Israel plant Konzentrationslager im Gazastreifen – sagt der ehemalige israelische Premierminister Ehud Olmert

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Gaza Foto:Pixabay

Der israelische Verteidigungsminister Katz hat sein Militär angewiesen, konkrete Pläne für den Bau eines Lagers auszuarbeiten. Es soll im Süden des Gazastreifens errichtet werden und 600.000 Palästinenser „unterbringen“. Diese sollen vor der Aufnahme überprüft werden, sie werden das Lager nicht verlassen dürfen – es sei denn, sie wollen in ein anderes Land ausreisen. Ein beschönigender Begriff ist auch schon gefunden: es werde eine „humanitäre Stadt“ sein.

Ehud Olmert war von 2006 bis 2009 israelischer Ministerpräsident. Er bezeichnet das geplante Vorhaben in einem Interview mit dem britischen Guardian als Konzentrationslager, die geplante Internierung der Palästinenser sei eine Form der ethnischen Säuberung. Schon bisher begehe Israel Kriegsverbrechen im Gazastreifen wie im Westjordanland, sagt er. Und dann wörtlich: „Der Bau des Lagers würde eine Eskalation bedeuten. Es tut mir leid, es ist ein Konzentrationslager.“ Und er wird noch deutlicher: „Wenn sie ein Lager bauen, wodurch sie die Hälfte des Gazastreifens ´säubern´ wollen, muss man das zwingend als Strategie verstehen, die nicht die Rettung (der Palästinenser) verfolgt. Es geht darum, sie zu deportieren, sie zu vertreiben und wegzuwerfen. Anders kann zumindest ich das nicht verstehen.“

„Konzentrationslager“ – ein Begriff, den man nicht leichtfertig verwendet

Wenn ein hoher israelischer Politiker den Begriff des Konzentrationslagers verwendet, der für das jüdische Volk mit unendlichem Leid, massenhafter Deportation und schließlich industriemäßig organisiertem Massenmord verbunden war, dann lässt das aufhorchen. Denn gerade er wird diesen Begriff aufgrund der leidvollen Erfahrungen Millionen jüdischer Menschen nicht leichtfertig benutzen. Er will die eigene Regierung vom Weg in eine unheilvolle Richtung abhalten, indem er sie wie das israelische Volk nachdrücklich warnt

Olmert gab das Interview der britischen Zeitschrift Guardian. Er wendet sich also auch an uns Europäer. Die israelische Regierung scheint auf ihren verhängnisvollen Kurs festgelegt, das israelische Volk scheint zumindest in Teilen nicht dagegen zu sein. So kann die Regierung wohl nur durch Druck von außen zum Einlenken gebracht werden. Einen solchen Druck könnte durchaus die EU allein bewirken – wenn sie es denn wirklich will. Im Mai war von den Außenministern beschlossen worden, das Assoziierungsabkommen der EU mit Israel zu überprüfen. Der Europäische Auswärtige Dienst (EAD) kam zu einem klaren Ergebnis: „Der EAD sah Anzeichen für schwerste Verstöße gegen das Völkerrecht, einschließlich der Konvention gegen Völkermord.“ (FAZ, 16.7.25) Das wäre die Grundlage für einschneidende Maßnahmen gegenüber Israel, denn im Assoziierungsabkommen verpflichten sich beide Partner, das Völkerrecht zu achten. Da Israel die meisten seiner Waren in die EU exportiert, würde ein Aussetzen der Handelsvorteile, die die EU Israel gewährt, Israel empfindlich treffen. Genau das will die israelische Regierung verhindern. Also sagte sie der EU am vorigen Donnerstag zu, weit mehr Hilfe in das zerstörte palästinensische Gebiet zu lassen als in letzter Zeit.

EU: Beschluss verschoben – auf Ende August

Der holländische Außenminister gab an, dass am Montag 180 Lastwagen mit Hilfsgütern in das Gebiet gekommen seien, am Sonntag 160 – davor seien es nur etwa zwei Lastwagen gewesen. Die Außenbeauftragte Kallas teilte mit, Israel habe die Wiederherstellung von Stromleitungen, die Versorgung mit Wasser wie die Öffnung dreier weiterer Grenzübergänge nach Gaza versprochen. Offenbar wollte Israel einem Sanktionsbeschluss der EU-Außenminister zuvorkommen. Und obwohl diese einen Katalog mit zehn möglichen Sanktionsmaßnahmen vorgelegt bekamen, wurde keine einzige beschlossen. Statt dessen soll der EAD alle zwei Wochen berichten, ob und wie Israel die zugesagten Maßnahmen umsetzt; die Außenminister wollen dann in sechs Wochen wieder darüber beraten. Der spanische Außenminister fragte fassungslos, wie die EU nach allem, was geschehen ist, jetzt noch auf guten Willen setzen könne. Auch andere europäische Staaten sehen das Vorgehen kritisch, allerdings stehen Deutschland, Italien und einige weitere Staaten auf der Verhindererseite. Dabei zeigen doch die schnell erreichten (aber unzureichenden und jederzeit rücknehmbaren) Zugeständnisse, dass die EU über Mittel verfügt, um die israelische Regierung an ihrer schädlichen Politik zu hindern – wenn sie es denn will!

1 Kommentar

  1. Israel hält sich nicht an Vereinbarungen mit der EU, dennoch Reaktion der EU fraglich

    Inzwischen lässt sich genauer beurteilen, ob Israel die mit der EU vereinbarten Zusagen auch wirklich einhält. Am Mittwoch (23.7.) berichtete der EAD (siehe Artikel) den EU-Botschaftern erstmals über die Umsetzung der Vereinbarungen: während vereinbart wurde, täglich 160 Lastwagen nach Gaza hineinzulassen, waren es im Zeitraum vom 17. bis zum 21. Juli im Durchschnitt nur etwa 30 pro Tag (dabei war schon die vereinbarte Zahl deutlich zu niedrig). Weitere Angaben verdeutlichen den negativen Trend. Unter den anwesenden Botschaftern kam Unruhe auf – auch seitens des französischen und des niederländischen Botschafters, die vorher für Abwarten plädiert hatten. Auf die Frage, ob denn nun die EU-Kommission Schritte gegen Israel vorbereite, gab es keine klare Antwort. Übereinstimmende Meinung der Anwesenden war, dass man nicht bis Ende August mit einer Reaktion warten könne, die es die Außenminister der EU-Staaten beschlossen hatten. (Quelle: FAZ, 26.7.2025)

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