
Die Ausstellung ist zu sehen bis zum 30. November im Museum für Photographie Braunschweig
Andrzej Steinbachs Fotos sind stets Ergebnisse wochenlanger Planungsarbeit, präziser Ausstattung, sorgfältig austarierter Bildausschnitte. Es ist der Eindruck des Präzisen, Geplanten, Formalen, des orchestrierten Details, das Prozesshafte in diesen Arbeiten, das Besucher:in sicher als Erstes ins Auge sticht.
In einer Auswahl von Arbeiten und Werkgruppen, die in den vergangenen 13 Jahren entstanden sind, zeigt das Museum für Photographie Braunschweig in den nächsten zwei Monaten Fotoarbeiten, Objekte und Filmarbeiten des Künstlers.

Umfassend präsentiert die Ausstellung im Torhaus 2 erstmals in Deutschland auch seine jüngste Werkgruppe “Erweiterungen/Extensions” (2024).
Mit dieser aktuellen Serie knüpft Andrzej Steinbach an seine fotografische Inszenierungspraxis an, meist neutral wirkende „Figuren“ in ebenso neutralisierten Raumumgebungen und mit Kleidung aus Kontexten der Arbeitswelt oder Streetwear zu inszenieren.
Wenn diese exakte, formal wirkende Art der Fotografie auch manchmal leicht obsessiv wirkt, so ist doch faszinierend, wie der Künstler mit seinem energischen Gestaltungswillen Eindrücke neu strukturiert, neue Betrachtungszugänge schafft,
Vor allem strenge Schwarz-Weiß-Kompositionen scheinen ideal zu sein für die Intentionen dieses Künstlers, die das vordergründige Fehlen von fotografischer Opulenz noch besonders betonen.


Menschen werden zu formalen, typisierten Figuren (da lächelt niemand). Manches erinnert an den formalisierten Bildaufbau in den Portraitfotografien des frühen 20. Jahrhunderts.
Bei intensiverem Hinsehen und gleichzeitig entspannter Betrachtung können sich seine Bilder öffnen, das Präzise, Formale rutscht langsam ins Diffuse weg. Gerade die Typisierungen und Zuschreibungen öffnen plötzlich neue Deutungsspielräume.
Poetische Momente lassen in den Bildern aus der Serie “Auto-Erotik” erspüren, wo er mit metaphorisch-erotischen Anspielungen technische Objekte und ihre Beziehungen zum Menschen inszeniert.


Wunderbar ist auch das Motiv der Leertaste (Space Bar) aus seinem Zyklus “Disassembling a Typewriter”, in dem er eine Schreibmaschine in ihrer zentralen kulturhistorischen Bedeutung sehr liebevoll fotografisch dekonstruiert (inklusive der Staubflusen) und die Erotik der Leertaste entdeckt.
Hier ist wieder etwas spürbar vom Verschwimmen, vom Wegrutschen des Präzisen ins Diffuse. Schön auch die Lust am Anarchischen in Bildgestaltung und Motivauswahl hervorschimmern zu sehen (der Künstler empfing wesentliche Lebensimpulse in der Punk-Szene).

Diese Impulse merkt man auch im Torhaus 1.
Spaß, Irritation, Erkenntnisgewinn bringt sein “Medienraum” voll alter Monitore, einem Plattenspieler, einer wuchtigen Diabetrachtungsmaschine, die er alle wieder zum Leben erweckt, mit neuen (seinen) Bedeutungen versieht, parallel zum Vergangenen.


Auf dem Plattenspieler könnte er vielleicht auch sein Debütalbum “Portal” mit den zwei Musikstücken, „Wartehalle“ und „Behörde“ abspielen. Dafür hat der Künstler ein Objekt aus seiner Sammlung (ein Türrahmen aus Metall) zu einem Instrument umfunktioniert – mit dem er “Free Industrial Jazz” spielt.
Eine Ausstellung wunderbar für erlebnisoffene Besucher:in.
Das gesamte Rahmenprogramm zur Ausstellung finden Sie unter
www.photomuseum.de
weitere Informationen auf facebook und Instagram
                


















