Posaunen in der Klosterkirche – Hempels Abschied

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Pastor Hempel

Nun ist es so weit. Das Dienstende von Domprediger Joachim Hempel steht vor der Tür. Was gibt es Schöneres an einem Sommerabend dieses Ereignis an seiner früheren Dienststätte zu begehen.

Um 17.00 Uhr soll die Abschiedsfeier beginnen. Auf dem Weg zur Klosterkirche lasse ich die letzten Jahre an mir vorüber ziehen. Herrn Hempel kenne ich seit er seinen Dienst  vor 22 Jahren im Dom angetreten hat.

Doch kannte ich ihn wirklich? Er betont immer wieder, daß er Braunschweiger ist, und man hat auch das Gefühl, daß er seine Heimatstadt liebt. Ein  Braunschweiger trinkt Bier, liebt Eintracht und den Dom. Ferner hat er  seine eigenen Aussprache usw. usw.. Durch Bibelschule und Studienreisen sieht man dann etwas klarer.   Hempel ist kein Kuscheltyp. Aber er ist sich seiner Ecken und Kanten bewußt. Niemand wird ihm jedoch Fleiß und Engagement für „seinen“ Dom absprechen wollen. Nicht zuletzt durch seine überwiegend guten, lebensnahen Predigten ist der Dom zu einer der   meistbesuchtesten Kirchen Deutschlands geworden. Seine Aussprache ist deutlich, und die Inhalte sind wirklichkeitsbezogen. Kritiker dagegen würden lieber etwas mehr Frömmigkeit haben. Doch damit bekommt man die Menschen nicht in die Kirche. Der bibelfeste Hempel ist aber auch nicht der Typ für Frömmeleien – eher bodenständig und politisch. Er legt die Finger auf die Wunden unserer kommunalen Gesellschaft und ihrer Entscheidungsträger.

Die Bibelschule, die bisher jeden Mittwoch stattfand ist sehr interessant, denn Herr Hempel verfügt über ein sehr großes Bibelwissen und kommunalpolitischer Beobachtungsgabe. Mitunter kann es auch sehr lustig sein, wenn Politik der heutigen Zeit mit einfließt .Ich sage immer: „Ein Jahr Hempel und man kann sich die vielen Jahre Religionsunterricht in der Schule sparen,  wenn man seinem Tempo folgen kann. Aber aufgepaßt: Es redet  nur Einer.

Einer der Höhepunkte seiner beruflichen Laufbahn sind sicher die Dom-Studienreisen. Eigentlich müßten sie Hempel-Reisen heißen. Weder bei TUI noch bei Studiosus bekommt man soviel Informationen, daß man nach zwei Tagen gar nicht mehr weiß, wie lange man schon unterwegs ist.

Niemand sollte eine Hempel-Reise mitmachen, wenn er nicht wirklich gesund ist. Da gibt es keine Kompromisse, wenn das Flugzeug 8 Stunden Verspätung hatte, und man die ganze Nacht im Flugzeug verbringen mußte. Man kommt an, duscht, zieht sich um, ein schnelles Frühstück, und dann wird das vorgesehene Programm pünktlich erledigt bis zum Abend. Abends gibt es aber dann die Streicheleinheiten, daß man gut durchgehalten hat. Es ist sicher nicht ganz einfach mit 24 Individualisten unterwegs zu sein. Unser „Reiseleiter“ wirkt auch manches Mal recht angespannt und so richtig lachen habe ich ihn nie gesehen auf den Reisen. Die Verantwortung ist letzten Endes sehr groß, und er will alle wieder ge sund zu Hause abliefern.

Pastor Hempel vor der beeindruckenden christlichen Felsenkirche in Lalibela (Äthiopien)

Manchmal herrscht ein wenig Kasernenhofton. Aber nach seinen Angaben gibt es die Bundeswehr ja nicht mehr. Na ja, dann war eben die Mission Atalanta in Djibouti eine Trachtengruppe, die wir besucht haben. Vielleicht denkt er auch so manches Mal: Warum tue ich mir das an? Warum eigentlich? Letzten Endes muß er die manchmal nicht unerheblichen Strapazen auch ertragen, nicht nur wir.

Ich bin in der Klosterkirche angekommen, die bis auf den letzten Platz gefüllt ist. Nach einer Ansprache von OLKR Hofer spricht er Hempel noch einige Worte. Es wird sich bedankt und zurück geblickt, wie das bei solchen Anlassen eben üblich ist. Irgendwie kommt mir seine Stimme heute anders vor. Sie wirkt ein  wenig belegt, oder ist es nur die nicht so gute Laussprecheranlage der Kirche?

Danach spielt der  Posaunenchor der Propstei Braunschweig sehr schöne Lieder. Zwischen den einzelnen Stücken ist es still in der Klosterkirche. Wohl jeder hat zu irgendeinem Lied Erinnerungen, gleich welcher Art. Dann kommt „Yesterday“. Was mag ihm jetzt alles durch den Kopf gehen?  Fällt der Abschied doch nicht so leicht, wie er immer behauptet hat: Ganz sicher kommt ein wenig Wehmut auf, wenn man an die vielen Jahre erfolgreicher Arbeit denkt, bei der auch einige Hürden zu nehmen waren. Kritik gab es oft von verschiedenen Seiten. Man muß sich damit abfinden, daß man nicht mehr in der ersten Reihe sitzt. Die Meinung ist nicht mehr so gefragt, und das wird von Tag zu Tag weniger. Die Nachfolger wollen es noch besser machen. Aber das wird nicht so leicht sein. und einen Hempel kopieren zu wollen, wäre ein großer Fehler. Der ist unkopierbar!

Zum Abschluß geht es in den Klostergarten. Es gibt zu essen und zu trinken, und man tifft viele liebe Bekannte, mit denen man sich nett unterhalten kann. Aber kaum jemand spricht von der Vergangenheit. Man ist gespannt, wie es weitergeht. Denn wir haben ja auch noch unseren Dompfarrer Kohn verloren, und noch gibt es keinen neuen.

Die Ära Hempel geht zu Ende. Für seine unermüdliche Arbeit verdient er den  Respekt aller.

Alles Gute, Herr Hempel, Ihnen und Ihrer Frau, und noch viele Jahre beste Gesundheit.

Aber bitte, an der Supermarktkasse etwas mehr Geduld. 

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