Pizza, Herz und 450 Grad – Ein italienischer Nachmittag in der Kastanienallee

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Alle Fotos: Dorothea „Dottie“ Lipinski / Helllove Photography

Von Dorothea „Dottie“ Lipinski / Helllove Photography


Als ich an diesem warmen Freitagnachmittag durch die Kastanienallee gehe, steigt mir schon von weitem dieser besondere Duft in die Nase – die Mischung aus frischem Basilikum, warmem Teig, Tomaten und dem unmissverständlichen Aroma eines echten italienischen Pizzaofens. Wenige Schritte weiter steht er: der neue Pizza-Foodtruck **450 Gradi (quattrocento cinquanta gradi – „kwattro-tschen-to tsching-kwanta gradi“) **– seit ein paar Wochen eine Art kulinarischer Magnet im Östlichen Ringgebiet.

Vor dem Truck begrüßt mich Rosanna, die Besitzerin, lachend und lebhaft, als wären wir alte Bekannte. Und noch bevor wir richtig anfangen zu sprechen, taucht ihre Familie auf: ihr Mann Salvatore und die gemeinsame Tochter Federica. Binnen Sekunden fühle ich mich weniger wie bei einer journalistischen Verabredung und mehr wie bei einem spontanen italienischen Nachmittagsbesuch.

Sizilianische Wurzeln – ein Herz bleibt, wo es geboren wurde

Natürlich will ich wissen, woher Rosanna und Salvatore stammen.
Die Antwort passt perfekt zu dieser warmen, offenen Atmosphäre:
Beide Familien kommen ursprünglich aus Sizilien.

Salvatore kam schon als Kleinkind nach Braunschweig, kaum zwei Jahre alt, und ist hier aufgewachsen. Rosanna kam später, aber auch sie lebt mittlerweile seit über zwanzig Jahren hier. Trotzdem schlägt in beiden ein Herz, das eindeutig auf Italien eingestellt ist.

Und das merkt man.
Im Lachen, im Erzählen, im Kochen – in allem.

Der Entschluss: Jetzt oder nie

Rosanna erzählt mir, dass sie viele Jahre im Eiscafé Tiziano gearbeitet hat. Als dieses schließlich verkauft wurde, stand sie vor einer Entscheidung. „Noch einmal für jemand anderen arbeiten?“ Nein. Jetzt war ihr Moment gekommen.

Der Traum vom eigenen Foodtruck wurde geboren.

Mit der Unterstützung ihres Mannes – der seinen eigenen Beruf hat, aber als liebevoller Rückenwind und helfende Hand immer wieder vorbeischaut – wagte sie den Schritt. Der Truck ist Rosannas Projekt, ihr eigenes kleines kulinarisches Universum, in dem sie ganz sie selbst sein kann.

Ein Team, das eigentlich eine Familie ist

Ursprünglich wollte Rosanna etwas Kleines, Überschaubares aufbauen. Doch manchmal hat das Universum andere Pläne.

Luis, ein Freund der Familie, musste sich beruflich neu orientieren – und fand bei Rosanna seinen Platz. Ein freundlicher, schneller Typ mit Wurzeln, die bis nach Argentinien reichen.

Dann kam Laura dazu, der strahlende Wirbelwind, der die Bestellung annimmt und inzwischen schon so viel Italienisch versteht, dass sie lachend verspricht, bald fließend sprechen zu können.

So wurde aus Rosannas Solo-Idee ein Team. Besser gesagt: eine große, italienisch-internationale Wahlfamilie.

Der 1-Euro-Pizzatag – und eine Schlange, die kein Ende nahm

Ich lernte Rosanna und Salvatore am 26. Oktober kennen. Da hatten sie ihre inzwischen legendäre Aktion gestartet:
Pizza Margherita oder Marinara für 1 Euro.

Die Schlange war riesig. Ich stand selbst mittendrin.

Eigentlich hat alles 3 Tage früher angefangen. Der Andrang war so gewaltig, dass Rosanna an den ersten Tagen früher schließen musste – schon am Nachmittag war alles ausverkauft. Und seitdem hat sich eine treue Stammkundschaft gebildet: Menschen, die sogar täglich vorbeikommen, nach der Arbeit, müde, hungrig, dankbar für etwas Warmes, Echtes.

