„Weibermacht. Die schöne Böse“

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Ausstellungsplakat. Foto: M. Brandes

Über Angst vor weiblicher Macht und die Kraft neuer Perspektiven

bis zum 22.02.2026 im Herzog Anton Ulrich-Museum

Diese Ausstellung ist wirklich etwas ganz Besonderes.

Sie bürstet Kunst gegen Strich, wirbelt unsere gewohnten Sichtweisen durcheinander, lässt uns neue und wichtige Aspekte in alter Kunst entdecken (Originalzitat Museumsdirektor Dr. Thomas Richter: “Kunst ist nicht harmlos, nur weil sie alt ist”).

Sie schürft tief und nachhaltig in Jahrhunderte alten Steinbrüchen tradierter, ambivalenter Vorstellungen und Ansichten über weibliche Rollenbilder.

Und es treffen hier klassische Werke auf feministische und queere Perspektiven der Gegenwart.

Ute Behrend, Küssendes Paar, Mädchen mit Pistole, 1995, Leihgabe Kunstmuseum Wolfsburg © VG Bild-Kunst, Bonn 2025

Ausstellungsbesucher: in erkennt schnell: Genuss und Erkenntnis schließen sich natürlich nicht aus – sondern verschmelzen, genau wie schon in den Schaffensperioden der ausgestellten Künstler, egal aus welchem Jahrhundert.

Natürlich fokussiert die Ausstellung ihr spezielles Grundthema – neben dem Genuss der Kunstbetrachtung natürlich.

Lucas Cranach d. Ä., Herkules bei Omphale, 1537, Herzog Anton Ulrich-Museum, Claus Cordes

Seit dem Mittelalter erzählt die Kunst Geschichten von „Weibermacht“: von Frauen, die Männern buchstäblich den Verstand rauben, von Helden, die Keule gegen Spindel tauschen

von Gelehrten, die ihre Autorität verlieren – und das alles stets aus männlicher Perspektive.

Adam und Eva. Albrecht Dürer

Mit der Erzählung von Evas Schuld entsteht eine Urfigur der Weibermacht: Sie wird zur ersten großen Projektionsfläche, auf der sich Misstrauen, Angst und Abwertung gegenüber Frauen bündeln.

Adam und Eva, Rembrandt

Ist die Frau wirklich nur „die schöne Böse“?

Verbergen sich hinter all diesen visuellen Erzählungen Machtstrukturen? Mechanismen der Manipulation?

Gesellschaftliche Regeln und Dynamiken, die bis heute nachwirken?

Ausstellungskuratorin Anna Eunike Kobsdaj und Dr, Thomas Richter, Direktor des HAUM beim Pressegespräch. Foto: M. Brandes

Mich fasziniert nicht nur, was diese Figuren tun, sondern was sie auslösen” (Anna Eunike Kobsdaj).

Kuratorin Anna Eunike Kobsdaj M.A., aktuell wissenschaftliche Volontärin am HAUM und Dr. Thomas Richter, Direktor des Hauses, sind sich einig über den Fokus dieser Ausstellung, die in ihrem klugen, freundlich provokanten Stil klassische und moderne Kunst kombiniert.

Die Schau soll konsequent stereotype Rollenbilder hinterfragen, Machtverschiebungen sichtbar machen, Narrative neu beleuchten und inspirierende Vorbilder präsentieren.

Machtübergabe; Der Mann kniet und zieht seiner Frau die Hosen an. Foto: M. Brandes
Die Frau züchtig ihn, weil er vom rechten Weg abgekommen ist (seine Verfehlungen im Hintergrund). Foto: M. Brandes

Besucher:in erfährt hier beispielweise etwas über “Die Frau als theologische Konstruktion” oder “Keuschheit als Ausdruck der Selbstbestimmung” oder “Haushalt und mehr”, erfährt etwas über das Leben der weiblichen Dienstboten, aber auch über starke Frauen wie die schwedische Königin Christine, die schon bald nach ihrer Krönung über totalen Rückzug nachdachte (und schließlich freiwillig abdankte, um sich in Rom der Kunst zu widmen).

Der männliche Blick auf die Bedienstete. Foto: M. Brandes
Georg Pencz, Aristoteles und Phyllis, um 1545, Herzog Anton Ulrich-Museum, Ann-Katrin Senff

Auch für “Sex und Verrat”, “Weiblichkeit als Waffe”, “Machtmissbrauch” oder für “Was Man(n) sehen will” hat die Kuratorin Kunstwerke ausgesucht, die hier, in dieser Ausstellung – herausgelöst aus den “klassischen” Kunstbetrachtungskontexten – eine neue, aktuelle Wirkungsmacht entwickeln, die direkt unter die Haut geht.

v.l. Dr. Sarah Babin, Leiterin Ausstellungs- und Veranstaltungsmanagement und Kuratorin Anna Eunike Kobsdaj M.A. Foto M. Brandes

Natürlich ist diese Schau ein wunderbarer Kunstgenuss. Denn es geht ja auch um intensive Kunstbetrachtung, um die Freude an den Bildern, den Holzschnitten, den Kupferstichen von so herausragenden Künstlern wie Albrecht Dürer, Hans Sebald Beham, Lucas van Leyden, Jan Saenredam, Rembrandt, William Hogarth und vielen anderen aus den Tiefen des wunderbaren HAUM-Kupferstichkabinetts, das eine der bedeutendsten Sammlungen Europas hütet.

Den Sammlungskunstwerken aus dem HAUM sind zeitgenössische Arbeiten von Künstler*innen wie Cindy Sherman, Nobuyoshi Araki oder Ute Behrend aus dem Kunstmuseum Wolfsburg zum Dialog an die Seite gestellt, die offen provokant Geschlechterrollen und Machtverhältnisse hinterfragen und alternative Perspektiven eröffnen.

Das Digitale Magazin. Foto: M. Brandes

Eine Premiere für das HAUM ist das DIGITALE MAGAZIN zur Ausstellung.

Ausstellungsplakat

Außerordentlich informativ, spannend und unterhaltsam, kann darin vor oder während oder nach dem Besuch gelesen, geblättert, gesucht, gespielt werden.

Besucher:in ermöglicht es, sich themenbezogen jederzeit in weiträumig vernetzten Informationsräumen auch außerhalb der Ausstellung zu bewegen.

Das funktioniert entweder mit dem eigenen Smartphone/Tablet oder bequem im Sessel mit den beiden Tablets im hinteren, dritten Ausstellungsraum.

Ein opulentes Begleitprogramm mit Filmvorführungen, Vorträgen, Podiumsdiskussionen und Netzwerkveranstaltungen vertieft die Ausstellungsthemen.

https://3landesmuseen-braunschweig.de/herzog-anton-ulrich-museum

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