Nein Herr Knodt, wir sind nicht die Erben von Mördern

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Wir sind die Erben der Mörder“ überschreibt Herr Knodt seinen Beitrag im Braunschweig-Spiegel. Das sehe ich anders und widerspreche entschieden. Ich schreibe meine andere Sichtweise nicht als Kommentar, sondern auch als Beitrag im B-S an prominenterer Stelle.

Dieser Titel geht für mich überhaupt nicht. Es gibt erstens keine Kollektivschuld sondern nur persönliche Schuld, und zweitens bin ich keine Erbin eines Mörders und Herr Knodt wahrscheinlich auch nicht. Und das gilt für die meisten  Menschen in unserer Republik.

So langsam sollten die Schuldzuweisungen grundsätzlich zu Ende sein. Über wahrscheinlich den letzten Naziprozess wurde im Braunschweig-Spiegel ausführlich berichtet. An dem nahm auch ich in Detmold als Besucherin teil. Meine Meinung bedeutet nicht, daß alles vergessen werden soll. Im Gegenteil, die Geschichte ist immer unabänderlich, sie steckt in uns, ob wir wollen oder nicht. Außerdem haben wir uns an sie zu erinnern und vielleicht auch zu trauern. Zu ihr müssen wir alle stehen, und wir müssen politisch aufpassen. Aber ich als Erbin eines Mörders, nein!

3 Kommentare

  1. Liebe Frau Zoschke, dann haben Sie Glück gehabt. Meine Großeltern haben „dem Regime“ gedient. Meine Großmutter hat darauf bestanden, dass sie mit ihrem Mutterkreuz (aus der Hand des Führers) beerdigt wird.

    Sie müssen konsequenter Weise akzeptieren, dass unsere Großeltern aus Karrierestreben, Opportunismus, Verblendung, Feigheit, falscher Überzeugung oder schnöder Geldgier mehr als 30 Millionen (!) Menschen umgebracht haben.

    Für mich als Mensch ist es Menschenpflicht, daran zu erinnern, dass es diese Geschichte gab. Natürlich habe ich keine persönliche Schuld an all dem, was die Geschichte mir gebar. Mein Großvater hat Menschen umbringen müssen und meine Großmutter hat hingenommen, dass ihre jüdischen Nachbarinnen umgebracht wurden. Somit bin ich aber der Erbe von Mördern. Aus, Schluss, Entetrente.

    Der Satz „So langsam sollten die Schuldzuweisungen grundsätzlich zu Ende sein“ ist für mich eine Verhöhnung der Opfer. Es GIBT eine Kollektivschuld. Verbrechen, die ein Einzelner nie begehen würde, lassen sich aus der Masse heraus gewissenlos rechtfertigen: Ich hab doch nur mitgeprügelt. Ich hab doch nur miterschossen. Ich hab doch nur mitvergewaltigt. Ich hab Kinder doch bloß mit dem Kopf gegen die Betonmauer mitgehauen, weil mein Leutnant damit angefangen hat…

    Diese Schuld ist niemals tilgbar. Auschwitz, Bergen-Belsen, Stalingrad; das Warschauer Ghetto, Birkenwald und Sheffield kann man nicht einfach unter „shit happens“ subsumieren (allein dies schreiben zu müssen, tut mir weh).

    Sie behaupten, „Geschichte ist immer unabänderlich, sie steckt in uns“. Das ist falsch und richtig. Geschichte wird unabänderlich von Menschen gemacht. Und steckt in UNS, den Erben der Mörder.

    • Sie verwechseln da etwas, Herr Knodt. Es gibt ein Kollektivurteil aber keine Kollektivschuld. Wenn Sie sich als Erbe von Mördern fühlen, dann ist das Ihr Problem. Aber verschonen Sie bitte unschuldige Menschen. Oder gibt es die bei Ihnen auch nicht? Haben Sie denn auch diese schlimmen Orte alle schon mal besucht, von denen Sie schreiben oder ist das nur Zeitungswissen?

      • Ich war persönlich betroffen in Oradur-sur-Glane, in Bergen-Belsen und in Auschwitz. Ich habe die Bunker- und Schanzanlagen in Dänemark und Belgien gesehen und die Berichte meines französischen, jüdischen Onkels gehört, der zum Glück davon gekommen ist. NEIN, ich rede nicht von Zeitungswissen, sondern von Erleben. Ich kann mich als Individuum, aber nicht als DEUTSCHER von Schuld frei machen. Unser Volk hat Hitler in demokratischer Wahl zur Macht gebracht. Weder Frauen (hatten damals schon Wahlrecht) noch ethnische Minderheiten haben die Machtergreifung Hitlers nach der Reichstagswahl am 4. Jan. 1933 (Papen-Hindenburg-Pakt) unterbunden. Hier darf ich wohl schon von einer Kollektivschuld des deutschen Volkes reden.
        Für mich gibt es in diesem Zs. keine „unschuldigen Menschen“, Kinder mal ausgenommen (die dann zehn Jahre später gezwungener Massen zu Mördern werden mussten, um nicht selbst ermordet zu werden).
        Für mich gibt es die Feigheit des Deutschen Volkes, diese barbarische Menschenvernichtung nicht gestoppt zu haben. 6 Millionen eigene Söhne opfern, 6 Millionen Juden vergasen, 13 Millionen fremde Soldaten umbringen – und dann reden Sie von „unschuldigen Menschen“?

        Das Volk, unschuldige Mädchen, hat 1933 den Krieg geahnt und 1939 gewollt. Es war nicht ein „böser Hitler“, der plötzlich auf den Knopf drückte. Das deutsche Volk wurde zu einem Volk von Mördern. Und wer sich nicht gewehrt hat, ist für mich nicht unschuldig, sondern bloss opportunistisch.

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