Einer von ihnen sagt mir:
„Dieser Foodtruck ist ein Segen. Nach der Arbeit bin ich total erledigt, und hier bekomme ich nicht nur richtig gute Pizza, sondern treffe auch Freunde und fühle mich willkommen. Es ist einfach wie ein kleiner Urlaub nach einem langen Tag.“

Was echte Pizza Napoletana ausmacht

Rosanna wird ernst, als wir über Pizza reden. Man merkt sofort: Für sie sind Verfahren, Rezepte, Teig und Zutaten kein Zufall, sondern eine Sache des Herzens und der Genauigkeit.

Besonders wichtig ist ihr die Backtemperatur: 450 °C – genau in diesem Bereich entsteht die perfekte neapolitanische Pizza. Deshalb trägt ihr Foodtruck auch diesen Namen: 450 Gradi (quattrocento cinquanta gradi).

Ein weiteres kleines, aber entscheidendes Detail: die Tomatensauce wird a mano – mit der Hand – zubereitet. Rosanna erklärt mir, dass Tomaten sehr säurehaltig sind und beim Zerkleinern mit Maschinen der Geschmack verändert werden könnte. Durch die reine Handarbeit bleibt das Aroma frisch, rund und unverfälscht – genau wie in Neapel.
„So macht man es in Neapel“, sagt sie mit einem stolzen Lächeln.

Von Ketchup, Hollandaise und anderen Sünden

Natürlich frage ich – scherzend –, ob schon jemand nach Ketchup auf der Pizza gefragt hat.
Rosanna lacht: „Zum Glück nein!“

Doch dann dreht sich Laura zu uns um und ruft:
„Aber die Sache mit der Sauce Hollandaise war schon wild…“
Ich schaue sie überrascht an.
„Ja“, sagt sie, „ein Kunde wollte ernsthaft Pizza mit Sauce Hollandaise.“

Wir brechen alle in schallendes Gelächter aus – Rosanna, Salvatore, Federica, Luis und Laura.
Ich auch.
Italienische Pizza und Sauce Hollandaise ist ungefähr so passend wie Cappuccino nach 11 Uhr. Und das sind meine Worte.

Familie, Gäste, Lachen – und natürlich Pizza

Die Zeit vergeht, ohne dass wir es merken. Rosanna entscheidet: Es ist Zeit zu essen.

Ich nehme eine Pizza Burratina. Luis wirbelt am Teig, Laura verfeinert mit frischem Basilikum und Olivenöl, und in wenigen Minuten liegt ein kleines Kunstwerk vor mir.

Wir essen gemeinsam, reden, lachen weiter. Gäste kommen hinzu, bestellen, essen an den kleinen Tischen oder nehmen ihre Pizza mit nach Hause. Rosanna fragt jede Person persönlich, ob alles gut ist. Und jedes Mal sieht man strahlende Gesichter.

Zu Hause hat die Familie übrigens ihren eigenen Pizzaofen gebaut – ein echtes Stück Italien in Braunschweig. Federica erzählt mir, dass ihre Freundinnen daher sehr gern „zufällig“ vorbeischauen.

Catering, Foodtruck-Buchungen und das beste Tiramisu meines Lebens

Rosanna ist kreativ – und flexibel.
Man kann:

  • den Foodtruck für private Feiern buchen
  • den mobilen Pizzaofen für Events mieten
  • individuelle Menüs vereinbaren
  • oder ganz normal über Lieferdienste bestellen

Und jetzt das Dessert:
Tiramisu. Klassisch oder mit Pistazien?

Das Pistazientiramisu, das Salvatore mir heute gibt, ist… Ich sage das selten: das beste Dessert, das ich je gegessen habe.

Ein Ort mit Herz

Während es dunkler wird, füllt sich der Platz.
Der Foodtruck lebt – nicht nur durch das Essen, sondern durch die Atmosphäre, die Herzlichkeit, die Geschichten, die kleinen Gesten zwischen Rosanna, Luis, Laura und Salvatore.

Es ist spät.
Der Platz voller Menschen.
Ich verabschiede mich.

Und während ich nach Hause gehe, denke ich nur eins:

Gut, dass der Prinzenpark direkt bei mir ist – ich werde ihn jetzt noch mehr brauchen.
Denn dieser Foodtruck ist gefährlich.
Gefährlich lecker.

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