von den USA unterstützt – ist vielleicht darum nicht angemessen berichtet worden? Der damalige demokratische Präsidentschaftskandidat und heutige US-Präsident Joe Biden hatte zu der Ermordung von Jamal Kashoggi gesagt, er würde die Saudis den Preis zahlen lassen und sie „zu dem Paria machen, der sie sind“. Er wird heute Saudi-Arabien besuchen und um Öl bitten.

Hier eine prominente Stimme aus Pakistan: Der Autor des folgenden Textes, Generalleutnant Asad Durrani war Chef des Geheimdienstes Pakistans, ISI, und Botschafter unter anderem in Deutschland. Er absolvierte die Führungsakademie der Bundeswehr. Sein Text wurde von den NachDenkSeiten ins Deutsche übersetzt. Asad Durrani geht auf die strategischen Vorgänge ohne moralische Betrachtungen ein, was den Beteiligten im Westen und in Russland eher schwer fällt. Meine Leseempfehlung – das umfassende Thema wird recht kurz dargestellt.

Faust lebt!

Irgendwann im Jahr 2014 wurde ich zu einer Diskussion über eine Krise in der Ukraine eingeladen. ..

Um ehrlich zu sein, hatte ich aber auch ein Eigeninteresse. Stratfor, eine US-amerikanische Denkfabrik, beschrieb die Ukraine jüngst als Russlands „Strategische Tiefe“ (damit ist eine Art Sicherheitsabstand gemeint, auf den Russland nicht verzichten kann, ohne einen strategischen Nachteil zu riskieren; Anm. d. Ü.) Über solch abstrakte Probleme zu sinnieren, war meine Lieblingsbeschäftigung. Strategische Tiefe ist ein stimmiges Konzept; alle Staaten streben danach, ihren strategischen Handlungsspielraum zu vergrößern. Bündnisse zu schmieden, ist eine weitere Option…

In der Folge der Invasion Moskaus zu Beginn dieses Jahres wurde das Ganze so verworren, dass ich das Gespräch mit vielen alten Freunden suchte, um diesen Schritt zumindest ansatzweise zu verstehen. Es folgen hier einige Erkenntnisse, die ich gesammelt habe. (Weiter bei den NDS)

5 Kommentare

  1. Zurück zum Gas, zu Nordstream 2 … und zu Putin?
    Quintessenz aus vorstehendem Beitrag von Bernd Krauß –

    Zitat:

    „Allein die Inbetriebnahme von Nordstream 2 würde die Lage grundlegend entspannen.
    Die Wirtschaft könnte aufatmen und wir Endverbraucher bräuchten keine Angst vorm kommenden Winter haben.“

    Eine Rückwärtsrolle zu Gas, Öl und Kohle?

    Die Forderung nach Inbetriebnahme von Nordstream 2 ignoriert dabei nicht nur die Klimakrise.

    Da waren wir weltweit dank Fridays For Future, Klimabündnissen in der hiesigen und europaweiten Bereitschaft zur Klima-Wende ja wohl längst weiter, oder?
    Es ist mittlerweile 5 nach 12, um überhaupt noch etwas zum Erreichen des 1,5 Grad-Ziels zu wuppen – schon vergessen? – https://www.ecosia.org/images?q=1%205%20grad%20ziel#id=0E99822EF696DDFC021521D3A4B1099121EF88C3

    Wie kann es immer noch sein, die Klimakrise in Energiefragen in ihrer Dringlichkeit zu ignorieren?
    Oder die Klimakiller (Gas-, Öl-, Kohleverbrennung) – wie im Falle des Autors vermutet – zwar zu kennen, aber nicht entsprechend handeln zu wollen?

    Pure Ignoranz ?

    .. und noch etwas

    P.S.:

    Das bedient ziemlich genau die Position des „besorgten Bürgers“, Querdenkereien und von AFD (eben gerade im Sommerinterview von Chrupalla im ZDF geäußert).

    Bundesinnenministerin Nancy Faeser warnt jüngst im „Handelsblatt“ genau vor solchen Ratschlägen:

    „Natürlich besteht die Gefahr, dass diejenigen, die schon in der Coronazeit ihre Verachtung gegen die Demokratie gezeigt haben (…) die stark steigenden Preise als neues Mobilisierungsthema zu missbrauchen versuchen.“https://www.n-tv.de/politik/14-28-Faeser-warnt-vor-radikalen-Protesten-wegen-hoher-Energiepreise–article23143824.html

  2. Kommentar zu Peter Rosenbaums Kommentar:

    Zum jetzigem Zeitpunkt sind wir noch auf Fossile Energien angewiesen. Die ökologischste fossile Energie ist von den zur Wahl stehenden das Gas aus Rohrleitungen. Flüssiggas ist wegen des enormen Energieverbrauchs zum Verflüssigen viel schlechter – wie im Artikel steht, muss es auf -160° herunter gekühlt werden. Verflüssigtes Frackinggas ist noch einmal schlechter.
    „Eine Rückwärtsrolle zu Gas, Öl und Kohle.“? Mir ist völlig neu, das durch Nordstream 2 auch Öl und Kohle fließt.
    Das Argument mit der Klimakrise ist also völlig an den Haaren herbeigezogen.
    Wenn wir auf andere fossile Energien zurückgreifen, verschärfen wir die ökologische Krise.
    Wenn wir von heute auf Morgen auf alle fossilen Energien verzichten, wird die Wirtschaft zusammenbrechen, wir werden frieren und unsere Rohrleitungen einfrieren.

