Eine Straßenbahn nach Querum – das geht auch ohne Brücke!

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In diesem Bereich soll die Campusbahn das Landschaftsschutzgebiet überqueren,

Die Verwaltung der Stadt Braunschweig favorisiert einen Anschluss Querums über die „Campusbahn“ – eine Straßenbahnlinie, die von der Nordstadt aus mit einer gewaltigen Brücke die Gleise der DB und die Auen der Wabe und Mittelriede überquert.

Bisher haben zwei Bürgerworkshops zu dem Thema stattgefunden. In dem ersten, am 12. November 2018, stand ausschließlich diese Trasse zur Debatte. Es gab aber „Sorgen um den Natur- und Landschaftsraum und die Einbettung einer Brücke in das Landschaftsbild“, so wurde es auch in dem Ergebnisprotokoll festgehalten. „Einige Bürger setzten sich dafür ein, dass Querum über die nach Volkmarode führende Trasse angebunden werden soll. Dadurch könnte auch die geplante Wendeschleife in Gliesmarode eingespart werden.“

Der zweite Bürgerworkshop fand am 1. Juli 2019 statt. Nun wurde auch die alternative Strecke über die Querumer Straße ausführlicher diskutiert. „Die grundsätzliche Abwägung (…) lautete für die Bürger: Soll für eine Trassenführung nach Querum mit kurzer Fahrtzeit und höherem Fahrgasterschließungspotenzial ein Landschaftsschutzgebiet durchquert werden? Viele Workshop-Teilnehmer betonten die damit verbundenen Vorteile einer solchen Trasse. Mehrheitlich bewerteten die Bürger das Projekt jedoch skeptisch“, hieß es anschließend auch in dem Bericht über diesen Workshop.

Die alternative Trasse über die Querumer Straße wurde schon seit vielen Jahren frei gehalten. Entsprechend wurde auch die Frage eines Bürgers beantwortet: „Der Korridor von der Berliner Straße abgehend von der Querumer Straße und die Bevenroder Straße ist so weit freigehalten, dass die Stadtbahn dort – zumindest in Abschnitten sogar auf eigenem Gleiskörper – verkehren könnte.“ (Kommentar Stadt.Bahn.Plus, 07.06.17).

Diese Verbindung nach Querum wäre kostengünstiger, landschafts- und naturschonend. Sie würde eine kürzere und umsteigefreie Fahrt von Querum zum Gliesmaroder Bahnhof und zum Rathaus ermöglichen. Die Wendeschleife an der Berliner Straße könnte entfallen und damit Kosten von ca. 3 Mio. Euro eingespart werden. Auch der grüne Hügel vor der Bugenhagenkirche würde erhalten bleiben.

Bei einer Ringlösung in Querum über die Essener, Duisburger Straße und das Holzmoor wäre auch die Wendeschleife an der Dibbesdorfer Straße überflüssig und das Biotop könnte dort erhalten bleiben.

Das Aus für die Trasse über die Querumer Straße

Zur Sitzung des Planungs- und Umweltausschusses am 24.11.20 kam dann überraschend das Aus für diese Trasse. In einer Mitteilung hieß es: „Eine wirtschaftliche und förderfähige Umsetzung der genannten Alternativen Streckenführung nach Querum über die Querumer Straße ist unter den aktuellen Rahmen- und Förderbedingungen daher für das Projekt Stadt.Bahn.Plus ausgeschlossen und wird nicht weiterverfolgt.“

Begründet wurde dies mit den Berechnungen des Nutzen-Kosten-Index (NKI), der für die Förderung durch Bund und Land maßgeblich ist. Es hieß, „dass die durchgeführten Abschätzungen des NKI für diese alternative Stadtbahnanbindung Querums keinen NKI >1 ergaben“.

