Aegidienmarkt: Eine Todsünde direkt vor dem Kirchenportal

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Rund 200 Bürger informierten sich vor Ort über den neu gestalteten Aegidienmarkt. Foto: Klaus Knodt

Es gab eine Zuckerwattebude und einen Bierstand, und das war gut so. Ohne Süssigkeiten und Alkohol hätte man wahrscheinlich nicht ertragen, was Stadtbaurat Heinz-Georg Leuer zur offiziellen Eröffnung des „neugestalteten Ägidienmarkts“ von einer eigens für ihn errichteten Bühne herab verlautbarte: Nach über einem Jahr Bauarbeiten und für schlappe 1,7 Millionen Euro sei vor der Kirche ein Platz mit, natürlich, „neuer Aufenthaltsqualität“ entstanden. Ein Dutzend an Sarkophage erinnernde Betonklötze („Freisitze“) verhunzen jetzt die Fläche vor der Kirche, auf der früher wenigstens ein paar Autos parken konnten.

 

Stadtbaurat Heinz-Georg Leuer freute sich über die „neue Aufenthaltsqualität“ des Platzes vor der Kirche. Foto: Klaus Knodt

„Für die Autofahrer gibt es schöne Garagen um die Ecke“, wischte Leuer die dbzgl. Frage rasch beiseite. Die Menschen hätten den Platz im Mittelalter stark genutzt, bis die „autogerechte Stadt“ ihn zerstört habe. Analyse richtig, Problembehandlung voll in die Hose gegangen: Denn noch immer zerstört die Stoben-/Auguststraße autogerecht den zweigeteilten Platz.

Leuer indes schwärmte über den „wieder dargestellten historischen Kontext eines Marktes vor der Kirche“, wünschte sich direkt neben der dieselbelasteten Verkehrsmagistrale „spielende Kinder“ und hoffte darauf, dass sich der „Radverkehr neu entwickelt“.

 

Direkt neben der lärmigen Stoben-/Auguststraße sei jetzt eine „spannende Spielfläche“ entstanden, freute sich der Stadtbaurat. Vielleicht locke er sogar Boule-Spieler an. Foto: Klaus Knodt

Problem nur: Für „spielende Kinder“ sind Magnikirchplatz, Lessingpark und Löwenwall gleich um die Ecke die deutlich attraktiveren „Aufenthaltsquartiere“. Und der gemeine Radverkehr von der Innenstadt zum Bürgerpark wird sich nur mit geringer Wahrscheinlichkeit „neu entwickeln“, wenn man ihm als Bänke getarnte Betonpoller in den Weg stellt.

Dass der ganze Umbau neben der vielen Kohle auch noch das Leben von alten Stadtbäumen gekostet hat, ist nahezu unverzeihlich. Aber dafür wird die Steinwüste jetzt bei beginnender Dunkelheit mit neuester LED-Technik „ansprechend illuminiert“. So eine Art Museumsbeleuchtung für eine Todsünde direkt vor dem Kirchenportal St. Aegidiens.

 

Keine Party ohne Gegendemo: Angestellte und Gäste des „Ristorante Romantica“ protestierten gegen den Wegfall ihrer kuschelig-grünen Gartenlaube vor der Haustür. Foto: Klaus Knodt

Man kann nur hoffen, dass die Verwaltung das schöne, alte Kopfsteinpflaster nicht teuer „fachgerecht entsorgt“ hat, sondern es irgendwo gut verwahrt – bis der Aegidienmarkt in der kommenden Generation wieder zurückgebaut wird.

 

7 Kommentare

  1. Herr Leuer und seine Stadtplaner arbeiten ja bekanntlich schon längst am nächsten städtischen Highlight, der Neugestaltung des Hagenmarktes. Wenn es vollendet ist, sicherlich wieder gepriesen von BZ und NB. Es ist gut, dass uns Herr Knodt, den etwas anderen Blick auf die Gegebenheiten weisen wird.

    • Ach ja, über Geschmack läßt sich bekanntlich streiten, aber parkende Autos schöner zu finden vor einer Kirche als einen nun wieder von Nichtmotorisierten nutzbaren Platz, das gibt es wohl nur im VW-County!?

      • Ja, wenn er denn genutzt wird?
        Und wenn wofür?
        Für ein vergrößertes Magnifest? Oder für´s Warten auf den ersten verunglückten Fußgänger?

  2. Den Straßenverkehr blendende leuchtende Betonbänke, die die Verkehrssicherheit gefährden, kahle Mondlandschaft, spielende Kinder neben einer 6-spurigen Hauptverkehrsader, das kanns ja wohl noch nicht sein, wo ist die Begrünung, Sträucher, Wiese, Beete, das ist Stadtplanung von gestern und vorgestern, schlimm wie immer, … wo sind endlich mal andere frische lebendige Ideen, … das Schöngerede toter Stadtwüste ist einfach unerträglich, Bürger dieser Stadt werden alibimäßig aufgefordert „denk deine Stadt“ … bei soviel Ideenlosigkeit ist das auch bitter nötig. Kann es evtl. sein das für gute Ideen ein Personalwechsel erforderlich wäre?. Anderswo wäre man längst seinen Job los bei solch fragwürdiger Arbeit … wie geht das? Einfach nur nur traurig, das alles ….

  3. Den neugestalteten Aegidienmarkt als „Todsünde vor dem Kirchenportal“ zu bezeichnen, ist m. E. völlig daneben. Ich bin da eher bei Herrn Leuer als bei Herrn Knodt – dieser innerstädtische Bereich hat jetzt deutlich mehr Aufenthaltsqualität als vorher. Die früheren Parkplätze vermisse ich kein bisschen und die beleuchteten Sitzbänke finde ich sehr schön!

  4. Der halbe Artikel des Herrn Knodt besteht aus Lügen! Über den Platz führt eine breite Auffahrt die auch für Radfahrer gedacht ist und selbst Autos die Zufahrt zur Kirche gewährt. Die Verkehrsschneise ist nicht mehr sechs- sondern vierspurig und es wurde auch nicht ein einziger Baum gefällt, sondern es werden noch mehrere Bäume neu gepflanzt und die vorhandenen neu gefasst und in die Freisitze für die Gastro einbezogen,

    Ferner wurde die Überhöhung des Bahnkörpers rückgebaut und die Gitter entfernt, bei nahender Straßenbahn schaltet eine Ampel auf rot.

    Im Sommer bietet der Platz nun reichlich Optionen sich bei einem Glas Wein und mediterraner Küche niederzulassen.

    Die Parkplätze wurden teils verlagert und dienen nun dazu, dass man auch draußen sitzen und essen kann in den anliegenden Restaurants.

    Die Kirche ist nicht mehr durch Autos verstellt und trotzdem für die Kirchgänger problemlos erreichbar.

    Wer so verbittert und bösartig schreibt und wissentlich reihenweise falsche Tatsachen wiedergibt um etwas mutwillig schlecht zu machen . . hat wohl sehr persönliche Gründe sich derartig aufzuführen.

    Rationale und vor allem objektiv verifizierbare Gründe bringt der Artikel jedenfalls nicht ein einziges hervor.

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