Offener Brief von 11 Abgeordneten des EU-Parlaments an Außenminister Wadephul: „Helfen Sie den Kriegsverwundeten in GAZA!“

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Foto: Pixabay

Vorbemerkung der Redaktion: Elf Abgeordnete, darunter die fünf für das BSW gewählten, haben einen Brief an unseren Außenminister geschickt. Sie bitten ihn eindringlich, sich beim Staat Israel nachdrücklich dafür einzusetzen, dass medizinische Hilfsgüter in den Gazastreifen ausgeliefert werden, die bereits finanziert und angeliefert sind, aber an der Grenze zum Gazastreifen von israelischen Stellen blockiert werden. Ein ähnlich lautendes Schreiben haben sie an die Außenbeauftragte der EU, Frau Kallas, geschickt. a. m.

An das Bundesministerium des Auswärtigen Herrn Bundesminister des Auswärtigen Dr. Johann Wadephul Werderscher Markt 1, 10117 Berlin

Brüssel, den 27. November 2025

Sehr geehrter Herr Außenminister Wadephul,

als Mitglieder des Europäischen Parlaments möchten wir Ihre Aufmerksamkeit auf eine seit geraumer Zeit andauernde Blockade medizinischer Hilfslieferungen lenken, die vornehmlich von der Europäischen Union über ECHO finanziert und derzeit von Israel zurückgehalten werden. Wir bitten Sie eindringlich, den erheblichen Einfluss Deutschlands gegenüber der israelischen Regierung geltend zu machen, um diese Blockade schnellstmöglich aufzuheben.

Bei den Hilfsgütern handelt es sich vorrangig um chirurgische Instrumente und Medikamente, die für die operative Versorgung tausender Kriegsverletzter im Gazastreifen bestimmt sind. Die wenigen noch funktionierenden Krankenhäuser verfügen lediglich über schwer beschädigte und unzureichend ausgestattete Operationsräume. Für eine medizinisch vertretbare Versorgung sind ein Mindestmaß an sterilen Operationsbedingungen, chirurgische Implantate, Trauma-Kits, intraoperative Röntgentechnik (C-Arms) sowie Antibiotika der zweiten und dritten Generation unerlässlich. Diese Ausstattung ist derzeit nicht verfügbar.

Nach Angaben von Traumatologen sowie ärztlich geführten NGOs, die vor Ort tätig sind, warten zwischen 20.000 und 30.000 Verwundete auf chirurgische Eingriffe. Es handelt sich überwiegend um Menschen mit Verletzungen an Armen und Beinen, die komplexe Rekonstruktionen der Gliedmaßen benötigen. Die Versorgung dieser Patienten erfordert den Einsatz von Unfallchirurgen (traumatologisch versierte Orthopäden) und plastischen Chirurgen, die auch die mit Knochenbrüchen einhergehenden Weichteilverletzungen behandeln können. Nach Angaben von ECHO sowie unseren eigenen Kontakten, gibt es dafür geeignete lokale und internationale Unfallchirurgen im Gazastreifen.

Durch die von ECHO bereitgestellten medizinischen Güter könnten diese Operationsräume so verbessert werden, dass dort zumindest eine Behandlung unter minimalen, aber lebensrettenden Bedingungen möglich wäre. Sollte sich hingegen die Lieferung weiter verzögern, droht tausenden Patienten die Amputation ihrer Gliedmaßen als letzte Rettung vor dem Tod durch sekundäre und tertiäre Komplikationen. Diese würden sich zu den bereits rund 20.000 Menschen mit amputierten Gliedmaßen gesellen, die auf die Versorgung mit Prothesen warten.

Dabei sollte der tragische Umstand nicht vergessen werden, dass bereits tausende, möglicherweise zehntausende Menschen mit Verletzungen an Kopf und Gehirn, Wirbelsäule, Abdomen und Thorax nicht rechtzeitig behandelt werden konnten und ihren Verletzungen erlagen.

Die Genehmigung zur Einreise medizinischen Personals und zur Einfuhr medizinischer Güter unterliegt der israelischen Behörde Coordination of Government Activities in the Territories (COGAT). Diese verweigert die Einfuhr der von der EU/ECHO bereitgestellten Hilfsgüter mit dem Hinweis auf möglichen „dual use“ – also eine potenzielle militärische Zweckentfremdung. Es sollte jedoch möglich sein, derartige Befürchtungen der israelischen Behörden zu entkräften. Derzeit sind mehrere Container mit diesen Gütern auf der israelischen Seite des Grenzübergangs bei Rafah blockiert. Einer kürzlich entsandten ECHO-Mission wurde sogar der Zugang zur Inspektion dieser Container verweigert.

Deutschland führt bislang kaum medizinische Evakuierungen aus Gaza durch, mit Verweis auf die Auslastung durch ukrainische Kriegsverletzte. Die Lieferung der medizinischen Hilfsgüter nach Gaza würde jedoch die Möglichkeit schaffen, den Verwundeten vor Ort zu helfen – und damit den Druck auf Evakuierungsmaßnahmen deutlich zu reduzieren, wenn nicht gar überflüssig zu machen. Dies könnte auch jene politischen Stimmen beruhigen, die befürchten, dass Evakuierungen eine Flüchtlingsbewegung aus Gaza auslösen könnten.

Wir bitten Sie daher eindringlich, sich mit Nachdruck für die sofortige Freigabe der medizinischen Hilfslieferungen einzusetzen.

Hochachtungsvoll,

Prof. Dr. Jan-Peter WARNKE MdEP

Michael VON DER SCHULENBURG MdEP

Fabio DE MASI MdEP

Thomas GEISEL MdEP

Ruth FIRMENICH MdEP

Fidias PANAYIOTOU MdEP

Dr. Friedrich PÜRNER MdEP

Kateřina KONEČNÁ MdEP

Branislav ONDRUŠ MdEP

Katarína ROTH NEVEDALOVA MdEP

Maria ZACHARIA MdEP

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