CDU-Wirtschaftsrat: künftig soll jeder seine Zahnarztkosten selber tragen – und mehr…

0

Der CDU-Wirtschaftsrat gibt die Stoßrichtung des sogenannten „Herbstes der Reformen“ vor, den Kanzler Merz angekündigt hat. Aber anders als Merz, der vorgibt, er wolle den Sozialstaat bewahren, nennt der CDU-Wirtschaftsrat die angestrebten Maßnahmen in aller Klarheit: Generell sollen die Zahnarztleistungen von allen selbst bezahlt werden, das spare mehr als 18 Milliarden Euro ein. Kieferorthopädische Behandlungen sollen ebenfalls nicht mehr von den Kassen beglichen werden, auch nicht für Kinder und Jugendliche. Bei den Arztbesuchen sollen die Zuzahlungen ausgeweitet werden. Die Unfallversicherung, die allein vom Arbeitgeber bezahlt wird, soll künftig nicht mehr für Wege der Arbeitnehmer zur Arbeit und zurück aufkommen, das Arbeitslosengeld soll auf maximal 12 Monate begrenzt seine (bisher gibt es das in bestimmten Fällen bis zu 24 Monate). Das Renteneintrittsalter soll weiter erhöht werden. Sowohl für die Alterssicherung als auch für die Pflegeversicherung sollen die Versicherten verstärkt private Zusatzversicherungen abschließen (alles aus FAZ, 29.9.25)

CDU-Fraktionschef Spahn: „auch an die Mieten und Heizzuschüsse müssen wir ran“

Man braucht nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, was das für eine(n) selber und die eigene Familie bedeuten würde: Zahnarztkosten gehen zum Beispiel schon mal in die Tausenderdimension, wenn es um Zahnersatz geht. Die Zuzahlung bei jedem Arztbesuch würde vor allem die Versicherten abschrecken, die schmale Einkommen haben. Und was, wenn dadurch eine Krankheit verschleppt wird und auf Dauer zu höheren Krankheitskosten führt? Der 58-Jährige, der bisher bis zu 24 Monaten Arbeitslosengeld bekommen hat und zum Beispiel von vielen Unternehmen wegen seines Alters abgelehnt wird, wird bereits nach einem Jahr abgestuft und bekommt nur noch Bürgergeld. Aber halt, das soll ja zur „Grundsicherung“ umgebaut werden, und die soll nach dem Willen des Wirtschaftsrates „zurechtgestutzt“ (wörtlich!) werden.

Der CDU-Wirtschaftsrat gehört zwar nicht zur Parteistruktur, steht aber der CDU nahe. Und während der Kanzler recht allgemein von notwendigen „schmerzhaften Einschnitten“ spricht, wird der Wirtschaftsrat sehr konkret. Dass dieser Apfel sich nicht weit vom Stamm befindet, zeigt die Aussage von CDU-Fraktionschef Spahn, der zum Wochenende verkündete, die Zahl der Bezieher der angestrebten neuen „Grundsicherung“ müsse „deutlich niedriger ausfallen“ und auch „an die Mieten und Heizzuschüsse müssen wir ran“ (Zeit Online, 27.9.25).

Schrankenlose Aufrüstung und Sozialstaat: beides zusammen gibt es nicht

Immer deutlicher kristallisiert sich heraus, dass die Belange der großen Mehrheit der Gesellschaft keine große Rolle mehr spielen sollen: der Sozialstaat, wie wir ihn kennen, soll immer mehr geschrumpft werden; nach Ansicht des CDU-Wirtschaftsrates stellt er „eine tickende Zeitbombe“ dar (FAZ, s.o.). Nun stellt sich die Frage, wie sich die SPD in der Regierung verhalten wird. Hier sind unterschiedliche Töne zu vernehmen: Herr Müntefering etwa ist für die weitere Verlängerung der Lebensarbeitszeit, Herr Pantazis weist empört das Ansinnen zurück, die Pflegestufe eins zu streichen. Herr Klingbeil kann mal so und mal so verstanden werden. Das Problem liegt eben tiefer: wenn man an der Politik der hemmungslosen Aufrüstung und der unbeschränkten Verschuldung festhält, ist der Sozialstaat nicht mehr zu retten – ob man das gut findet oder nicht. Wer also den Sozialstaat erhalten will, muss sich mit der Politik der Aufrüstung und der Verschuldung auseinandersetzen. Der Braunschweig-Spiegel trägt hierzu immer neues Material zusammen, auf Veranstaltungen wie der mit Ex-General Kujat oder dem Spitzendiplomaten Hoffmann wie in zahllosen Artikeln, die zeigen, dass die Angstmacherei, in drei oder vier Jahren würde uns Russland angreifen, unbegründet ist; die Propaganda der „Kriegsertüchtigung“ führt uns nicht zu mehr Sicherheit, sondern in eine immer gefährlichere Lage. Wer aber dieser Propaganda erliegt, wird nicht ungebremst für den Erhalt des Sozialstaates eintreten können. Das gilt nicht zuletzt für die Gewerkschaften, die ja bei der Verteidigung des Sozialstaates an vorderster Front stehen müssen.

Möchten Sie den Artikel kommentieren

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.