Von Raphael Schmeller/ Berliner Zeitung
Der Streit um den Wehrdienst in der Regierungskoalition eskaliert. CDU und SPD schieben sich gegenseitig die Verantwortung für das Scheitern eines Kompromisses zu. Unionsfraktionsvize Norbert Röttgen wirft Verteidigungsminister Boris Pistorius vor, das Vorhaben zu „torpedieren“. Der SPD-Politiker kontert, er habe lediglich „Schwierigkeiten damit, dass zwei zentrale Punkte meines Gesetzentwurfs geändert werden, bevor dieser überhaupt offiziell in den Bundestag eingebracht worden ist“.
Hintergrund des Streits ist vor allem der Plan, junge Männer für eine Musterung auszulosen und notfalls per Los zu bestimmen, wer Wehrdienst leisten muss. Ein Vorschlag, der in der SPD auf massiven Widerstand stößt.
Schleichende Militarisierung
Ehrlich gesagt: Von außen betrachtet kann man das Ganze nur mit einer gewissen Schadenfreude verfolgen. Denn die Idee eines neuen Wehrdienstes war von Anfang an keine gute. Sie beruht auf einer gefährlichen und falschen Prämisse: Glaubt man der Bundesregierung, steht nämlich der Russe bald vor der Tür. Deshalb müsse Deutschland wieder „kriegstüchtig“ werden, erklärt Boris Pistorius. Das bedeutet neben massiver Aufrüstung eben auch die Rückkehr zur Wehrpflicht.
Die offizielle Begründung für den neuen Wehrdienst lautet also: Bedrohung aus Russland, Nato-Vorgaben, mehr Soldaten für den Ernstfall. Pistorius spricht von der „Attraktivität“ des Soldatenberufs, besserer Bezahlung und größerer Sicherheit für das Land. Doch in Wahrheit geht es um etwas anderes – um die schleichende Normalisierung militärischer Logik. Wer junge Menschen in Uniform steckt, denkt auch den Schützengraben mit. Weiter

