In der Sitzung des Ausschusses gab es von allen Seiten Kritik an der nun einseitigen Festlegung der Verwaltung auf die Brückenlösung – mitten in dem doch eigentlich “offenen“ Prozess der Meinungsbildung. Keine der Ratsparteien setzte sich für diese Trasse ein, es wurde sogar bezweifelt, dass sich weitere Untersuchungen überhaupt noch lohnen würden.

Befremdlich bleibt vor allem, dass weder die Höhe des nun ermittelten NKI-Werts genannt noch über die zugrunde liegenden Eingangsdaten und Berechnungen informiert wurde. Diese „Abschätzungen“ bekamen nun eine so weitreichende Bedeutung, dass auf dieser Basis die Diskussion der Alternative abgewürgt werden soll. Was ist denn nun mit der versprochenen Transparenz und Offenheit?

In der Sitzung des Planungs- und Umweltausschusses am 10. März dieses Jahres stellte die CDU-Fraktion einen Antrag gegen die weitere Planung der Campusbahn mit einer Brückenlösung. Dieser Antrag wurde zunächst zurückgezogen. Man einigte sich aber darauf, Fraktionen und Öffentlichkeit in einer Sondersitzung des Ausschusses im Juni umfassend zu informieren. Auch die Möglichkeit, die Campusbahn im Bereich der Beethovenstraße enden zu lassen, wäre zu prüfen. Dezernent Leuer betonte mehrfach, dass man noch mitten im Prozess sei, dass noch nichts entschieden sei und dass es auch keine Vorzugsvariante gäbe.

Die Bewertung muss überarbeitet werden!

Wir haben schon erlebt, dass sich ein NKI auch ändern kann. So wurde die Stadtbahntrasse nach Volkmarode-Nord im Oktober 2012 noch mit einem NKI von nur 0,22 bewertet und galt damit als nicht förderfähig. Durch Umplanungen hat man inzwischen einen Wert von 1,3 erreicht.

Hinzu kommt, dass die Strecke der Campusbahn mit der Brücke nie für sich bewertet wurde. Es gibt nur einen NKI für das Paket zusammen mit der geplanten Trasse Salzdahlumer Straße/Heidberg. Um eine Vergleichbarkeit zu ermöglichen, müsste auch die alternative Trasse nach Querum zusammen mit der Trasse Salzdahlumer Straße/Heidberg bewertet werden.

Wir hoffen nun, dass die Sondersitzung des Planungs- und Umweltausschusses im Juni Klarheit bringt. Wir hoffen, dass der Natur- und Landschaftsschutz dann die notwendige Wertschätzung erfährt und nicht nur als Kostenfaktor für Ausgleichsmaßnahmen in die Bewertung einfließt. Wichtig ist außerdem, dass die gesamte CO2-Belastung berücksichtigt wird – auch für den Bau der Brücke.

„Vorschlag für die Streckenführung“ von Stadt.Bahn.Plus, Bürgerworkshop am 12.11.18

4 Kommentare

    • Die Bebauung des Holzmoor Nord ist wirklich ein Desaster für den Natur- und Klimaschutz. Dagegen habe ich u.a. zahlreiche Artikel für den Braunschweig-Spiegel verfasst.
      Leider gibt es keine Unterstützung der größeren Ratsfraktionen.
      Und noch etwas: Ich wohne nicht in der Nähe der geplanten Campusbahn. Das kann aber auch sonst kein Argument sein gegenüber Leuten, die sich ernsthaft für Natur- und Landschaftsschutz einsetzen!

  1. Grundsätzlich ist es möglich, Querum mit der Tram auch über die Querumer Str. zu erschließen, doch dies scheint derzeit nur die drittbeste Lösung zu sein:

    Zum einen müsste dann die Campusbahn ohne Anschluss Querums die Nordstadt und den Campus Nord der TU erschließen – auch machbar, aber förderfähig?

    Zum anderen gäbe es in Querum Kollisionen und Fahrgastkannibalismus zwischen der Tram und den bisher den Stadtteil erschließenden Buslinien, wie die 413 und 433 …

    Zu einem kleinen Ausgleich des bei der Brückenlösung – die derzeit auch aus Erschließungsgründen die bessere Variante zu sein scheint – entstehenden Eingriffs in das LSG ließe sich auch der Bahnübergang in der Verlängerung der Ottenroder Straße auflassen und rückbauen.