    Übrigens engagiere ich mich seit vielen Jahren intensiv bei den neuen Energien – wie Du bestimmt weißt.

    Der Text hinter „P.S.“ ist nicht mehr würdig um ihn zu kommentieren.

  3. Zwei Anmerkungen:

    Kann es denn das Ziel im Braunschweig-Spiegel sein, mit einer Überschrift wie
    „es wird heftig werden“ Ängste zu befördern?

    Und dann auch noch Sichtweisen und Spekulationen des Autors explizit
    als „Meldungen“ zu verkaufen ?

    Einige Beispiele für Spekulationen im Artikel gefällig?:

    – „desaströsen Energiepolitik der EU … w i r d weltweite Folgen haben“
    – „in die Ecke getriebene USA k ö n n t e unangenehm reagieren“
    – „k ö n n t e n die Preise in den USA steigen“
    – „um den Preis hochzutreiben m u s s t e man nun ordentlich über Nordstream 2 streiten“
    – „insbesondere in Deutschland, w i r d es wahrscheinlich zu einer Rezession kommen“

    zusätzlich mündend in Wertungen wie:
    – Bilanz für Russland „hervorragend“
    – „wegen fehlender Lieferketten im Westen das reine Chaos“
    – „allein die Inbetriebnahme von Nordstream 2 würde die Lage grundlegend entspannen.“
    – „Die Wirtschaft könnte aufatmen und wir Endverbraucher bräuchten keine Angst vorm kommenden Winter haben.“

    Zum Titelbild des Erdballs auf dem (Gas)Grill:

    das Bild würde zur Klima-Krise sehr passen – zumal auch noch mit der passenden Gas-Flamme, ist hier aber nicht gar nicht thematisch so gewollt, nämlich Ausstieg aus den fossilen Energieträgern oder?
    Genau das Thema, weltweit von Fridays for Future mit klaren Forderungen zum Ausstieg aus fossiler Abhängigkeit angemahnt.

    Die Erde (auf dem Gas-Grill) steht also für die weltweite Überlebensfrage.
    Die Fragen und die Antworten im Artikel dagegen kreisen – völlig konträr dazu –
    im Spekulationsraum rund um
    – schnell jetzt weiterhin billiges Gas aus Russland und
    – Forderungen des Kreml umgehend nachzugeben und Nordstream 2 zu eröffnen.

  4. Der Kritiker Peter R. wirft dem Braunschweig-Spiegel vor, Ängste zu schüren. Warum? Weil im Artikel die große Gefahr behandelt wird, die auch in allen möglichen Medien tagtäglich umfassend dargestellt wird. Die möglichen Folgen einer unzureichenden Gasversorgung werden dargestellt, die verschiedensten Maßnahmen werden vorgeschlagen – vom Kaltduschen, dem Zuziehen von Vorhängen in der Wohnung bis zum Herunterschrauben der Wohnungstemperaturen. Viele Menschen machen sich große Sorgen, weil sie nicht wissen, ob sie mit den Preissteigerungen mithalten können und weil sie nicht einmal ausschließen können, dass es größere Entlassungen wegen fehlender Energie geben wird. Das könnte „Ängste befördern“, schreibt nun der Kritiker.

    Der Kritiker scheint auf einer Insel der Seligen zu leben, an denen all das vorbei geht. Anstatt sich mit den bevorstehenden Gefahren zu beschäftigen, greift er die an, die diese Gefahren benennen und zu erklären versuchen. Das löst aber die Probleme nicht.

    Natürlich ist die Beschäftigung mit künftigen – allerdings in nächster Zeit drohenden – Entwicklungen immer bis zu einem gewissen Grad spekulativ. Weil diese Entwicklung von vielen Faktoren abhängt, wie der Politik der Bundesregierung (im letzten Moment, am vergangenen Freitag, hat sie sich entschieden, Kanada zu bitten, die Reparaturturbine trotz Sanktion freizugeben), der Politik Russlands, der Politik der USA, der Politik der Staaten, die Öl und LNG-Gas auf dem Weltmarkt verkaufen, die untereinander konkurrieren, der Politik der Staaten, die um die knappen Energiegüter konkurrieren usw. usf.

    Angesichts dieser Lage wäre es interessant, welche Lösung des auf uns zukommenden Problems der Kritiker vorzuschlagen hat. Aber da nichts in dieser Richtung kommt, scheint das gar nicht sein Anliegen zu sein.

    Schließlich gibt er sich als Anhänger „klarer Forderungen zum Ausstieg aus fossiler Abhängigkeit“. Wirklich? Wie passt das zum beschleunigten Import von besonders klimaschädlichen Frackinggas aus den USA? Wie zu den von Minister Habeck angestrebten wachsenden Bezügen von LNG-Gas, das mit wesentlich höheren CO2-Emissionen verbunden ist, aus dem Nahen Osten? Wie zum Ersetzen des noch am wenigsten schädlichen fossilen Gases durch Kohle?

    Lieber Kritiker, ein bisschen mehr Sorgfalt in der Argumentation würde uns alle sicher bereichern. Wir hoffen darauf.

  5. Würde man die Milliarden statt für Waffenlieferungen für die erneuerbaren Energien ausgeben, hätte das Klima eine Chance. Durch den Krieg wird der Klimawandel nicht gestoppt.

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