Autolobby und Bundesregierung blasen zum Angriff auf geplante EU-Abgasnorm

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„Keine Vorfahrt für die Autolobby“ – Klimastreik im September 2020, Foto: Florian Boillot/Lobbycontrol

Die Lobby der Automobilindustrie hat die Kanzlerin weiterhin fest im Griff, daran hat auch der Dieselskandal nichts geändert. Angela Merkal hat nun angekündigt, dass die Bundesregierung gemeinsam mit dem Verband der Automobilindustrie (VDA) und anderen Akteuren mit einem eigenen Lobbykanal gegen die geplante EU-Abgasnorm Euro 7 vorgehen will.

Beschlossen wurde dieser neue „permanente Gesprächskanal“ in die EU-Kommission auf dem Autogipfel, dem Exklusivgremium von Bundesregierung und Autoindustrie. Da ist es natürlich nicht überraschend, dass mit keinem Wort erwähnt wird, worum es bei der Abgasnorm eigentlich geht: Um saubere Luft für die Menschen, gerade in den Städten. Dort gelten Stickoxide als eine der größte Gesundheitsgefahren, und die Hälfte von ihnen entsteht allein durch die Abgase im Stadtverkehr.

Jahrelang hat die Politik fest die Augen vor der Realität verschlossen, dass sich die Werte trotz immer strengerer Grenzwerte nicht verbesserten. Heute wissen wir, dass es daran lag, dass die Autoindustrie lieber in „Schummelsoftware“ statt in neueste Technologien investierte. Doch sogar nach dem massiven Vertrauensbruch im Abgasskandal machte die Bundesregierung noch ganz energisch Druck in Brüssel, damit die Autoindustrie die bestehenden Grenzwerte noch bis nächstes Jahr, 2021, um mehr als 100 Prozent überschreiten darf.

Und auch jetzt ist offenbar die einzige Sorge, dass die neuen Grenzwerte das faktische Aus für Diesel und Verbrenner bedeuten könnten, wie einige Lobbyisten schreien. Dazu gehören Hildegard Müller vom mächtigen VDA genauso wie der CDU-nahe Wirtschaftsrat. Sie tun so, als habe ein „weltfremdes“ Expertengremium den ersten Vorschlag für die neue EU-Abgasnorm vorgelegt. Dieses entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als eine Expertengruppe der EU-Kommission, die überwiegend aus Industrievertretern besteht, darunter Daimler, VW und BMW. Und sie scheinen deutlich mehr Weitblick an den Tag zu legen als die Bundeskanzlerin.

Sie wissen, dass auch moderne Dieselfahrzeuge die aktuellen Grenzwerte zum Teil längst deutlich unterschreiten. Sie wissen auch, dass zum Beispiel in China, einem der wichtigsten Absatzmärkte für die europäische (und vor allem die deutsche) Autoindustrie, bereits ab 2023 ähnlich strenge Grenzwerte gelten werden wie die nun von der Expertengruppe vorgelegten. Und sie wissen, dass die Zukunft emissionsarmen und sauberen Fahrzeugen gehört, und die europäische Autoindustrie sich jetzt dringend sputen muss, wenn sie den Anschluss nicht völlig verpassen will.

Lesen Sie hier mehr über den Widerstand der Bundesregierung gegen saubere Autos.

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