    Ich habe bei der Debatte leider den Eindruck, dass es den Kritikern vor allem um ihre Vorgärten geht und nicht um eine sinnvolle Stadtentwicklung.

  2. @ Stefan
    Leider scheinen Sie da vollkommen recht zu haben.
    Es ist traurig für ernsthaften Naturschutz und ernsthafte Bürgerbeteiligungen. Beides wurde hier erfolgreich unterlaufen – und leider war die Planungsabteilung der Stadt nicht in der Lage dem über eine gute Argumentation und Kommunikation Einhalt zu gebieten.

    Einen Stadtteil mit bald über 5.000 Einwohner über nur eine einzige Straße, die auch noch den Verkehr weiterer Stadtteile aufnimmt, anzubinden ist wenn ich das richtig sehe in Braunschweig einmalig. Die Verbindung & Entlastung, die mal als Straße in Ost-West Richtung kommen sollte ist längst und wohl zu Recht ad acta gelegt worden.

    Die emissionsfreie Straßenbahntrasse bringt keinen höheren Lärmpegel als ohnehin schon im Landschaftsschutzgebiet vorhanden ist. Regionalbahnzüge sind laut und müssen zudem vor den unbeschrankten Überwegen Ottenroder Straße und Wördenweg pfeifen. In Zukunft fahren auch noch doppelt so viele, was wohl doppelt so viele Emissionen ins Gebiet bringen wird. Die stören die Natur nun nicht – eine Brücke auf Pfeilern – völlig durchgängig für alle Tierarten, die soll nun aber nun der Killer sein. Es ist wie so oft – letztlich stören tut die Gegner die Ästhetik – nur ist das kein Naturschutz der Pflanzen & Tieren zugute kommt, sondern Schutz des ästhetischen Empfindens eines Teils der Anwohner. Dass dieses Projekt am Wiederstand der privilegierten Anwohner und Schützer der Ästhetik scheitert ist für die Stadtentwicklung eine Katastrophe.
    Bezeichnenderweise mussten sie noch nicht mal darlegen auf welche Art und Weise sie das Gebiet als gefährdet ansehen – es reichte ein ganz allgemeiner Verweis auf „Beeinträchtigungen“.

    Auch die Naturschützer, die sich mit den privilegierten Anwohnern & Gärtnern solidarisieren werden in Zukunft merken, dass sie ihrem eigentlich wichtigen Anliegen einen Bärendienst erwiesen haben werden. Ihre berechtigten Anliegen werden in Zukunft noch mehr als Blockierertum gelten als heute. Der Naturschutz – dem eigentlich eine sehr hohe Priorität beizumessen ist, wurde und wird missbraucht um Partikularanliegen durchzubringen. So gerät er in Misskredit und eine wirkliche Wende in Richtung mehr Klima & Umweltschutz wird wirksam verhindert.

    Eigentlich bringt diese Trasse Entlastung – bringt den dringend notwendigen Anschluss nach Westen über eine innovative Trassenführung – verbindet Querum mit der TU Braunschweig und Publikumsmagneten wie der Wasserwelt.

    Die Variante des kleinsten gemeinsamen Nenners – wir lassen die Straßenbahn auf der bestehenden Strecke über die Querumer Straße fahren, mit den beschriebenen Effekten für die bestehenden Buslinien und ohne eine Vorteilhafte Streckenführung in Querum könnte man ehrlicherweise auch gleich sein lassen. Sie bringt keinen echten Mehrwert – auch das hat die Verwaltung ja bereits vorab grob kalkulieren lassen. Auch wenn sich der NKI nun noch mit irgendwelchen Tricks über den erforderlichen Faktor 1 hieven lässt – innovativer, weitsichtiger Nahverkehr sieht anders aus.

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