Der Oberbürgermeister und der Bundestrend

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Oberbürgermeister Dr. Gert Hoffmann sieht in dem Ergebnis der gestrigen Wahl keine Abstrafung seiner Politik, sondern gibt vor allem dem Bundestrend die Schuld. Die Frage ist, ob es sich der OB hier nicht etwas zu einfach macht.

Wie der OB die bittere Niederlage der CDU/FDP-Koalition deutet, ist in der gestrigen Presseerklärung der Stadt nachzulesen: „Das schwache Abschneiden der CDU führte er zum einen ­wie fast alle Wahlanalysten ­ darauf zurück, dass die Ratswahl diesmal nicht mit einer OB-Wahl verbunden und er damit gewissermaßen selbst als ‚Zugpferd’ für die Union ausgefallen sei. Noch entscheidender aber bewertet der OB den negativen Bundestrend für die CDU und die ‚Vorgabe’ vom letzten Wochenende aus Mecklenburg-Vorpommern.“

Die Aussage, dass der OB Hoffmann als Zugpferd für die CDU ausgefallen wäre, muss nicht weiter kommentiert werden. Die zentral auf den OB zugeschnittene Kampagne der CDU wird schließlich jedem Braunschweiger noch vor Augen stehen:
‚Für die Erfolgspolitik von Dr. Gert Hoffmann! Am 11. September: Alle Stimmen für die CDU! So stand es 100 000-fach auf Postkarten, auf Plakaten und in Anzeigen.
Der OB fungierte also als das Zugpferd der CDU.

Nicht zu bestreiten ist allerdings der negative Bundestrend für die CDU. Zu fragen ist allerdings, wieweit ein solcher bundesweiter Trend, der sich in einer herben Niederlage der Braunschweiger CDU niederschlägt, automatisch signalisiert, dass der Wähler damit ungerechtfertigterweise den Hund prügelt, obwohl er dessen Herrn meint.

Kommunal- und Bundespolitik haben schließlich durchaus auch inhaltliche Berührungspunkte:

– Die neoliberale Politik, die von CDU und FDP auf Bundesebene verfolgt wird und vom Bürger zunehmend als katastrophal erlebt wird, hat ihr genaues Pendant in den Privatisierungsorgien des OB und seiner stets bereitwilligen Unterstützer im Stadtrat.
– Ihr ganz eigenes Stuttgart21 hatte die Braunschweiger CDU/ FDP unter Führung Hoffmanns längt vor dem Herbst letzten Jahres inszeniert: Viele Braunschweiger haben die Schlossparkvernichtung nicht vergessen; die Landebahnverlängerung in Waggum signalisiert die Fortsetzung dieser Art von größenwahnsinnigen Projekten, die nach Verlusten nicht fragt.
– Das Versagen der CDU/ FDP in der Atompolitik (Laufzeitverlängerung!) findet ihr lokalpolitisches Pendant in der bestenfalls indifferent zu nennende Haltung der Braunschweiger CDU/ FDP zum Atomklo Asse.

So gesehen macht es sich der OB schon sehr einfach, wenn er erklärt, dass die Wahlniederlage nichts mit der eigenen Politik zu tun hätte, sondern einfach der Bundestrend Schuld sei an der bitteren Wahlniederlage. Aber diese Interpretation erlaubt ihm natürlich, seine bisherige Politik mit gewohnter Rücksichtslosigkeit weiterzuverfolgen und dabei noch behaupten zu können, dass der Wähler es ja schließlich so wolle.

Eines allerdings sollte dem OB zu denken geben. Die Braunschweiger CDU, die ihren Wahlkampf ganz auf den OB zugeschnitten hatte, hat deutlich mehr Stimmen verloren als im Landesdurchschnitt (Braunschweig -6,3 % Verlust auf nun 38,2 %, Landesdurchschnitt – 4,3 % Verlust auf nun 37%).
Es scheint also die These nicht abwegig, dass in Braunschweig zu dem bundesweiten Trend gegen die neoliberale CDU/ FDP- Politik noch einmal ein spezieller Braunschweiger Malus hinzugekommen ist: ein hausgemachter Faktor X vor Ort, der die Braunschweiger noch über das Maß hinaus vergräzt hat, als es wegen des Bundestrendes allein zu erwarten gewesen wäre.
Es wäre vielleicht eine lohnende Aufgabe für das dem OB direkt zugeordnete Referat 100, diesen Faktor ausfindig zu machen.

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